Sotschi – Moskau und Washington hoffen nach Gesprächen des US-Chefdiplomaten Mike Pompeo in Russland auf eine Entspannung der angeschlagenen Beziehungen. Kremlchef Wladimir Putin, der Pompeo in der Schwarzmeerstadt Sotschi empfing, bezeichnete die begonnene Wiederannäherung als glaubwürdig. «Erst unlängst hatte ich das Vergnügen, mit dem US-Präsidenten zu telefonieren», sagte Putin. «Ich hatte dabei den Eindruck, dass es im gegenseitigen Interesse ist, die russisch-amerikanischen Beziehungen wieder vollständig herzustellen.» Er hoffe, dass die notwendigen Bedingungen dafür gegeben seien.
Moskau könnte sich Ende Juni ein Treffen von Putin mit US-Präsident Donald Trump beim G20-Gipfel in Japan vorstellen. Aussenminister Sergej Lawrow zeigte sich offen für ein bilaterales Gespräch. «Wenn ein solcher Vorschlag eingeht, werden wir natürlich positiv darauf reagieren», sagte er.
«Vertrauen wieder aufbauen»
Zuvor hatten sich Aussenminister Sergej Lawrow und Pompeo zu einem dreistündigen Gespräch über internationale Konflikte getroffen. Pompeo betonte, dass beide Länder trotz Uneinigkeiten weiter miteinander sprechen werden. Lawrow sagte, dass er auf konstruktive Gespräche hoffe. «Dieses Misstrauen, das wir haben, behindert sowohl Ihre als auch unsere Sicherheit», sagte er zu seinem US-Kollegen. «Wir müssen auf allen Ebenen unseres Dialogs wieder Vertrauen aufbauen.»
Die Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind seit Jahren wegen einer Vielzahl internationaler Konflikte angespannt. Mit Blick auf die US-Wahl im kommenden Jahr warnte Pompeo die Russen vor einer Einmischung. Das könne die Beziehungen wieder verschlechtern.
Russland soll Unterstützung für Maduro aufgeben
Lawrow und Pompeo sprachen sich für eine nicht-militärische Lösung im Machtkampf in Venezuela und im Streit um das Atomabkommen mit dem Iran aus. Pompeo sagte bei seinem ersten Russland-Besuch, dass sein Land keinen Krieg gegen den Iran wolle. Zugleich forderte er Russland auf, die Unterstützung für Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro aufzugeben.
Über den Machtkampf in Venezuela sagte Pompeo: «Wir hoffen, dass die russische Unterstützung für Maduro endet». Es sei an der Zeit, dass Maduro seinen Posten räume, denn er habe den Menschen in dem südamerikanischen Land nichts als Leid gebracht. Es müsse freie und faire Wahlen ohne Einmischung von aussen geben, sagte der Minister. Lawrow betonte hingegen, der Ausweg aus der Krise könne nur ein innenpolitischer Dialog sein. Eine Intervention durch die USA habe nichts mit demokratischem Recht zu tun, sagte der russische Chefdiplomat. Ein Wechsel könne nicht mit Gewalt erreicht werden.
Seit Wochen tobt in dem südamerikanischen Land ein Machtkampf zwischen Maduro und dem Oppositionellen Juan Guaidó, der sich selbst zum Interimspräsidenten des Landes ernannt hatte. Moskau hält Präsident Maduro die Treue und hat auch Militärberater in das ölreiche Land geschickt. Washington dagegen hat Guaidó als Staatsoberhaupt anerkannt und verlangt einen Machtwechsel.
Keine Einigkeit auch bezüglich Iran
Das auf der Kippe stehende Atomabkommen des Westens mit dem Iran war ebenfalls Thema des Treffens. Die USA hätten kein Interesse an einem Krieg mit dem Iran, sagte Pompeo. «Wir wollen, dass sich der Iran wie ein normales Land verhält», sagte er. Wenn aber amerikanische Interessen angegriffen würden, dann würden sich die USA wehren. Russland kritisiert, dass die USA das Atomabkommen mit dem Iran aufgekündigt haben und will das Abkommen, wie Lawrow sagte, mit Unterstützung der EU und Chinas erhalten. Dabei gehe es auch darum, Sanktionsdruck auf den Iran zu vermeiden.
In der Ukraine stört sich Russland am US-amerikanischen Einfluss auf die Politik der Ex-Sowjetrepublik. Einer der wichtigsten Streitpunkte ist das Schicksal der im November vor der Meeresenge von Kertsch festgenommenen ukrainischen Matrosen durch Russland. Pompeo forderte die Freilassung der Männer.
Moskau solle auch der neuen Führung in der Ukraine entgegenkommen, sagte Pompeo. «Ich habe Russland aufgefordert, sich an die neue ukrainische Regierung zu wenden, um einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation zu finden.» Wolodymyr Selenskyj war vor kurzem zum neuen Staatschef der Ukraine gewählt worden. Wegen der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim und des Krieges im Osten der Ukraine zwischen Regierungssoldaten und prorussischen Separatisten sind die Beziehungen zwischen Moskau und Kiew extrem gespannt. (awp/mc/pg)