Roche: Die Diagnostik-Sparte wird zum grossen Hoffnungsträger


Roche schwimmt im Geld. Das ist die gute Nachricht der heutigen Pressekonferenz des Basler Pharmakonzerns. Gemäss Konzernchef Franz Humer sind Akquisitionen derzeit aber «nicht vorgesehen».

Von Oliver Klaffke


(Foto: Keystone)
Die Kriegskasse ist prall gefüllt: Über knapp 23,5 Milliarden Franken flüssige Mittel verfügt Roche derzeit. In Kürze wird sich der Betrag infolge der Emission einer Wandelanleihe auf 25 Milliarden Franken erhöhen. «Dieses Geld brauchen wir, um schnell reagieren zu können, wenn sich die Gelegenheit bietet», sagte Roche CEO Franz Humer anlässlich der Präsentation der Halbjahreszahlen in Basel. Er machte allerdings klar, dass Roche aus eigener Kraft die gesetzten Umsatz- und Gewinnziele erreichen könne. Akquisitionen seinen zwar generell denkbar und man habe sie in der Vergangenheit auch getätigt. Doch für die nächste Zeit sei es nicht vorgesehen grössere Akquisitionen zu tätigen.

Interesse an Bayer?
Auf die Frage, ob Roche an der Pharma-Sparte der deutschen Bayer AG interessiert sei, blieb Humer eine eindeutige Anwort schuldig. Es sei sicherlich sehr schwierig für ein Unternehmen einen solchen Produkterückzug zu machen, sagte er. Statt einer klaren Aussage machte Humer lieber einen Schwenk zu generellen Überlegungen zum Thema Grösse: Er glaube, dass es für eine Unternehmung ab einer gewissen Grösse nicht mehr darauf ankomme, noch weiter zu wachsen, um erfolgreich zu sein. Entscheidender sei es, die Innovationskraft die stärken, denn die sei für den Zukunftserfolg entscheidend. Ein klares Ja oder Nein zum Thema, ob Roche am Bayer-Pharmageschäft interessiert sei, war von ihm nicht zu hören.Er wolle keine Gerüchte streuen. Was er mit den 25 Milliarden Franken in der Kriegskasse vorhat, verriet er allerdings auch nicht.

Kooperation mit Kleinen
Die Strategie der Roche ist die Konzentration auf sieben Indikationsbereiche. Zudem habe man in der Vergangenheit immer wieder auf die Kooperation mit kleinen, innovativen Unternehmen gesetzt. «Wir haben Actelion als Spin-off gegründet, um die Innovationskraft zu erhalten und Rechte an den Produkten zu erhalten. Bei Genentech haben wir immer versucht, die Magie der Firma zu wahren», sagte Humer.

Und Novartis?
Ebenso kryptisch blieb Humer zum Thema Novartis. Seit Mai ist die Basler Lokalkonkurrenz Grossaktionär bei der Roche. Novartis-CEO Daniel Vasella hatte seinerzeit laut über punktuelle Kooperationen nachgedacht. Humer liess isch auch hier nicht auf die Äste hinaus: «Wie führen immer wieder mit unseren Konkurrenten Gespräche über Möglichkeiten etwa des Co-Marketings», sagte er, ohne auf Novartis im speziellen einzugehen.

Diagnostik als Hoffnungsträger
Ein Lichtblick im sonst eher unterdurchschnittlichen Geschäft der Roche im ersten Halbjahr 2001 war die Division Diagnostics. Sie rechnet über das ganze Jahr mit einem zweistelligen Wachstum. Das Ergebnis liegt weit über dem Branchendurchschnitt. «Die Roche-Diagnostik-Wachstumsstory geht unvermindert weiter», sagte der Chef der Sparte Heino von Prondzynski. Der Umsatz stieg im ersten Halbjahr um 15 Prozent. Die schärfsten Konkurrenten Abbott und Johnson & Johnson legten nur ein Wachstum von etwa drei Prozent und knapp sieben Prozent vor. Der Vorsprung, den die Roche mit einem Marktanteil von über 15 Prozent hat, wird sich nach von Prondzynskis Ansicht noch weiter vergrössern.

Zweistelliges Wachstum der SparteWeit über dem Branchendurschnitt liegen auch die Gewinne: Der EBITD stieg um 12 Prozent von 831 auf 930 Millionen Franken. Für das Gesamtjahr rechnet man mit einem zweikstelligen Wachstum bei Umsätzen und Gewinnen. Der Zeitplan zur Einführung neuer Produkte wurde zu 100 Prozent eingehalten. Strategische Allianzen mit Biotech-Unternehmen wie Chiron, Digene, Innogenetics oder deCODE sollen die Marktführerschaft der Roche im Bereich der Virologie stärken. Dort hat das Unternehmen, das das Feld Anfang der 90er Jahre quasi «erfunden» hat, eine Marktbeherrschung von etwa 64 Prozent. Die Produktepipeline ist hier bis zum Jahr 2005 prall gefüllt. Mittelfristig strebt die Division eine Betriebsgewinnmarge von leicht über 20% an.

Neustrukturierung zeigt ErfolgAnfang April ist die Diagnose-Division neu strukturiert worden. Die Verantwortlichen wollen, dass die Wertschöpfung verbessert wird. Bislang hat man sich vor allem auf die Herstellung von Produkten beschränkt, aber weniger auf andere Möglichkeiten, aus dem Know-how des Unternehmens in Sachen Diagnostik und Genetik Profit zu schlagen. Künftig soll es mehr Services und Lizenzvergaben im Bereich der Diagnostika geben. Vor allem die Lizenzen könnten ein lohnendes Feld sein. Schon heute verdient die Roche mit Lizenzen für das DNA-Nachweisverfahren RCR mehrere hundert Millionen Franken pro Jahr. Der Ausbau von umfassenden Informationsdienstleistungen soll zusätzlich Gewinn generieren: «Heute erhält man mit einem Bluttest einen bestimmten Wert. Wir wollen Dienste anbieten, die ihn in einen bestimmten Kontext stellen», sagte von Prondzynski.

Zuckertest für den PDA
Auch auf der Produktebene erwartet Roche Wachstumsimpulse. Das innovativste Produkt, das noch in diesem Jahr auf den Markt kommen soll ist ein Blutzuckertest für Diabetiker, der mit einem Palmtop funktioniert. Für Geschäftsleute, die Zucker haben, eine einfache Möglichkeit, ihren Zustand zu überwachen. Eine Weltneuheit wird auch ein Diabetes II Testgerät sein. Es misst bestimmte Verbindungen in der Augenlinse, die nur bei Diabetikern auftreten. Auf einen jährlichen Umsatz von mehr als CHF 300 Millionen schätzt das Unternehmen das Potenzial für einen Schnelltest für Herzinsuffizienz, den Risikofaktor des Herzinfarkts. Es soll im letzten Quartal des Jahres auf den Markt kommen.

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