Kurz vor Bekanntwerden der Krankenkassenprämien 2010 haben die Krankenversicherer am Dienstag ihre Zahlen über die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen publiziert. Sie sind pessimistischer als diejenigen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Aufgrund unterschiedlicher Berechnungsarten spricht das BAG von einer Kostensteigerung von 3,9 Prozent im Jahr 2008, santésuisse hingegen von 5,4 Prozent. Dies entspreche einer Zunahme von «rund 48 Franken pro Sekunde», wie santésuisse-Direktor Stefan Kaufmann vor den Medien sagte.
Immer mehr gehen in Notfallstationen
Für santésuisse ist klar: Hauptverantwortlich für die Kostenexplosion sind die Spitäler. Die ambulanten Behandlungen schlugen 2008 mit einem Wachstum von 12,7 Prozent am stärksten zu Buche. Bei den ambulanten Behandlungen müsse jedoch differenziert werden, sagte santésuisse-Sprecher Felix Schneuwly. Während die Verlagerung von stationären zu ambulanten Spitalbehandlungen wünschenswert sei, gelte es zu verhindern, dass immer mehr Patienten statt eines Hausarztes die Notfallstation der Spitäler konsultieren. Diese Tendenz sei «vor allem im urbanen Raum» und bei Menschen aus anderen Kulturkreisen verbreitet, sagte Schneuwly.
Auch 2009 ein Kostenanstieg
Die Kosten werden auch 2009 weiter steigen. Bereits in den ersten sieben Monaten sind sie laut santésuisse gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr um 4,1 Prozent gestiegen. Der Verband rechnet damit, dass sie über das ganze Jahr gesehen zwischen 3 und 5 Prozent steigen. Besonders gross ist das Wachstum bei den Spitälern und bei der Spitex.
«Die Prämien müssen immer die Kosten decken»
Für die Krankenkassenprämien folgert santésuisse: «Wenn die Kosten steigen, müssen auch die Prämien steigen» und «die Prämien müssen immer die Kosten decken». Auf eine Zahl oder eine Bandbreite festlegen wollten sich die santésuisse-Vertreter am Dienstag nicht.
Prämienanstieg zwischen 10 und 15 Prozent
Der Internetvergleichsdienst Comparis hat im August seine Prognose für 2010 veröffentlicht: Er rechnet damit, dass die Prämien gegenüber dem laufenden Jahr um durchschnittlich 11 Prozent steigen. Ende letzten Jahres hatte santésuisse einen Prämienanstieg um 10 Prozent vorausgesagt; das BAG ging zwischenzeitlich von 15 Prozent aus.
H+: Versicherte sind schuld
Der Spitalverband H+ spielte den Ball umgehend zurück. In einer Mitteilung schreibt H+, die Explosion der Krankenkassenprämien und der Kostenanstieg im Gesundheitswesen seien zwei ganz verschiedene Dinge. «Das Problem des Prämienanstiegs für 2010 liegt bei den Versicherern selbst» und nicht bei den Spitälern, schreibt der Verband. Die Kassen hätten die Prämien 2008 und 2009 zu tief angesetzt. H+ fordert nun, Fehlanreize zu beseitigen. Unter anderem sollen ambulante und stationäre Leistungen gleich bezahlt sein und der Risikoausgleich unter den Versicherern verbessert und schnell eingeführt werden. (awp/mc/pg/34)