Roche macht feindliche Offerte für Genentech

Neu bietet Roche mit 86,50 USD je Genentech-Aktie und somit weniger als die zuvor offerierten 89 USD. Das Roche-Management ist bezüglich Erfolg des Angebotes zuversichtlich und bezeichnet den neuen Preis als «fair». Finanzanalysten zeigen sich aber eher skeptisch. Am Donnerstag hatten die Genentech-Titel an der New Yorker Börse mit 84,09 USD geschlossen. Das neue Angebot werde voraussichtlich direkt öffentlich an alle Genentech-Aktionäre innerhalb der kommenden zwei Wochen unterbreitet werden, teilte Roche am Freitag mit. Über einen möglichen Abschlusstermin konnte der Konzern noch keine Angaben machen.


Ausstehende Aktien mit 42,1 Milliarden Dollar bewertet
Zu dem neuen Übernahmepreis werde der Kauf der sich noch nicht im Roche-Besitz befindlichen Genentech-Titel 42,1 Mrd USD kosten, gegenüber von zuvor 43,7 Mrd USD. Die Transaktion soll weiterhin mit eigenen Mitteln, Geldmarktanleihen, Obligationen und Bankkrediten finanziert werden. «Wir sind zuversichtlich, die Finanzierung aufzubringen, wenn sie gebraucht wird», sagte ein Sprecher gegenüber AWP. Fremdkapital soll dabei in einem ersten Schritt am Bondmarkt aufgenommen werden.


Enttäuschung beim Roche-Management
«Wir sind enttäuscht, dass die Gespräche zwischen Roche und dem unabhängigen Verwaltungsrats-Ausschuss von Genentech während der letzten sechs Monate nicht zu einer Vereinbarung geführt haben», wird Roche-VR-P Franz B. Humer in der Mitteilung zitiert. Das mit «voller Unterstützung» durch Roche aus den unabhängigen Genentech-VR-Mitgliedern gebildete Gremium hat einen Monat nach Unterbreitung des freundlichen Übernahmeangebotes Mitte August die Offerte abgelehnt. Deshalb wendet sich Roche nun direkt an alle Genentech-Aktionäre. «Unser Hauptziel ist es, den Prozess zu beschleunigen», sagte Humer an einer Telefonkonferenz. «Die Offerte bietet allen Aktionären die Möglichkeit, im derzeitigen schwierigen wirtschaftlichen Umfeld einen fairen Preis in bar für alle ihre Aktien zu erhalten», so der VR-P weiter.


Zwei Bedingungen
Bedingung für das öffentliche Kaufangebot ist allerdings, dass Roche über genügend finanzielle Mittel verfügt, um die ausstehenden Aktien zu kaufen. Zudem muss Roche eine Mehrheit der restlichen Genentech-Aktien angedient werden, wie es weiter heisst. Sobald Roche 90% oder mehr an Genentech besitzt, will das Unternehmen mit Genentech fusionieren. Derzeit hält Roche, nach eigenen Angaben, 55,8% an Genentech.


Festhalten an Umstrukturierungsplänen
Der Roche-Konzern hält auch mit dem nun feindlichen Übernahmeangebot an den Umstrukturierungsplänen für die betroffenen Roche- und Genentech-Aktivitäten in den USA fest. Dabei gibt sich das Roche-Management überzeugt, dass ein Zusammengehen beider Organisationen sehr grossen Wert für Genentech und Roche schaffe und die Genentech-Kultur beibehalten werden könne. «Das öffentliche Kaufangebot verändert unseren ursprünglichen Plan nicht, wie wir die beiden Unternehmen zusammenführen und weiterentwickeln», wird Roche-CEO Severin Schwan in der Mitteilung zitiert. Dabei soll «die spezielle Innovations-Kultur» der US-Tochter erhalten werden.


Genussschein tendiert leicht fester
Die Roche-Genussscheine zeigen sich leicht fester. Bis um 13.00 Uhr legen die Titel um 0,7% auf 161,40 CHF zu (Tageshoch: 165,70 CHF). Der SMI verliert um 0,6%. Die Avancen werden von Marktbeobachtern aber nicht nur auf das neue Übernahmeangebot, sondern auch auf die Aufnahme in die «Most Preferred List» der europäischen Pharmaunternehmen durch die UBS zurückgeführt.


Experten staunen  
Analystenkreise zeigen sich in ersten Kommentaren zumeist erstaunt über die feindliche Übernahmeofferte und räumen ihr meist wenig Erfolgschancen ein. Deshalb kommentiert die ZKB: «So gehen wir nicht von dem Zustandekommen einer Übernahme aus (…).» Helvea sieht hingegen die langfristigen Vorteile einer Fusion und schreibt: «Zudem dürfte das neue Angebot im gegenwärtig unsicheren Klima in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten auch bei den Genentech-Aktionären auf Interesse stossen.» (awp/mc/ps/08)

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