RWE will Essent für 9,3 Milliarden Euro kaufen
Dies teilte RWE am Montag mit. Die Essener wollen sämtliche Anteile erwerben, ausgenommen ist jedoch das Verteilnetz- und Entsorgungsgeschäft. Mit der Ankündigung bestätigen sich Gerüchte der vergangenen Wochen, wonach RWE im Rennen um Essent vorne liegen sollte. Die Übernahme wäre der erste grössere Zukauf unter Konzernchef Jürgen Grossmann.
80-Prozent-Klausel
RWE stellt das Angebot unter den Vorbehalt, dass die Aktionäre RWE mindestens 80 Prozent des ausstehenden Grundkapitals von Essent andienen. Im Fall einer Annahmequote von 100 Prozent entspreche die Übernahme vor Abzug der Nettoverschuldung einem Unternehmenswert von rund 9,3 Milliarden Euro. Grossmann sieht in Essent «einen perfekten Partner» für RWE. Essent versorgt in den Niederlanden rund 30 Prozent aller Haushalte mit Energie und ist dort damit eines der grössten Versorgungsunternehmen. Die Anteile werden derzeit von 136 Gesellschaftern – überwiegend Kommunen und Provinzen – gehalten. Mit dem Erwerb von Essent wird RWE den Angaben zufolge zu einem führenden Energieanbieter in den Benelux-Ländern. Die Marke Essent will RWE aufrechterhalten.
Finanzierung zum Grossteil über neuen Kreditrahmen
Das Unternehmen rechnet mit Synergien, die ab 2014 rund 100 Millionen Euro pro Jahr ausmachen sollen. RWE hat zur Finanzierung einen neuen Kreditrahmen in Höhe von 9 Milliarden Euro unterzeichnet, dieser macht den Angaben nach den Grossteil aus. Der Rest soll über Barguthaben finanziert werden. Der Transaktion müssen noch die zuständigen Wettbewerbsbehörden zustimmen.
Essent empfiehlt Annahme
Vorstand und Aufsichtsrat von Essent empfehlen den Anteilseignern, das Angebot anzunehmen. Sie hätten die Transaktion eingehend geprüft und seien zu dem Schluss gekommen, dass eine Partnerschaft im Interesse der Anteilseigner sei. Das niederländische Unternehmen hatte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben ohne das Netz- und Entsorgungsgeschäft bei einem Umsatz von rund 6,55 Milliarden Euro einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von rund 882 Millionen Euro erwirtschaftet.
Umworbene Braut
Grossmann hatte zuletzt häufiger betont, RWE sei gut aufgestellt für Zukäufe im Ausland. Die Spekulationen über immer konkreter werdende Verhandlungen mit Essent wollte der Vorstandschef aber nicht kommentieren. Essent hatte zuletzt stets darauf verwiesen, mit einer Anzahl von Parteien im Gespräch zu sein. Interesse an Essent hatten auch der schwedische Konzern Vattenfall sowie Energieunternehmen in Italien und Dänemark signalisiert. Ende 2007 war eine geplante Fusion von Essent mit dem zweitgrössten niederländischen Energieversorger Nuon geplatzt.
Entspannte Finanzierungslage
Auch unter Experten hiess es zuletzt, gerade bei RWE, die sich im Vergleich zu anderen Versorgern zurückgehalten hatten, bestünden wegen der entspannten Finanzierungslage zurzeit gute Chancen für Zukäufe. Ansonsten sei für den europäischen Energiemarkt angesichts schrumpfender Liquidität und steigender Kosten erstmal mit einem Rückgang bei grossen Fusionen und Übernahmen zu rechnen. (awp/mc/ps/26)