Roche will Genentech für knapp 44 Milliarden Dollar ganz übernehmen
Das Angebot entspricht einer Prämie von 8,8% gegenüber dem Genentech-Schlusskurs vom letzen Freitag (18. Juli) und einer Prämie von 19,0% gegenüber dem Kurs vor einem Monat. Roche hält seit 1990 eine Mehrheitsbeteiligung an Genentech und besitzt derzeit 55,9% aller ausstehenden Aktien.
Synergien von bis zu 850 Millionen Dollar pro Jahr
Mit der Übernahme der US-Tochter Genentech verfolgt Roche zwei Ziele, wie Verwaltungsratspräsident Franz Humer an einer Telefonkonferenz sagte: Doppelspurigkeiten sollen wegfallen und der Austausch von Know-How verbessert werden. Seit dem Kauf von Genentech 1990 hätten sich beide Firmen stark verändert, sagte Humer. Aus der ehemaligen klar fokussierten Forschungseinrichtung Genentech sei ein grosses Pharmaunternehmen geworden. Roche erwartet dementsprechend aus der Transaktion Synergien von 750 bis 850 Mio USD (vor Steuern) pro Jahr sowie einen positiven Beitrag zum Gewinn pro Titel (EPS) im ersten Jahr nach Abschluss. Vor allem in den USA sieht Humer Potenzial, um Kosten einzusparen. Synergien lägen schwergewichtig in der Administration und der Infrastruktur, hiess es.
Forschungsplatz Palo Alto schliesst
Einen ersten Schritt bei der Infrastruktur hat Roche bereits beschlossen. Der Genentech-Forschungsplatz Palo Alto in Kalifornien wird geschlossen und die Aktivitäten werden verlagert. Der Roche-Bereich Virologie wechselt an den Genentech-Standort nach South San Francisco. Die Erforschung von Entzündungskrankheiten zieht von Palo Alto in die Roche-Forschungsorganisation nach Nutley, New Jersey. Dagegen wird die US-Vertriebsorganisation von Roche Pharma zum Genentech-Standort in South San Francisco verlagert. Die «einzigartige Forschungskultur» von Genentech soll aber auch nach der vollständigen Übernahme erhalten bleiben, betonten die Roche-Verantwortlichen.
Keine Kapitalerhöhung notwendig
Roche braucht für die Finanzierung des Deals keine Kapitalerhöhung. Er soll durch eine Kombination von eigenen Mitteln und Bankdarlehen finanziert werden. Wie Roche-Finanzchef Erich Hunziker sagte, steht das exakte Finanzierungskonzept aber noch nicht vollständig. Man gehe aber davon aus, dass die Roche-Banken zusammen mit weiteren Finanzhäusern ein Konsortium für die Übernahme bilden werden. Roche sei in letzter Zeit mit zehn Haupt-Banken in Kontakt gestanden und man sei daher überzeugt, eine für Roche «sehr attraktive» Finanzierung des Deals hinzubringen. Der kombinierte Cash flow erlaube dabei eine schnelle Rückzahlung der Schulden.
Flexibilität beibehalten
Die genaue Ausgestaltung der Transaktion, wie auch die Bedingungen ihrer Durchführung, werden durch Verhandlungen mit den unabhängigen Verwaltungsratsmitgliedern festgelegt. Zusätzlich zu den üblichen Bedingungen ist die Fusion von der Zustimmung der Mehrheit der heute ausstehenden Genentech-Aktien, die nicht von Roche gehalten werden, abhängig. Roche will die Transaktion nach Verhandlungen über die definitive Fusions-Vereinbarung «so rasch wie möglich abschliessen». Roche behalte aber trotz der Genentech-Übernahme weiter die Flexibilität, um andere Transaktionen durchzuführen, sagte VR-Präsident Franz Humer. Man gehe zudem davon aus, dass Roche das starke Rating auch nach dem Deal behalten werde. Mit den Agenturen Moody’s und Standard & Poors hätte diesbezüglich Kontakte stattgefunden.
Ausblick bestätigt
Das Roche-Management belässt den Ausblick für 2008 und Dividendenpolitik nach der vollständigen Genentech-Übernahme unverändert. «Die Transaktion wird auf den früher kommunizierten Ausblick 2008 für Verkäufe und Gewinn pro Aktie und Genussschein keinen Einfluss haben», heisst es in der Mitteilung vom Morgen. Roche beabsichtige zudem weiterhin, wie anfangs Jahr angekündigt, die Ausschüttungsquote über die nächsten drei Jahre zu erhöhen. Roche hat gleichzeitig mit der Genentech-Übernahme auch die H1-Zahlen veröffentlicht. Die Investoren haben zu Beginn des Handels auf die geballte Landung an News mit leichten Abgaben reagiert, im Verlauf der ersten halben Stunden nahmen die Verluste aber deutlich zu.
Roche-Titel unter Druck
Um 09.35 Uhr notieren die Genussscheine -2,9% auf CHF 174,40 (SMI -0,83%). Vom finanziellen Aspekt (relativ tiefe Bewertung von Genentech, günstiger USD-Kurs, Synergien) mache die Transaktion Sinn, heisst es etwa bei der ZKB. Jedoch stelle sich die Frage, wie sich die vollständige Integration in Roche auf die Innovationskraft des US-Biotech-Unternehmens auswirke. Die Bank beurteilt den Deal für die Aktie als «leicht negativ», behält aber das Rating «Übergewichten». (awp/mc/ps/03)