Roche wird sich gegen die Fusion mit Novartis nicht sträuben können
Die Übernahme des 20-Prozent-Anteils durch Novartis mag die Roche-Spitze herunterspielen. Doch die Fusion wird unvermeidlich sein. Das ist auch gut so. Besser Novartis als beispielsweise Merck.
Die tollen Wachstumsjahre von Roche gehören der Vergangenheit an. Der Aktienkurs war schon über 50 Prozent höher als heute und Konzernchef Franz Humer muss bei jeder sich bietenden Gelegenheit dementieren, dass seine etwas ausgedünnte Produkte-Pipeline das zentrale Problem von Roche sei. Branchenkennern ist längst klar: Der Zwang zur Grösse ist in dieser forschungsintensiven Branche ein unumstössliches Paradigma. Am Rheinknie, prophezeiten Auguren schon lange, sehen sich Roche und Novartis eher früher als später vor die Gretchenfrage gestellt: Fusion oder Übernahme durch einen amerikanischen Konzern, etwa Merck oder Pfizer.
Ebner dreht den Spiess um
Einmal mehr ist der Turbo in derlei strategischen Fragen der Banker mit der Fliege. Ausgerechnet einer vom Zürichsee. Seit Jahren hält Martin Ebner das von dem in den USA lebenden Milan Panic gekaufte 20-Prozent-Paket. Solange sich Roche auf steilem Wachstumspfad befand, hielt sich Ebner zurück, wusste sein Geld in guten Händen. Als der Trend kehrte, versuchte er Einfluss zu nehmen. Doch bei der herrschenden Familie Oeri biss er auf Granit. Jetzt dreht er den Spiess um. Seine Taktik ist offenkundig: Er verkauft an Novartis, diese zwingt Roche mit andern Mitteln als sie ihm zur Verfügung standen zur Fusion, und er beteiligt sich danach an Novartis. Und dürfte dort einer der gewichtigsten Aktionäre werden.
«Der Basler Daig wird sich überzeugen lassen, dass langfristig nur die Fusion die Existenz sichert.» Markus Gisler, CEO Moneycab
Ausgedünnter Nachschub
Bleibt noch die Frage zu klären, ob die Eigenständigkeit von Roche tatsächlich gefährdet ist. Die Karten von Roche sind derzeit nicht sonderlich gut. Der gedrückte Aktienkurs spricht Bände. Das Problem liegt im etwas ausgedünnten Nachschub an neuen Medikamenten. Das macht einen Pharmakonzern angreifbar.
Vasellas Ehrgeiz ist sprichwörtlich
Diese Ausgangslage wird sich Daniel Vasella zu Nutze machen. Bekanntlich kann dieser nach aussen so vornehm und schüchtern wirkende Manager knallhart verhandeln. Sein Ehrgeiz ist sprichwörtlich, darin steht er seinem Vorgänger, Mentor und Schwiegervater Marc Moret in keine Weise nach. Anders als Ebner, der letztlich als Roche-Aktionär nur Shareholder-Interessen vertreten konnte, trumpft Vasella mit industrieller Logik auf. Und diese ist nicht wegzudiskutieren. Im Gentechnologie-Bereich sind beide Unternehmen stark, Roche mit der an der losen Leine geführten Genentech, Novartis mit Chiron. Was da an Forschungspotenzial zusammenkommt, wäre in der Welt absolute Spitze. Stellt man sich dazu noch eine Konzentration auf die Kernaktivitäten vor (Novartis ohne Foodbereich, Roche ohne Vitamingeschäft), wäre der Standort Schweiz und insbesondere jener am Rhein auf mindestens zehn Jahre gesichert.
Artenvielfalt versus Existenzsicherung
Ein Dilemma allerdings bleibt: Artenvielfalt ist, was man sich in einer funktionierenden Marktwirtschaft wünscht. Da einer Fusion das Wort zu reden, hiesse sich gegen das System zu stemmen. Doch der Pharma-Markt spricht leider eine andere Sprache. Wo die Entwicklung eines Medikaments schon mal eine Milliarde Dollar kosten kann, wird das Risiko zu gross. Und so wird sich auch die vornehmste Familie aus dem Basler Daig überzeugen lassen, dass die Existenz beziehungsweise die Unabhängigkeit, langfristig nur über eine Fusion gesichert ist.