«Ich gehe davon aus, dass die Inspektionen und der Austausch Auswirkungen auf die Auslieferungen haben werden, vor allem im Jahr 2011», sagte Enders am Freitag in einer Telefonkonferenz. Er betonte, der Zwischenfall sei bedauerlich, habe aber weder den guten Ruf des Triebwerkherstellers noch des Flugzeugs beeinträchtigen können. Er habe vielmehr gezeigt, dass das Flugzeug dank seiner Auslegung auch mit extremen Situationen fertig werde. Es habe keinerlei Abbestellungen oder Diskussionen um Stornierungen gegeben.
Tragfläche schwer beschädigt
Der betroffene Qantas-Airbus war am 4. November in Singapur notgelandet. Die 466 Menschen an Bord entkamen wohl nur knapp einer Katastrophe. Denn als das Triebwerk der Maschine mit einem lauten Knall kaputtging, wurde nach Informationen der Zeitung «The Australian» die Tragfläche schwerer beschädigt, als bislang bekannt. Metallsplitter hätten Teile der Verkabelung und des Treibstoffsystems des Riesenflugzeugs zerstört, als sie die Aussenhaut der Maschine durchschlugen, berichtete die Zeitung. Ausserdem sei die Feuerlöschanlage an der betroffenen Tragfläche ausgefallen. Die Maschine musste mit diesen Schäden noch eine Stunde Schleifen fliegen, um Benzin abzulassen, ehe sie nach Singapur zurückfliegen konnte. Weder Qantas noch die australische Transportsicherheitsbehörde ATSB wollten sich zu dem Bericht äussern.
Fehlerhaftes Bauteil lässt Öl austreten
Nach Angaben von Rolls-Royce geht der Triebwerkausfall an der Qantas-Maschine auf eine Komponente im Turbinenteil des Triebwerks zurück. Durch das fehlerhafte Bauteil könne Öl austreten und sich entzünden. Bei dem Qantas-Flugzeug habe der Brand im Bereich der Mitteldruckturbine zum Bruch der Turbinenscheibe geführt, die vom Aussehen her einem Zahnrad ähnelt. Ein Teil der geborstenen Scheibe war gefunden worden und gilt als Schlüssel bei der Fehlersuche. Die Ermittler von ATSB trafen am Freitag auf der indonesischen Insel Batam ein, um die Suche nach dem Rest der Scheibe zu verstärken. Sie hatten den genauen Flugweg der Maschine markiert und wollen nun gezielt am Boden suchen. Auf Batam waren schon zahlreiche Trümmerteile gefunden worden, der Rest der Scheibe fehlt aber noch. Das beschädigte Triebwerk soll am Wochenende aus der Maschine ausgebaut werden. Dazu werde noch Spezialgerät aus Deutschland eingeflogen, teilte ATSB mit.
EASA verlangt Nach-Inspektionen
Die Erkenntnisse von Rolls-Royce bei der Fehlersuche decken sich mit denen der europäischen Luftaufsichtsbehörde EASA. Alle Maschinen müssen nach einer Direktive der Behörde aus Köln genauestens inspiziert werden. Die Inspektion muss nach jeweils 20 Flugzyklen wiederholt werden. Die EASA hatte bereits im August vor dem durch Materialermüdung entstehenden Problem gewarnt und eine höhere Frequenz an Tests angeordnet. Unklar blieb, warum es trotz des frühen Hinweises aus Köln dennoch zu dem Triebwerkschaden kommen konnte. Die speziell für den Airbus A380 entwickelten Triebwerke werden von den Fluggesellschaften Lufthansa, Singapore Airlines und Qantas verwendet. «Sicherheit bleibt unsere höchste Priorität», sagte Rolls- Royce-Vorstandschef John Rose. Er entschuldigte sich bei den Fluggesellschaften. «Wir bedauern die Unterbrechungen, die wir verursacht haben», sagte er. Rose schraubte die Gewinnerwartung des Unternehmens für 2010 leicht zurück. Rolls-Royce sei aber wirtschaftlich gesund. 20 der 37 in Betrieb befindlichen A380 fliegen mit Trent-900-Triebwerken von Rolls-Royce.
Qantas hält an Bestellungen fest
Qantas-Sprecherin Olivia Wirth betonte, dass die Fluggesellschaft an ihren A380-Bestellungen festhalte. «Natürlich werden wir weitere Maschinen in den Dienst stellen», sagte sie in einem Radiointerview. «Wir haben eine Gesamtbestellung von 20 – 6 sind bereits in unserer Flotte.» Die sechs Maschinen sind seit dem Unfall aus dem Flugverkehr gezogen. Singapore Airlines hat eine der drei Airbus-A380-Maschinen, bei denen nach den Fund von Ölflecken die Triebwerke ausgewechselt wurden, wieder in Dienst gestellt. Die zweite sollte am Samstag wieder fliegen. Die acht nicht betroffenen Maschinen sind im regulären Flugeinsatz.
Boeing untersucht Ursachen eines Feuers an Bord
Airbus-Konkurrent Boeing sucht unterdessen weiter nach den genauen Ursachen eines Feuers an Bord eines Dreamliner-Testfliegers. «Wir werten die Daten aus, um den Unfall zu verstehen», teilte der US-Flugzeugbauer am späten Donnerstag (Ortszeit) in Everett (US- Bundesstaat Washington) mit. Das Testflugzeug hatte am Dienstag notlanden müssen, nachdem Rauch in die Kabine gedrungen war. Eine Schalttafel im hinteren Teil hatte Feuer gefangen, soviel ist bislang bekannt. Für Boeing war die Notlandung ein weiterer Rückschlag. Der Hersteller hat den Auslieferungstermin für seinen Hoffnungsträger 787 Dreamliner wiederholt verschieben müssen. Immer wieder tauchten neue technische Probleme auf. Fast drei Jahre liegt das Prestigeprojekt inzwischen im Rückstand. (awp/mc/ss/10)