Sarasin: Erneuerbare Energien bleiben im Trend

Über die aktuellen Turbulenzen und die damit verbundenen verhagelten Geschäftsergebnisse, dürfe aber nicht vergessen werden, dass der langfristige Ausblick für erneuerbare Energien ausgesprochen positiv ist, teilte die Bank Sarasin am Montag im Rahmen ihres aktuellen nachhaltigkeitsberichts mit. Demnach sind erneuerbare Energien ein entscheidender Pfeiler auf dem Weg zu Klimaschutz und Reduktion von Energieimporten. Aktuell kommen die wesentlichen Nachfrageimpulse von den staatlichen Konjunkturpaketen und vom wachsenden Engagement der Stromversorger. Damit können die erneuerbaren Energien sogar kurzfristig zum Profiteur der aktuellen Krise werden.


2008 ein Jahr der Widersprüche
Das Jahr 2008 wird als Jahr der Widersprüche in die Geschichte der «Erneuerbaren» eingehen. Auf der einen Seite gilt es mit der Installation von zusätzlich 40 Gigawatt einen enormen Wachstumsschub zu konstatieren. Erstmals wurde in Europa und den USA mehr Kapazität zur Gewinnung von Energie aus erneuerbaren als aus konventionellen Quellen installiert. Weltweit legte die Photovoltaik um 125% Leistung zu, die Windenergiekapazität um 42%. Trotz dieses Rekordwachstums sind die Börsenkurse der «Erneuerbaren» in derselben Periode massiv eingebrochen. Dies aufgrund einer dramatischen Mischung von Finanzkrise, Rezession, sinkendem Ölpreis und wachsenden Überkapazitäten. Diese Tendenz hat sich im ersten Quartal 2009 noch einmal verschärft: Nebst dem anhaltenden Kurszerfall ist nun auch die Nachfrage nach Sonnen- und Windenergie stark zurückgegangen. In der Folge stehen wir weltweit mitten in einer Phase der Marktkonsolidierung. In der neuen Nachhaltigkeitsstudie der Bank Sarasin & Cie AG mit dem Titel «Erneuerbare Energien: Reinigendes Gewitter vor dem nächsten Sonnenschein» werden das aktuelle Marktumfeld wie auch die Zukunftsaussichten der verschiedenen Technologien, Märkte und Unternehmen im Bereich der «Erneuerbaren Energien» (d.h. Windenergie, Geothermie und Photovoltaik) ausführlich beleuchtet.


Licht am Ende des Tunnels in Sicht
Neben den langfristig intakten Perspektiven sind inzwischen auch einige kurzfristig positive Signale auszumachen. An erster Stelle stehen dabei die global geschnürten Konjunkturpakete mit Investitionsprogrammen für die «Erneuerbaren» im Umfang von USD 180 Mia. Die Frage ist zurzeit noch, wann diese Programme effektiv wirksam werden. Im Moment ist davon auszugehen, dass im laufenden Jahr erst rund USD 40 Mia. tatsächlich ausgegeben werden. Rund USD 75 Mia. dürften 2010 folgen. Weiter wird sich die Rolle der Stromversorger als stabilisierendes Element bei der Nachfrage erweisen. Sie verfügen über die entsprechende Liquidität und können die Finanzierung von erneuerbaren Energieprojekten sichern. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass gerade das Engagement grosser Energieproduzenten wie EDF oder E.ON gewissen Zyklen ebenso unterworfen ist, wie dasjenige der Ölgiganten Shell oder BP und nicht zuletzt von der politischen Diskussion in den einzelnen Ländern geprägt wird. 


Aus Verkäufer- wird Käufermarkt
Aus dem Verkäufermarkt ist in den letzten Monaten ein Käufermarkt geworden. Dies führt zu überdurchschnittlichen Preissenkungen bei erneuerbaren Energiesystemen. Technologien wie Kleinwasserkraftwerke, Windenergie und Geothermie können dadurch schon bald Netzparität erreichen. Aber auch die bisher sehr teure Photovoltaik hat ihre Gestehungskosten im genannten Zeitraum um 20-30% senken können.


Der Fluch der guten Tat
So positiv die kurzfristigen Auswirkungen der staatlichen Konjunkturpakte im Bereich der erneuerbaren Energien zu bewerten sind, so ist damit doch die Gefahr verbunden, dass notwendige strukturelle Anpassungsprozesse verzögert werden. Auch gilt es Fragezeichen zu setzen, was die Relation von Kosten und Nutzen angeht, insbesondere auch hinsichtlich der Erhaltung und Schaffung von heimischen Arbeitsplätzen. Hier wird es definitiv regionale Verschiebungen geben, indem eine Verlagerung der Produktion von Komponenten für erneuerbare Energien nach China und in die USA erfolgt. Eine derartige Verschiebung mag aus nationaler Sicht Fragen aufwerfen und möglicherweise zu einer politisch motivierten Reduktion der entsprechenden Förderprogramme in Europa führen. Diese Entwicklung wird aber das globale Wachstum der «Erneuerbaren» nicht aufhalten können.


Effektiver Tatbeweis
Für die langfristige Perspektive der «Erneuerbaren» ist jedoch entscheidend, dass die mit einem konsequenten Vorantreiben von erneuerbaren Energieprojekten verbundenen technischen Fragen im Zusammenhang mit Verfügbarkeit und Integration in das bestehende Stromnetz lösbar sind. Dies zeigen nicht nur verschiedene Studien eindeutig auf, sondern der heute schon hohe Anteil an Sonnen- und Windenergie in Ländern wie Dänemark, Deutschland oder Spanien liefert auch den effektiven Tatbeweis.


Unberechtigte Kritik
In der Diskussion um die Zukunftsperspektiven der erneuerbaren Energien erfreuen sich einige kritische Argumente, obwohl falsch, einer erstaunlichen Langlebigkeit. So heisst es immer wieder, dass die für Herstellung von Photovoltaikanlagen notwenige Energie grösser sei als die von einer derartigen Anlage je erzeugte Energie. Tatsächlich konnte aber die sogenannte Energierückzahldauer aufgrund der markanten technischen Fortschritte deutlich gesenkt werden und liegt heute bei noch knapp zwei Jahren. Danach produziert eine Photovoltaikanlage noch während 20 bis 25 Jahren Strom. Bei den Windturbinen ist die Energierückzahldauer sogar auf 7 Monate verkürzt worden. In den weiteren rund 20 Jahren Betriebszeit liefert eine Windturbine also noch 35 Mal mehr Energie als zur Herstellung der Anlage notwendig war. 


Argumente der Kritiker relativiert
Ein weiteres Argument der Kritiker betrifft die Verfügbarkeit erneuerbarer Energie; etwa die Abhängigkeit von meteorologischen Einflüssen. Aber allein die Tatsache, dass heute in der EU schon gegen 100 Gigawatt Leistung in Speicherseen zur Überbrückung von windschwachen oder bewölkten Stunden zur Verfügung stehen, relativiert den Einwand. Und gerade die Schweiz besitzt einen vergleichsweise hohen Anteil an Pumpspeicherseen. Dies eröffnet auch den Stromerzeugern interessante Geschäftsopportunitäten. Auf absehbare Zeit ergeben sich zudem aus einer immer besseren Vernetzung verschiedener Energieerzeuger – Stichwort «Smart Grids» ? überzeugende Perspektiven, wie das deutsche Projekt mit dem Titel «Regeneratives Kombikraftwerk», bei dem 36 Wind- Solar-, Biogas- und Wasserkraftwerke zu einem computergesteuerten Netzwerk zusammengefasst worden sind, nachweisen konnte.


Langfristige Perspektiven intakt
Unbesehen der gegenwärtigen Turbulenzen, welche sich in den Unternehmensergebnissen 2009 niederschlagen werden, bleiben die langfristigen Perspektiven für die einzelnen erneuerbaren Technologien intakt. Schon die Prognosen für das kommende Jahr sind angesichts eines anhaltenden Marktwachstums positiv zu beurteilen. Diese positive Beurteilung gilt auch im Vergleich zu den konventionellen Energieträgern. Dazu tragen nicht zuletzt die starken Preissenkungen der letzten Monate bei, welche die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien deutlich erhöht haben. Damit verbunden ist eine weitere Reduktion der CO2-Emissionen und der Abhängigkeit von Öl und Gas. Der Megatrend hin zu erneuerbaren Energien bleibt also allen aktuellen Turbulenzen zum Trotz ungebrochen. Dieser Megatrend dürfte auch von der internationalen Politik getragen werden. Ein erster wesentlicher Punkt ist dabei die im Januar 2009 beschlossene Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), welche gegenüber Industrie- und Entwicklungsländern als Berater auftritt und zugleich als eigentliches Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien und deren Finanzierung wirken wird.


Erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls läuft aus
2012 endet die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls. An der kommenden Klimakonferenz im Dezember 2009 in Kopenhagen soll ein verbindlicher Fahrplan zur Reduktion von CO2-Emissionen verabschiedet werden. Erstmals besteht dabei die berechtigte Aussicht, dass es gelingen wird, auch die USA in einen derartigen Prozess einzubinden, was wiederum nicht ohne Wirkung auf Länder wie China oder Indien bleiben wird. Damit wird auch politisch die Voraussetzung für eine nachhaltig positive Entwicklung geschaffen. (sarasin/mc/ps)

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