Die politische Berichterstattung erfuhr durch Barack Obamas Internetwahlkampf eine neue Dimension. Und die Werbewelt versuchte im abgelaufenen Jahr angestrengt sich ein Stück vom großen Social-Networking-Kuchen abzuschneiden. Doch statt klingelnder Kassen brachten die sozialen Netzwerke vielmehr eine Debatte über Privatsphäre, Jugend- und Datenschutz ins Rollen, die nicht zuletzt durch Googles Suchtechniken und Monopolstellung auf dem Markt immer wieder angeheizt wurde.
Medienschelte für Google und Co.
Die Internet-Supermacht Google hatte in diesem Jahr mit besonders viel medialer Kritik zu kämpfen. Sowohl in Büchern wie Gerald Reischls «Die Google Falle» als auch in wissenschaftlichen Studien wie jener des Informatikers Hermann Maurer von der TU Graz wurde vor der Übermacht und der fragwürdigen Datenschutzpolitik des Konzerns gewarnt . Zudem sorgten Produkte wie Google Street View und Google Earth aufgrund der detailgetreuen Abbildung von Gebäuden und Strassenzügen für Diskussionsstoff. Der bei den Nutzern ungebrochen populäre Internetriese musste sich angesichts seiner Datensammelwut – etwa auch beim überraschenden Launch des eigenen Browsers Chrome – mehr als einmal die Frage gefallen lassen, wie weit die Personalisierung von Diensten und der anonymisierte Handel mit persönlichen Daten gehen darf.
Personensuchmaschinen im Visier der Datenschützer
Erstmals erlebten 2008 auch Personensuchmaschinen wie 123People einen wahren Boom und gerieten damit von Beginn an ebenfalls ins Visier der Datenschützer. Nicht zuletzt verhalfen auch beliebte Social Networks wie Facebook, MySpace und Co dem Sammeln und Verknüpfen persönlicher Daten zu Höhenflügen . Standardisiert lässt sich auf den meisten Plattformen jede noch so unbedeutende Aktion der anderen Mitglieder haarklein mitverfolgen, sofern die Privateinstellungen nicht auf die höchste Stufe gefahren werden.
Soziale Netzwerke kein Umsatzbringer
Für weniger Furore als erhofft sorgten die sozialen Netzwerke hingegen in der Werbebranche. Zwar wurden allerorts Anstrengungen unternommen, den Boom auch in bares Geld zu verwandeln, doch den richtigen Schlüssel zum Erfolg hat bislang niemand gefunden . Zuletzt unternahm Facebook einen neuen Anlauf, um mit interaktiver Werbung mehr Geld zu verdienen, die Effektivität von Anzeigen in diesem Umfeld steht jedoch weiterhin in Frage. Denn die Akzeptanz von Werbung ist bei den Nutzern der Online-Netzwerke relativ gering. Dabei setzt die Werbewelt gerade angesichts der Wirtschaftskrise und der schlechten Aussichten auf das kommende Jahr besondere Hoffnungen in den Bereich Onlinewerbung, der als einer der wenigen zulegen soll . Ob sich Social Networks 2009 lukrativer als bisher erweisen werden, bleibt allerdings abzuwarten.
Obama verändert die Medienwelt
Hoffnungen und Erwartungen weckte in diesem Jahr auch der künftige US-Präsident Barack Obama, der mit seinem beispielhaften Onlinewahlkampf deutliche Spuren in der Medienlandschaft, speziell in der politischen Berichterstattung hinterliess . Obama nutzte Internetplattformen, soziale Netzwerke und das iPhone auf bisher nie da gewesene Art und Weise und versammelte zuletzt eine Online-Fangemeinde um sich, die seinen Sieg im Web gleichermassen wie auf den Strassen feierte. Die Internetwogen schwappten auch auf klassische Medien wie TV und Print über, die sich darum bemühten mithilfe besonders innovativer Berichterstattung mit dem Web Schritt zu halten. So richteten viele Zeitungen auf ihren Onlineplattformen umfassende Wahl-Specials mit interaktiven Grafiken ein und der US-Nachrichtensender CNN brachte am Wahlabend gar Hologramme zum Einsatz. Was die Bekanntgabe der Ergebnisse betraf, übten sich die TV-Sender dafür in besonderer Zurückhaltung, um keine Falschmeldungen wie 2004 zu verbreiten .
Flugzeit für Enten auch im Internet
In punkto Fehlinformationen lässt das Fernsehen mittlerweile offenbar den Onlinemedien den Vortritt. Wie mehrere Beispiele in diesem Jahr zeigten, verbreiten sich Falschmeldungen im Netz besonders gut und besonders schnell . Weniger gut und schnell hat sich hingegen die TV- und Filmbranche mit dem Internet als neuem Distributionskanal angefreundet. Doch nach der Musikindustrie musste sich auch die Unterhaltungsbranche, allen voran Hollywood, in diesem Jahr zunehmend mit dem Boom von Online-Videoplattformen, Streamingangeboten und Downloadportalen auseinandersetzen. Neben Marktführer YouTube etablierte sich 2008 eine Reihe neuer Videoportale im Netz. Die Qualität der Angebote wurde verbessert und Streamingdienste wie Hulu verzeichneten erstklassige Beliebtheitswerte. Zuletzt sorgte YouTube mit der Ankündigung für Aufsehen, in Zukunft auch Spielfilme in voller Länge zu zeigen, wenngleich dieses Vorhaben von manchen Branchenkennern noch äußerst skeptisch beäugt wird .
Videospiele erfahren mehr öffentliche Anerkennung
Skepsis war in diesem Jahr auch beim Thema Videospiele wieder weit verbreitet. Die seit Jahren andauernde Debatte rund um so genannte Killerspiele ist 2008 neuerlich entflammt. Dabei werden Computergames zunehmend auch als Kulturgut wahrgenommen, wie die diesjährige Aufnahme des Bundesverbands der Entwickler von Computerspielen in den Deutschen Kulturrat bestätigte. Trotz Kritik und Warnungen setzte sich 2008 letztlich eine differenzierter Sichtweise durch und die Akzeptanz für das Medium fand eine breitere Basis. Dafür war nicht zuletzt der Boom im Bereich Casual Gaming verantwortlich, der das Genre einem Massenpublikum zugänglich machte und die viel kritisierten Gewaltspiele in den Hintergrund drängte .
Online- und Videospielsucht bleibt Thema
Die Konsolen der dritten Generation und zahlreiche familienfreundliche und partytaugliche Games wie Guitar Hero, SingStar und LittleBigPlanet sorgten dafür, dass die Videospieldiskussion nicht mehr auf Angstplätze wie «Suchtgefahr» oder «Gewaltverherrlichung» beschränkt bleibt. Gleichzeitig blieb die Online- und Videospielsucht aber auch in den vergangenen zwölf Monaten ein Thema. So gilt es als gesicherte Tatsache, dass die Zahl der Betroffenen immer noch steigt. Wichtig ist jedoch, die äusseren Umstände, insbesondere das soziale Umfeld in die Betrachtung der einzelnen Fälle miteinzubeziehen, wie niederländische Experten unlängst forderten . Handlungsbedarf besteht in diesem Bereich noch in vielen Punkten. So wurde im April dieses Jahres in Deutschland erstmals konkret darüber diskutiert, Onlinesucht als ernsthafte Erkrankung anzuerkennen. (pte/mc/ps)