von Christa Spörle
Herr Weber, Kaba hat im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2009/2010 die Analystenschätzungen für EBIT und Reingewinn übertroffen. Der Umsatzrückgang um 7,8% lag hingegen im Rahmen der Erwartungen. Wie lautete ihr Erfolgsrezept?
Die Kaba Gruppe hat eine klare Strategie, die sie auch konsequent umsetzt. Ein wichtiger Teil davon ist die Fokussierung auf Kunden und Märkte. Weitere Pfeiler der Strategie sind der Fokus auf organisches Wachstum und die Beschränkung auf wenige starke Marken. Auch wenn wir uns zurzeit vordringlich mit den negativen Folgen der Wirtschaftskrisen auseinander setzen müssen, an unserer erfolgreichen Strategie halten wir fest.
Sie beurteilen die zweite Jahreshälfte sehr vorsichtig. Spielt dabei die saisonale Entwicklung oder der Konjunkturpessimismus die bestimmende Rolle?
Beide Faktoren sind in meine Beurteilung eingeflossen. Erfahrungsgemäss schliesst die Kaba Gruppe das zweite Geschäftshalbjahr immer schwächer ab als das erste. Dies aufgrund saisonaler Effekte. Zudem ist die makroökonomische Situation immer noch von sehr vielen Unsicherheiten geprägt; die Visibilität beurteilen wir darum weiterhin als gering.
Ist die Nachfrage nach Sicherheitslösungen doch konjunkturabhängiger als nach 9/11 erwartet wurde?
Die Konjunktur hat sicher einen Einfluss auf die Nachfrage. Andere Faktoren dürfen aber nicht unterschätzt werden: Kunden sind gerade auch in ökonomisch schwierigen Zeiten bereit, auf Lösungen zu setzen, welche die Effizienz steigern und Kosten sparen. So ist denn die Nachfrage nach Systemen, die Zutritt und Betriebsdatenerfassung integrieren und so die Verwaltung der Daten signifikant vereinfachen, den Umständen entsprechend gut.
In welchem der vier Unternehmensbereiche erwarten Sie die deutlichste Erholung, welcher braucht erfahrungsgemäss etwas länger?
Nicht überraschend waren die Key Systems als erstes unserer Business Segmente von der Rezession betroffen. Es ist anzunehmen, dass sich dieses Business Segment dementsprechend auch als erstes von der Krise erholen wird ? erste Anzeichen dafür konnten wir im Ergebnis für das erste Halbjahr 2009/10 erkennen. In anderen Bereichen wird der Aufschwung länger dauern. So zum Beispiel bei den Hotelschliesssystemen; hier hängt die Nachfrage stark von der Entwicklung in der Tourismusbranche ab.
Wie sieht die Entwicklung nach Regionen aus?
Die Entwicklung ist nach Regionen unterschiedlich. Am erfreulichsten sieht es im Raum Asia Pacific aus: Dort erkennen wir einen klaren Aufwärtstrend und konnten im ersten Geschäftshalbjahr gute Wachstumsraten verzeichnen. In EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika) und in Americas ist die Entwicklung heterogen nach Produktgruppen, wobei die Kaba Gruppe im Raum Americas sehr viel besser dasteht als ihre Konkurrenten.
Der Schuldenabbau soll weitergehen. Wann rechnen Sie denn mit einer Nettocashposition?
Die Nettocashposition ist per se kein Ziel für die Kaba Gruppe. Unser Ziel ist es, das Gearing, also EBITDA zu Nettoverschuldung, langfristig zwischen 1 und 2 zu halten.
«Für uns kommen vor allem Akquisitionen in Wachstumsmärkten in Frage. Dabei legen wir ein verstärktes Augenmerk auf Unternehmen, die uns im Bereich integrierte Systeme und elektronische Komponenten ergänzen könnten.»
Kaba ist weiterhin für Akquisitionen offen, welche Region oder Segmente stehen dabei im Vordergrund? Welches sind die wichtigsten Kriterien?
Für uns kommen vor allem Akquisitionen in Wachstumsmärkten in Frage. Dabei legen wir ein verstärktes Augenmerk auf Unternehmen, die uns im Bereich integrierte Systeme und elektronische Komponenten ergänzen könnten. Das Hauptkriterium für die Akquisition eines Unternehmens ist ganz klar der «strategic fit»; das heisst, die Kaba Gruppe akquiriert ein Unternehmen nur, wenn dieses in die Strategie passt und wir uns davon für die langfristige Entwicklung der Gruppe signifikante Vorteile ausrechnen können.
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Die Sicherheitsbranche ist stark fragmentiert. Kaba kontrolliert etwa 3-4% des Weltmarktes, welcher Anteil am Kuchen ist denn ihr Traumziel?
Grundsätzlich arbeitet die Kaba Gruppe nicht mit weltweiten Marktanteilszielen. Im gigantischen Sicherheitsmarkt positionieren wir uns vorwiegend in profitablen Nischenmärkten, in denen wir ganz klar ein bedeutender Anbieter sein wollen.
Welchen Produkten attestieren Sie das grösste Wachstumspotenzial? Wo haben Sie Neuigkeiten im Köcher?
Wir sehen vor allem Wachstumspotenzial in den Bereichen Zutrittskontrolle, physische Zugangssysteme und Hochsicherheitsschlösser. Generell geht der Trend hin zu elektronischen (digitalen) Komponenten und integrierten Systemen. Unter den vielen Produktentwicklungen sticht die RCID Technologie ins Auge: Dabei erkennt das Türschloss allein durch Berührung, ob eine Person zutrittsberechtigt ist oder nicht. Auf einen konventionellen Schlüssel kann so ganz verzichtet werden, was die Nutzung eines Schliesssystems zum Beispiel in Forschungsinstituten oder Seniorenresidenzen sehr viel komfortabler macht.
Halten Sie die Kaba-Aktien für unterschätzt?
Üblicherweise kommentiere ich den Börsenkurs nicht. Im Januar habe ich mich aber in einem Interview dahingehend äussern müssen, dass meiner Meinung nach der Aktienkurs der Kaba Gruppe gemessen an der Unternehmensperformance deutlich zu tief ist. Seither hat sich der Kurs um fast 20% verbessert. Glaubt man den Analysten, besteht hier noch immer Potenzial nach oben.
» Im gigantischen Sicherheitsmarkt positionieren wir uns vorwiegend in profitablen Nischenmärkten, in denen wir ganz klar ein bedeutender Anbieter sein wollen.»
Sie sind seit 2006 Kaba-CEO, was halten Sie für die wichtigsten Neuerungen unter Ihrer Ägide?
Wir haben für das Unternehmen eine neue Fokussierung definiert, die auf drei Pfeilern basiert: eine Neuausrichtung der Orientierung hin zu Kunden und Märkte ? was den Schwerpunkt auf Marketing legt ?, Fokus auf organisches Wachstum und die Bereinigung und Beschränkung des Brand-Portfolios auf wenige starke Marken.
Welche Mittelfristziele verfolgen Sie?
Momentan setzen wir alles daran, die Kaba Gruppe möglichst unbehelligt durch die Rezession zu navigieren. Da sind wir ja auch sehr erfolgreich. Sobald sich das wirtschaftliche Umfeld stabilisiert und normalisiert hat, werden wir die Mittelfristziele neu beurteilen.
Herr Weber, herzlichen Dank für das Gespräch.
Zur Person:
Rudolf Weber bekleidet seit seit Juli 2006 die Funktion als Chief Executive Officer der Kaba Gruppe. Von 1986 bis 1996 war er Mitglied der Konzernleitung in verschiedenen Marketing-orientierten Funktionen der Elco Looser Holding AG (Zürich), von 1996 bis 2001 amtete er als Gesamtleiter der Hoval Heiztechnik (Feldmeilen) und von 2002 bis 2006 als CEO der Fr. Sauter AG (Basel). Verwaltungsratsmandate besitzt er in der Enics AG (Baden), Elma AG (Wetzikon) und Vitrashop Holding AG (Muttenz). Seine Ausbildung hat er an der ETH Zürich als Dipl. Ing. ETH und an der Universität St. Gallen als lic.oec. HSG abgeschlossen.
Zum Unternehmen:
Die Kaba Gruppe zählt zu den technologisch führenden Anbietern in der globalen Sicherheitsindustrie. Der international tätige, börsenkotierte Konzern gilt als wichtiger Know-how-Träger, wenn es um Lösungen für Sicherheit, Organisation und Komfort beim Zutritt zu Gebäuden, Räumen und Anlagen sowie bei der Erfassung von Personal- und Betriebsdaten geht. Kaba beschäftigt rund 8 000 Mitarbeitende in über 60 Ländern. Im Geschäftsjahr 2008/09 (per 30.06) erwirtschaftete die Gruppe einen Umsatz von 1166 und einen Gewinn von 70,7 Mio CHF. Im ersten Halbjahr 2009/10 lauteten die entsprechenden Werte auf 700 und 41,6 Mio CHF.