Nach den Emotionen die durch die «Rettung der Schweizer Luftgesellschaft» entstanden sind, ist es gut, auf einen rational agierenden Markt zu schauen. Und der sagt: «Die Drei» (Ospel, Mühlemann, Suter) bleiben.
Stimmen kaufen und das neue Management entlassen. Das war der erste Gedanken, als gestern die SAir-Aktienmehrheit für 42 Millionen zu haben war. Heute kostet sie ein bisschen weniger, sehr wahrscheinlich bald gar nichts mehr. Die Kurse des Marktes sprechen gegen einen Coup einer Drittpartei. Warum? Das wichtigste Argument ist in diesem Zusammenhang sicherlich, dass sich niemand an die Übernahme oder die Restrukturierung der gewaltigen Schuldenlast wagt. Es fragt sich nur, wie das SAir-Management dies nach dem 11. September bewerkstelligen wollte. So unschön die Aktion von Marcel Ospel, Moritz Suter und Lukas Mühlemann war: Auf eine einfachere Art hätte man sich nicht des Schuldenbergs entledigen können.
Marketing-Gage vom BundDie gestern vom Bund gesprochene Finanzspritze macht die Crossair zum grossen Gewinner. Die knapp halbe Milliarde wird sich der Bund dagegen ans Bein streichen müssen, sozusagen als Marketing-Gag für die neue «Schweizer Luftgesellschaft». Die Regierung versucht mit ihrem Crédit-à-fonds-perdus», das Gesicht der Schweiz gegenüber dem internationalen Tourismus zu wahren. Profitieren können nur «Die Drei», also Ospel, Mühlemann und Suter, die da infantil und simpel behaupten, sie hätten alle ein Kommunikationsproblem — mit der Regierung, aber auch untereinander. Eigentlich hätte ja alles anders rauskommen müssen. Aber eben, man ist sich ja gewohnt mit «Hedge-Funds» Milliarden zu verlieren, oder mit russischen Obligationen Milliarden in den Boden zu stampfen. Aber 250 Millionen zur richtigen Zeit an den richtigen Ort zu überweisen, ist offenbar eine äusserst diffizile Sache. Somit waren die zwei Tage, als die Swissair stillstand, oder stillflog, ein kleiner «Fauxpas» der das Management gar nicht wollte. Ospel am Radio: «Es tut mir ja so leid», solche Ausreden werden wir in den nächsten Tagen immer wieder zu hören bekommen. Wie etwa: Wir haben jetzt die Depositenkontos der SAir-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter vor dem Schlund der Konkursmasse gerettet. Oder: Wir tun alles für dieses neue Unternehmen. Die Gemüter in der Bevölkerung werden sich nach all den «Talk-Täglichs», «Clubs» oder «Arenas» wieder beruhigen. Bald wird niemand mehr über den so uneleganten und stillosen, auf Macht- und persönlichen Interessen, basierenden Finanzcoup von unseren zwei Grossbanken und dem Basler Kleinunternehmer reden.
Optimale Voraussetzungen?Wie das ganze rauskommt? Die Luftfahrtsindustrie ist ein ausgesprochen zyklisches Geschäft. Den Boden, das beweist auch die Entwicklung der US-Airline-Aktien, wird die Industrie in den letzten Wochen gefunden haben. Dass ein exogener Schock den Boden noch ein wenig tiefer angesiedelt hat, dafür kann sicherlich niemand was. Das Timing für einen Einstieg bei Crossair haben die Banken sicherlich gut gewählt. Der Auftritt der CEO´s der Grossbanken, aber auch die Weitsicht eines Airline-Profis wie Moritz Suter, der die ganzen Turbulenzen der letzten Tage sicherlich überhaupt nicht voraussehen konnte, hinterlassen aber einen schalen Nachgeschmack. Die Kulturen, die in der neuen Firma aufeinanderprallen, werden wohl durch die drakonische Führungspersönlichkeit Moritz Suters zusammen geschmolzen. Die Geschichte mit den Crossair-Piloten war dafür ein Vorgeschmack. Aber auch die geniale Kapitalstruktur mit einer UBS, die auf 51 Prozent besteht, lässt einen erahnen, was für Diskussionen geführt wurden bis das Ganze stand, und was für Diskussionen im Triumvirat noch geführt werden. Wenn das Ganze gut geht, dann werden sich «Die Drei» vor der Spitze des Zyklus vom Investment wieder verabschieden. Schliesslich werden dann die höchsten Bewertungen bezahlt.
Kommt das IPO?Nun dürfen wir auf weitere Meisterleistungen des neuen Managements gespannt sein. Irgendwann sollte dann noch das IPO der neuen Gesellschaft stattfinden. Vergessen wird bis dann einiges sein. Moritz Suter wird seinen Traumjob haben, Marcel Ospel und Lukas Mühlemann können hoffentlich ihre Bankengewinne noch ein wenig aufpolieren. Auch möglich, dass die Wall-Street die Banker noch bis in den nächsten Frühling in Atem halten wird. Vielleicht ist es gerade das derzeitige Bear-Market-Rally, dass die CEO´s der Grossbanken wieder mehr Mut haben, riskanter zu investieren. Nur das Problem ist, dass es eben nur ein Bear-Market Rally ist. Vielleicht liegen die Risiken viel länger auf den Bücher der Grossbanken, falls die Märkte ein IPO verunmöglichen. Die CSFB kennt das ja. Vielleicht wird der Markt die neuen Investoren genau so schlecht behandeln, wie sie andere behandelt haben. Nichts schmerzt einen Investment Banker mehr als eine fallende Wall-Street.