Getrieben von einem starken Wachstum in den USA und einer deutlichen Erholung im Europageschäft baute SAP seine Position als Marktführer im Bereich der Anwendungssoftware aus und nahm dabei vor allem Oracle Anteile ab. Die Experten von Citigroup und WestLB erhöhten nach den «eindrucksvollen» Zahlen ihre Einschätzung für die SAP-Aktie. Andere Banken – wie JP Morgan, Merrill Lynch, HVB, LBBW oder LRP – bestätigten ihre optimistische Haltung gegenüber SAP.
Von Schwäche erholt
Das im EuroSTOXX 50 notierte SAP-Papier legte am Donnerstag in der Spitze um 4,76 Prozent auf 121 Euro zu und konnte sich damit von der Schwäche der vergangenen Tage infolge von Spekulationen über ein schwaches Quartal sowie enttäuschenden IBM-Zahlen etwas erholen. LRP-Experte Thomas Hofmann sagte: «Die regelmässig wiederkehrenden Gerüchte über eine bevorstehende Gewinnwarnung haben sich somit wiederum nicht bestätigt. Im Gegenteil, die Walldorfer konnten die Softwareumsätze sehr viel stärker ausweiten als den Gesamtumsatz und sich vor allem in den USA positiv von den Wettbewerbern abheben»
Oracle-Schwäche ausnutzen
JP Morgan-Analyst John Segrich geht zudem davon aus, dass SAP auch in den kommenden Quartalen von der Schwäche Oracles im Anwendungsbereich nach der Ende 2004 abgeschlossenen Übernahme von Peoplesoft profitiert. «Nur die Zukunft wird es zeigen, ob Oracle nach der mehr als zehn Milliarden Dollar teuren Übernahme Peoplesofts ein starker Konkurrent für SAP im Markt für Anwendungssoftware werden kann», schreibt der Experte. Im Augenblick neige sich die Waagschale auf jeden Fall zugunsten SAPs. Segrich setzt sein Kursziel für die SAP-Aktie innerhalb der kommenden zwölf Monate auf 170 Euro – er ist damit unter den SAP-Analysten einer der optimistischsten.
Zweistellig bei Lizenzen
In den ersten drei Monaten konnte SAP beim viel beachteten Lizenzumsatz jedoch selbst seine Prognose mit einem 17-prozentigen Anstieg auf 434 Millionen Euro übertreffen. Segrich hatte beim Lizenzerlös 425 Millionen Euro erwartet. Die Durchschnittsprognose lag bei 409 Millionen Euro. Der Gesamtumsatz legte um elf Prozent 1,73 Milliarden Euro zu. Beim Überschuss verzeichnete SAP ein Plus von elf Prozent auf 254 Millionen Euro zu. «Wir haben Zahlen sprechen lassen und freuen uns über ein weiteres erfolgreiches Quartal», sagte SAP-Chef Henning Kagermann. «Mit diesen Ergebnissen beweist die SAP, wie weit sie sich von anderen Unternehmen in der Softwarebranche abgesetzt hat.
Im Rahmen der Prognosen Der operative Proforma-Gewinn, bei dem die Aufwendungen für Akquisitionen, Aktienvergütungsprogramme sowie Abschreibungen auf den Unternehmenswert nicht enthalten sind, legte trotz der über dem Plan liegenden Neueinstellungen im Rahmen der Analystenprognose zu. In den ersten drei Monaten stellte SAP 1.004 – davon 140 in Deutschland – neue Mitarbeiter ein. Die meisten neuen Stellen wurden im Bereich Forschung und Entwicklung geschaffen – gefolgt vom Vertrieb und Marketing. Nach bisherigen Plänen will das Unternehmen die Mitarbeiterzahl um 3.000 (Ende 2004: 32.205) ausbauen. Kagermann kündigte an, dass es je nach Geschäftslage auch etwas mehr sein könnten.
Potenzial nach oben
Bei dem von SAP am Donnerstag bestätigten Ausblick für 2005 gibt es nach Einschätzung der WestLB nach dem starken ersten Quartal jetzt eher Potenzial nach oben als nach unten. Dabei dürften die Investoren jedoch nicht vergessen, dass die ersten drei Monate des Jahres traditionell das schwächste SAP-Quartal ist. JP Morgan-Experte Segrich geht davon aus, dass SAP den Lizenzumsatz um 13 Prozent anstatt der vom Unternehmen angepeilten Spanne zehn bis zwölf Prozent steigert. Auch der operative Gewinn je Aktie wird mit 5,00 Euro (2004: 4,37 Euro) besser ausfa llen als die Unternehmensprognose, die bei 4,70 bis 4,80 Euro liegt.
SAP-Chef Kagermann: Aus eigener Kraft wachsen
HVB-Analyst Knut Woller sieht nach den besser als erwartet ausgefallenen Zahlen einmal mehr die Wachstumsgeschichte SAPs bestätigt. Der Konzern habe wieder einmal seine Versprechen eingelöst und mit einem beeindruckenden Wachstum beim Lizenzumsatz überzeugt, sagte er. Während andere Unternehmen zukauften, mache SAP das Geschäft, hiess es in der Studie. Deshalb sieht Woller für die SAP-Aktie Potenzial bis zu 160 Euro, obwohl sie vergleichsweise etwas teurer ist als zum Beispiel Oracle ist. Dafür biete SAP die zwingendere Wachstumsgeschichte. SAP-Chef Kagermann betonte bei einer Telefonkonferenz erneut das Interesse an Zukäufen von kleineren und mittleren Unternehmen oder Produkten, wenn der Preis stimmt. «Wir haben jedoch keinen Druck. Anders als unsere Konkurrenz können wir weiter organisch wachsen», sagte er. Erst im März hatte Oracle, die im Anwendungsbereich stark wachsen wollen, die Walldorfer im Kampf um das auf den Einzelhandel spezialisierte US-Softwarehaus Retek überboten. Analysten stuften den dabei von Oracle gezahlten Preis als zu hoch ein.(awp/mc/as)