Rudolf Hadorn, CEO Ascom: «Ascom hat sich zum Ziel gesetzt, das organische Wachstum durch Akquisitionen und Allianzen zu beschleunigen»
Von André Schäppi
Moneycab: Herr Hadorn, die Phase der Devestitionen bei Ascom ist abgeschlossen, auch wenn Payphones und Toll erst 2007 veräussert werden. Ascom will die vorhandenen finanziellen Mittel unter anderem für Akquisitionen verwenden. Welchen Zeitraum hat sich der Konzern dafür gesetzt, welche Stossrichtung wird angegangen und bis zu welcher Höhe könnten sich die Akquisitionen bewegen?
Rudolf Hadorn: Ascom hat sich zum Ziel gesetzt, das organische Wachstum durch Akquisitionen und Allianzen zu beschleunigen. Dabei haben wir uns strikte Kriterien gesetzt, die einzuhalten sind. Insbesondere muss eine Akquisition entweder neue Märkte erschliessen, eine neue Technologie bringen oder uns neue Schlüsselkunden zuführen. Es ist unsere Absicht, im Jahr 2007 Akquisitionen zu prüfen und wo sinnvoll zu tätigen oder auch weitere Allianzen einzugehen. Zur Grössenordnung allfälliger Akquisitionen kann heute noch keine Aussage gemacht werden.
Der Markt für Sicherheit boomt weltweit. Ist man da mit einem Jahreswachstum für Security von etwa 5% beim Umsatz und einer EBIT-Marge von 5 bis 7 % nicht ein wenig arg konservativ?
Unsere Zielvorstellung ist realistisch. Ascom Security Solutions befindet sich noch in einer Transformationsphase. Wir sind aber zuversichtlich, das für die nächsten drei bis fünf Jahre gesetzte mittelfristige Ziel von fünf Prozent Umsatzwachstum bei einer EBIT-Marge von fünf bis sieben Prozent bei Security Solutions erreichen zu können.
Oder anders gefragt, gibt es Gründe für diese zurückhaltende Beurteilung?
Ascom Security Solutions verfügt über eine starke Position in der Schweiz und will sich als europäischer Anbieter in Mission-Critical Communication etablieren. Dazu streben wir eine weitere Internationalisierung des Geschäftes, auch durch Zusammenarbeit mit Partnern und durch Akquisitionen, an. Wir haben schon viele Bausteine gelegt und Pflöcke eingeschlagen, doch brauchen wir noch etwas Zeit. Deshalb mag unsere Beurteilung für Sie eher zurückhaltend tönen.
Security Solutions ist nach wie vor stark auf die Schweiz fokussiert und dabei bringt der Telekom Bereich rund einen Drittel des Umsatzes. Obwohl hier sicher gute und etablierte Geschäftsbeziehungen bestehen, wird vermutlich nur noch wenig zusätzliches Wachstum generiert werden können. Wie sieht es mit den anderen europäischen Ländern, in denen Ascom aktiv ist, wie Deutschland, Skandinavien oder Österreich aus?
Security Solutions ist heute in Finnland, Oesterreich, Deutschland, Polen und Tschechien vertreten und versucht die Marktpositionen in diesen Ländern weiter auszubauen. Es ist ein strategisches Ziel, dass Security Solutions sich als europäischer Anbieter für Mission-Critical Communication etabliert. Der Bereich Mobile Test Solutions ist weltweit tätig und gehört zu den Marktleadern.
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Wie beurteilen Sie die Chancen, dass die Division Security Solutions in den USA zulegen kann?
Für die Division Security Solutions ist die USA lediglich Zielmarkt für den Geschäftsbereich Mobile Test Solutions. Hier ist Ascom eine strategische Allianz mit der US-Firma Comarco eingegangen. Diese Allianz verschafft uns vertrieblich Zutritt zum amerikanischen Markt sowie technisches Know-How im Bereich CDMA.
Wireless Solutions: Durch die verstärkte Zusammenarbeit mit Distributoren will man das Wachstum in Regionen wie Asien oder Brasilien ankurbeln. Birgt dieses Vorgehen nicht die Gefahr, dass nur erstklassige Distributoren erfolgversprechend sein werden, diese aber auch wieder mit höheren «Margenanteilen» bei der Stange gehalten werden müssen?
Zielmarkt für Wireless Solutions ist Europa und Nordamerika; Asien und Brasilien stehen weniger im Fokus. Zur Ausschöpfung des Marktpotenzials haben wir ein Geschäftsmodell mit drei Vertriebskanälen: Über den direkten Vertriebskanal vertreiben wir das gesamte Lösungs- und Servicegeschäft über unsere Tochtergesellschaften und über den indirekten Vertriebskanal werden durch lokale Distributoren Produkte und Standardsysteme vertrieben. Schliesslich verkaufen wir Endgeräte auch über den OEM-Vertriebskanal. Wir sind überzeugt, dass wir durch das Zusammenwirken aller drei Kanäle ein optimales Ergebnis erreichen können.
Gerade der Gesundheitsbereich ist unter Druck in Bezug auf Ausgaben. Davon sind auch Spitäler betroffen, welche ein wichtiges Kundensegment der Wireless Solutions darstellen. Ist deshalb nicht davon auszugehen, dass hier zwar eine grosse Nachfrage nach neuen Kommunikationslösungen besteht, die Preise aber noch stärker unter Druck geraten werden?
Der ganze Telekommunikationsmarkt steht immer wieder unter Preisdruck. Der Gesundheitsbereich ist ein attraktives Marktsegment für Wireless Solutions. Unser Ziel ist es, dem Kunden massgeschneiderte Kommunikationslösungen offerieren zu können, die bei ihm schlussendlich zu einer Kostenersparnis durch optimierte und sichere Kommunikation führen. Beispielsweise ist das Spitalpersonal dank den Ascom-Lösungen viel besser erreichbar, was unnötige Gänge erspart und damit zu Einsparungen führt.
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Erfolgreiche Innovationen sind sicher eine Grundlage um Technologieführerschaft. Das absorbiert aber auch finanzielle Mittel. Wie werden sich die Ausgaben für F&E entwickeln und wie werden sie sich auf die beiden Bereiche aufteilen?
Ascom hat in den letzten beiden Jahren viel in Wireless Solutions investiert und ist mit den VoWiFi- und IPDect-Produkten technologisch führend. Bei Security Solutions wurden drei lösungsbasierte eigene Plattformen (openAccess, open TAS und QVoice) geschaffen, die als Basis für massgeschneiderte Kundenlösungen dienen. Zur Zeit betragen die F&E Ausgaben je nach Geschäftsbereich zwischen 5 und 8 Prozent. Ascom wird auch in Zukunft signifikant in die Entwicklung neuer Produkte und Lösungen investieren.
Wie weit gibt es Synergien zwischen den beiden Hauptaktivitäten (Wireless Solutions & Security Solutions), die noch ausgenutzt werden können?
Sowohl Wireless Solutions wie auch Security Solutions sind auf Mission Critical Communication ausgerichtet und haben deshalb vergleichbare Kundenbedürfnisse zu erfüllen. Neben den Synergien in Forschung und Entwicklung wollen wir vermehrt auch die Zusammenarbeit im Vertrieb in Ländern, wo noch nicht beide Divisionen auftreten, stärken.
Zur Person
Rudolf Hadorn wurde am 13. Februar 1963 geboren und ist Schweizer. Er hat ein Studium in Betriebswirtschaft an der HSG St. Gallen als lic. oec. abgeschlossen.
Von 1989 ? 2000 bekleidete er verschiedene Funktionen bei General Motors (u.a. Geschäftsführer und Finanzdirektor GM/Opel für Südosteuropa, für Ungarn und für Österreich). 2000 ? November 2002 war Hadorn CFO der Krone GmbH Deutschland, von November 2002 ? Mai 2004 CFO der Ascom Gruppe. Seit Juni 2004 ist er CEO der Ascom Gruppe.
Zum Unternehmen
Ascom ist ein internationaler Lösungsanbieter mit umfassendem Technologie-Know-how. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Kernbereiche Wireless Solutions (hochstehende kundenspezifische Onsite-Kommunikationslösungen) und Security Solutions (Anwendungen für Sicherheit, Kommunikation, Automation und Leitsysteme für Infrastrukturbetreiber, öffentliche Sicherheitsinstitutionen und die Armee).
Unter Special Products werden im Wesentlichen die Aktivitäten Network Integration (Netzwerklösungen im Data/Voice-Konvergenzmarkt) in Italien und Payphones (spezialisierte Produkte für den Fernsprechverkehr) zusammengefasst. Ascom hat sich mit langjähriger Erfahrung in der Abwicklung komplexer Projekte für anspruchsvolle Kunden in wichtigen Schlüsselmärkten etabliert. Die Angebotspalette von Ascom reicht von der Analyse und Beratung über Systemdesign und -integration, Projektmanagement, Engineering und Realisierung bis hin zu Wartung und Support.
Das Unternehmen unterhält Niederlassungen in 18 Ländern und beschäftigt weltweit rund 2?400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 2005 wurde ein Umsatz von 689 Mio. CHF erzielt. Die Ascom Namenaktien (Symbol ASCN) sind in Zürich an der SWX Swiss Exchange kotiert.