RWE: Nach Restrukturierung und Umbau wieder auf Wachstumskurs

Dabei soll das europäische Strom- und Gasgeschäft ausgebaut werden, sagte der Unternehmenschef Harry Roels am Donnerstag in Essen. Allerdings sieht er das Unternehmen bei möglichen Akquisitionen nicht unter Zeitdruck. RWE habe sich als einer der am besten aufgestellten internationalen Versorger «für die nächste Runde im Konsolidierungswettbewerb bereits qualifiziert». Im laufenden Jahr soll der Gewinn weiter steigen. Die Aktie verlor am Donnerstag rund zwei Prozent, nachdem sie am Mittwoch ein neues Rekordhoch erreicht hatte.


Nicht immer alles auf eine Karte setzten
Derzeit sei wesentlich mehr Geld vorhanden, als es Übernahmeziele gebe, sagte Roels. Das liege unter anderem daran, dass Privatisierungsprozesse in der Branche von politischen Entscheidungen abhingen. Und die verfügbaren börsennotierten Unternehmen seien «hoch bewertet». RWE dürfe daher den hart erarbeiteten finanziellen Handlungsspielraum nicht voreilig aufgeben. «Vielleicht ist es nicht immer optimal, alles auf eine Karte zu setzten», sagte Roels. Zudem verwies er auf die geplanten Verkäufe von Thames Water und American Water, die voraussichtlich erst 2007 über die Bühne gehen sollen.


Endesa war kein Thema
Vor dem Hintergrund von andauernden Spekulationen über neue Übernahmen in der Energiewirtschaft will RWE seine Rolle als einer der führenden europäischen Energiekonzerne verteidigen. «Wir sind keine Zuschauer», sagte Roels. Einen Kommentar zu möglichen Übernahmespekulationen lehnte er jedoch ab. «Ich mahne zu Coolness und Ruhe», sagte er. Aus der möglichen Übernahme von Endesa durch E.ON erwartet der Unternehmenschef keine Nachteile für RWE. «Endesa war für uns kein Thema», sagte Roels.


Weiter in der Energie-Spitzenliga bleiben
Der geographische Fokus bei Übernahmen liegt dabei auf Deutschland, Grossbritannien, den Niederlanden sowie Osteuropa. Dort sei RWE derzeit an mehreren Projekten interessiert, sagte Roels. In Deutschland soll vor allem das Gasgeschäft ausgebaut werden. RWE sei zwar bereits heute die Nummer zwei im deutschen Gasvertrieb, aber liege deutlich hinter dem Branchenführer E.ON Ruhrgas, sagte Roel. Dies betreffe auch den Gastransport und -verteilung. Der angestrebte Kauf der SaarFerngas von RAG sei ein Beispiel dafür. Auch in Zentral-und Südosteuropa könne sich RWE vorstellen, Gaspipelines zu erwerben oder sich an ihnen zu beteiligen, sagte Roels.


Sachanlageinvestitionen geplant
Die Essener Gesellschaft plant von 2006 bis 2010 Sachanlageinvestitionen im Schnitt von jährlich 3,5 Milliarden Euro, sagte der Unternehmenschef Harry Roels am Donnerstag in Essen. Damit würde zukünftig rund eine Milliarde Euro mehr für Kraftwerke und Netze sowie Öl- und Gasförderung ausgegeben als bisher geplant.


Thames Water und American Water verkaufen
«Den finanziellen Spielraum dafür bringt uns der geplante Ausstieg aus dem investitionsintensiven britischen und amerikanischen Wassergeschäft», sagte Roels. In früheren Planungen für 2005 bis 2009 waren zwar die Sachinvestitionen insgesamt mit vier Milliarden Euro höher angesetzt, aber allein für das britische und amerikanische Wassergeschäft waren davon rund 1,6 Milliarden Euro vorgesehen. RWE will Thames Water und American Water bis 2007 verkaufen.


Schwankungen bei Brennstoffpreisen ausgleichen
RWE will sich mit dem Ausbau des Förder-Geschäfts (Upstream) von RWE Dea gegen Schwankungen bei den Brennstoffpreisen zumindest teilweise sichern, sagte Roels. Bis Ende 2009 sollen die Reserven und Ressourcen um etwa ein Drittel auf rund 1,5 Milliarden Barrel Öläquivalente aufstocken. Für die Produktion sei im gleichen Zeitraum ein Anstieg um etwa ein Viertel auf 150.000 Barrel pro Tag geplant.


Markteinstieg für verflüssigtes Gas
Des Weiteren plant RWE den Einstieg in den Markt für verflüssigtes Gas (LNG). LNG sei ein Markt mit attraktiven Wachstumschancen im globalen Massstab, sagte der Unternehmenschef. Roels geht davon aus, dass LNG in Europa einen wachsenden Einfluss auf die Preisbildung bei Gas und damit indirekt auch bei Strom haben wird. Allein deshalb sei es wichtig, sich in diesem Markt auszukennen.


Position ausbauen
Auch will der Essener Versorger seine Position in der Gasinfrastruktur wie Gasspeicher und Pipelines in Europa ausbauen. «Die Gespräche über eine Zusammenarbeit mit Gasprom haben bisher keine Vereinbarung gebracht», sagte Roels. Dagegen sei RWE einer der möglichen Partner des Konsortiums um die österreichische OMV zum Bau der sogenannten Nabucco-Pipeline.


Zuversicht für 2006
RWE ist nach einem Gewinnplus im vergangenen Jahr zuversichtlich für 2006. Das Unternehmen peilt für das laufende Jahr einen Zuwachs beim betrieblichen Ergebnis zwischen fünf und zehn Prozent an. Das Nettoergebnis soll zwischen zehn und 20 Prozent steigen. Das Unternehmen begründet seine Zuversicht damit, dass im laufenden Jahr negative Effekte wegfielen. Der Umsatz soll in etwa so hoch ausfallen wie 2005. Im vergangenen Jahr sank der Umsatz wegen des Verkaufs von Beteiligungen. Der Rückgang fiel allerdings nicht so stark aus wie von Experten erwartet. Zudem stieg der Betriebsgewinn stärker als prognostiziert. (awp/mc/ab)

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