Rudolf Hadorn, CEO Gurit Holding AG

von Patrick Gunti


Herr Hadorn, Gurit hat im 1. Halbjahr mit 8,5 Mio. Franken fast dreimal mehr verdient als in der Vorjahresperiode, den Umsatz um 5,7 % (währungsbereinigt 11,8 %) und die EBIT-Marge ohne Sondereffekte auf 4,8 % gesteigert. Wo lagen die grössten Fortschritte gegenüber dem Vorjahr?


Gurit hat im ersten Halbjahr Ertragsverbesserungen in den Betrieben und dem Materialmanagement mit operativen Massnahmen erzielt. Weiterhin konnten mit gezielten Massnahmen die Ein- und Verkaufspreise verbessert werden. Kosteneinsparungen und der Mehrumsatz waren die restlichen positiven Elemente auf insgesamt 8.5 Mio. Franken Steigerung im Halbjahresvergleich, aus denen abzüglich 2 Mio. Franken wegen Wechselkursverlusten eine 6.5 Mio. Franken Nettoverbesserung  resultierte. Das währungsbereinigte Wachstum war mit 11.8% sehr erfreulich. Das Windgeschäft wächst trotz der Ertragssteigerungsprogramme mit dem Markt, das Marinegeschäft im ersten Halbjahr sogar deutlich über dem Markt. Letzteres wird im zweiten Halbjahr weniger wachsen.


Zu Jahresbeginn haben Sie für 2008 einen operativen Gewinn auf Stufe EBIT von 20 Mio. Franken und eine EBIT-Marge von 4 % für 2008 als Ziel genannt. Gehen Sie davon aus, dieses zu erreichen?

Ja.


Wie sieht es beim mittelfristigen Ziel einer EBIT-Marge von 8 bis 10 % für das Jahr 2010 aus?

Auch diese Zielsetzung ist aus der heutigen Sicht weiterhin realistisch. Eher 10% aus heutiger Sicht.


Gurit hat im Januar einem mittel- und langfristig angelegten Aktionsplan vorgelegt. Was wurde davon bereits im 1. Halbjahr 2008 angegangen?

Der Aktionsplan hat vier wesentliche Pfeiler. Erstens die operativen Verbesserungen. Wachstum ist ein zweiter: Gurit bearbeitet mit Hochleistungsverbundwerkstoffen und zugehörigen Technologien klare Wachstumsmärkte. Hier sind wir im ersten Halbjahr zum Beispiel mit vier neuen Windenergie-Kunden ins Geschäft gekommen. Dann konnten wir auch einen neuen 4-Jahresvertrag mit Airbus über rund 200 Mio. Franken abschliessen. Drittens der Ausstieg von Gurit aus dem Wintersportmaterialgeschäft. Der vierte Massnahmenbereich umfasst das Beschaffungswesen: Je nach Produktbereich sind fast zwei Drittel unseres Umsatzes Materialbeschaffungen. Wenn wir uns langfristig erfolgreich positionieren wollen, ist ein exzellentes Beschaffungswesen ein zentrales Mittel.


Teil der neuen Strategie ist wie erwähnt der Rückzug aus der Wintersport-Industrie. Das Geschäft mit gesinterten Wintersport-Materialien wurde mittlerweile verkauft. Was waren die Gründe für den Rückzug?

Das seit Jahren eher rückläufige Geschäft kontrastierte immer stärker mit dem Wachstumsfokus von Gurit. Zudem bestehen In der Wintersport-Industrie Überkapazitäten. Es ist uns gelungen, dieses an drei Standorten angesiedelte Geschäft innert acht Monaten mit möglichst guten Lösungen für die Kunden und Mitarbeiter in neue Hände zu geben.


Windenergie boomt und ist Gurits wichtigster Wachstumsmarkt. Welche Anstrengungen waren und sind nötig, um mit dem Wachstum des Marktes mitgehen zu können?


Innovative Produkte, welche dem Windkrafthersteller helfen, bessere und günstigere Rotorblätter herzustellen. Effiziente Fertigung und verfügbare Fertigungskapazitäten. Bei der Innovation sind wir führend, haben genügend Kapazitäten weltweit und verbessern unsere Effizienz weiter um im Markt für Prepregs die Führungsrolle auszubauen.


Neben den Marktführern im Windenergiemarkt, Deutschland und den USA, drängt auch China verstärkt in diesen Markt. Wie ist Gurit in diesen drei geographischen Märkten positioniert?

Gurit ist in allen drei Wachstumsregionen für Windenergie in Europa, Nordamerika und China mit eigenen Werken hervorragend aufgestellt und hat noch freie Kapazitäten.


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Den grössten Umsatzsprung bei Gurit verzeichnete der Bereich Schiffbau, der 19 % zum Gruppenumsatz beisteuert. Was hat das Geschäft in diesem Bereich im 1. Semester geprägt?

Im weltweiten Schiffbaumarkt ist Gurit auf die deutlich überproportional wachsenden, weniger konjunktursensitiven und vor allem auch rentableren Bereiche der Super Yachts, der Performance und Race Boats und auf das oberste Segment der grossen Top-Serienyachten von Längen über 30 Metern ausgerichtet. Das Marine-Geschäft ist ein Projektgeschäft, in dem wir nicht nur unsere Materialien einbringen, sondern schon sehr früh im Bereich Konstruktion und Design in die Projekte involviert werden. Im ersten Halbjahr ist das Geschäft extrem stark gewachsen. Das Wachstum im zweiten Halbjahr wird etwas weniger stark wachsen.


Wie hat sich der Bereich «Transportation» entwickelt?

In Europa sind wir der führende Hersteller von Materialien für den Innenausbau von Verkehrsflugzeugen. Gurit-Materialien kommen in allen Airbus-Modellen, inklusive dem A380, vor. Mit neuen Produktinnovationen, die zum Teil die bisherige Phenol-Chemie ablösen werden, streben wir hier nach weiteren Gewichtsreduktionen und gleichzeitig verbesserten konstruktiven Eigenschaften unserer Materialien. Wir tragen mit unseren Spezialprodukten massgeblich dazu bei, das Eigengewicht der Flugzeuge so tief wie möglich, und damit die Rentabilität und Öko-Effizienz dieser grossen «Maschinen» so hoch wie möglich zu machen. Gurit hat im ersten Halbjahr auch die Produktion von Verbundstoff-Karosserieteilen für den Aston Martin DBS hochgefahren.


Gurit hat im 1. Halbjahr überzeugt – wo sehen Sie weiteres Verbesserungspotenzial?

In allen vier Massnahmenbereichen, die wir diskutiert haben. Sicher am meisten Verbesserungspielraum haben wir im betrieblichen Bereich. Hier gilt es, Schritt für Schritt die Effizienz weiter zu steigern.


Bis wann wird die Anfang Jahr eingeleitete Restrukturierung des Unternehmens abgeschlossen sein?

Die wichtigen grossen Schritte sollten 2009 bis 2010 abgeschlossen sein. Danach erfolgt die kontinuierliche Verbesserungsphase und die wird gar nie enden in einem globalen Geschäft, das im Wettbewerb erfolgreich bestehen will.


Herr Hadorn, besten Dank für das Interview.





Zur Person:


Rudolf Hadorn, seit 1.11.2007 CEO Gurit


-1989 -2000 Verschiedene Mangementpositionen und Stellen im Finanzbereich GM Europe


-2000 CEO Krone GmbH, Berlin, CFO Krone Gruppe


-2002 Ascom Gruppe, Bern, CFO


-2004 -2007 Ascom Gruppe, Bern, CEO



Zum Unternehmen:


Die Unternehmen der Gurit Holding AG, Wattwil/Schweiz, sind auf die Entwicklung und Herstellung von Hochleistungskunststoffen ausgerichtet, die sich durch massgeschneiderte physikalisch-chemische Materialeigenschaften auszeichnen. Das umfassende Materialsortiment besteht neben faserverstärkten Kunststoffen (Prepregs) aus Strukturschäumen, Gel Coats, Klebstoffen, Harzen, Verbrauchsmaterialien und gewissen Bauteilen. Gurit beliefert Wachstumsmärkte in den Bereichen Wind Energy, Transportation und Marine. Die weltweit tätige Unternehmensgruppe verfügt über Produktionsstätten und Niederlassungen in der Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, Kanada.

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