Ronald S. Barrott, CEO Aldar Properties: «50% unserer Projekte stehen ausländischen Käufern offen»
von Gérard Al-Fil
Der Messeveranstalter IIR Middle East aus Dubai kann mit dem Verlauf der Cityscape Abu Dhabi zufrieden sein. Die Besucherzahlen von über 150’000 Menschen übertrafen alle Erwartungen. Das ölreiche Emirat Abu Dhabi (2.5 Mio. Einwohner), das die gleichnamige Hauptstadt (900’000 Einwohner) der Golfemirate beherbergt, hat Immobilienprojekte im Wert von 1.7 Billionen Dirham (rund 463 Mrd. Dollar) in der Pipeline. «AD», wie die Kapitale kurz genannt wird, ist auch das grösste und reichste der sieben Emirate, die sich 1971/72 zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), zusammenschlossen. Abu Dhabi’s Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 63’000 US-Dollar ist nach Luxemburg und Norwegen das dritthöchste in der Welt. Weil der Ansturm auf die Cityscape so enorm war, liess Abu Dhabi’s Kronprinz Scheich Mohammed bin Zayed an-Nahyan höchstpersönlich die Immobilienmesse um einen Tag verlängern.
Aldar Properties mit 70 Milliarden Dollar-Portfolio
Das bedeutet, dass am heutigen Freitag nach dem Mittagsgebet die 300 Aussteller noch einmal ihre Projekte ins rechte Licht rücken dürfen. Einer davon ist Aldar Properties, der grösste Immobilienentwickler in dem Emirat. Trotz seiner 34 Jahre Erfahrung im Bausektor stockte auch Ronald S. Barrott, CEO der Aldar Properties: «Am ersten Messetag standen um 8 Uhr morgens 400 Messebesucher an unserem Stand Schlange. Um 10 Uhr waren es bereits 2’500 Menschen.» Blickfang waren v. a. die Modelle der Wohn- und Bürosiedlung Al Raha Beach und die der Abu Dhabi Waterfront City. Insgesamt hat Aldar ein Portfolio mit einem Wert von 70 Milliarden Dollar aufgebaut. «50% unser Projekte stehen ausländischen Käufern offen», betont Barrott.
Finanzierungsmix
Für Al Raha sollen sich laut Barrott bereits Blue Chip-Firmen aus aller Welt interessieren. «Unser von Standard and Poor’s verliehenes Kredit-Rating «A-«, also Investment Grade, überzeugt immer mehr Investoren, auf Projekte von Aldar zu setzen», sagt Barrott nicht ohne Stolz. Aldar setst auch islamische «Anleihen», die sogenannten Sukuk, als Finanzierungsinstrument ein. Ein 1.3-Milliarden-Sukuk mit einer Laufzeit bis 2011 wurde im Februar 2007 an der Londoner Börse LSE kotiert. Dabei werden die Sukuk-Halter an Gewinneinnahmen aus Mieteinkünften beteiligt. Eine im Islam verbotene Zinsausschüttung erfolgt nicht.
Hohe Baukosten
Verschiedene Finanzierungsquellen sind bitter nötig, machen doch die astronomisch hohen Kosten für Baugrundstoffe allen Immobilienentwicklern zu schaffen. Barrott: «Wir arbeiten mit verschiedenen Zuliefererfirmen zusammen, um flexibel zu bleiben, und wir sind immer offen für neue Marktteilnehmer.» Barrott antwortet schnell und routiniert, fast spult der Brite seinen Text wie von Band ab. «Aber es stimmt schon: die steigenden Preise für Stahl und Zement sind eine totale Herausforderung.» Im vergangenen März schossen in den Emiraten innerhalb einer einzigen Woche die Zementpreise um 25% in die Höhe. Wird die Lebensqualität nicht aber nur durch hohe Mieten, sondern auch wegen immer mehr Bautätigkeiten in Abu Dhabi beeinträchtigt? «Nein. Wir bauen nicht an allen Stellen auf einmal», versichert Barrott. Zahlreiche Projekte entstünden » weit ab vom Schuss», ohne Auswirkungen auf den Kern der Hauptstadt. Ausserdem: «Wir expandieren auch in den äussersten Westen der VAE, der touristisch nur wenig erschlossen ist», kündigt Barrott an.
Aktie gefragt
«In nur zwei Messetagen haben wir 420 Wohneinheiten im Wert von 1.5 Milliarden Dirham (409’000 Dollar) verkauft», berichtet Barrott weiter. Trotz der enormen Nachfrage sieht Barrott seine Aldar, deren Aktien an der Abu Dhabi Stock Exchange ADX kotiert sind, vom Markt unterbewertet. «Wir notieren derzeit bei 12 Dirham , doch taxieren führende Investmentbanken wie Goldman Sachs, HSBC oder Merrill Lynch die Aktie bei 19 Dirham. Die Aldar-Aktie notiert weit unter ihrem NAV.» Vielleicht braucht es ein weiteres Highlight, damit auch internationale Investoren auf die Perle aus Abu Dhabi setzen. Die futuristische Siedlung Al Raha für 120’000 Einwohner wird in Etappen von 2009 bis 2011 fertiggestellt. «Auch Aldar wird nach Al Raha umziehen und dort ihr Hauptquartier haben», erzählt Barrott erwartungsvoll. «Selbstverständlich wird auch Al Raha die neuesten ökologischen Standards einhalten», fügt der CEO artig hinzu.
Abu Dhabi vs. Dubai
Schon machen Vermutungen die Runde, Abu Dhabi könnte seiner Konkurrentin Dubai den Rang ablaufen. Denn während aus Dubais Immobilienbranche immer wieder «bad news» kommen (wie: Brände, Verzögerungen und Arbeiterstreiks auf den Baustellen), scheint Abu Dhabi , zu Deutsch «Vater der Gazelle», viel planmässiger vorzugehen als seine Nemesis im Osten des Landes. Die Ölvorräte in Abu Dhabi, etwa 10% der Weltvorkommen, werden noch wesentlich länger halten als in Dubai. Dort trägt das schwarze Gold nunmehr 1% zum Bruttoinlandsprodukt bei. Wie auch immer der Zweikampf ausgehen mag: für Ronald S. Barrott ist der Posten des CEOs bei Aldar der Höhepunkt seiner 34 Jahre langen Karriere. Und den kostet er in allen Zügen aus, wie er abschliessend fast ein wenig nachdenklich sagt. So, als könne er selber nicht glauben, welche Bauwut sich da am Persisch-Arabischen Golf abspielt.
Die zweite Cityscape Abu Dhabi im Kongresszentrum ADNEC endet am heutigen Freitag.