Die Einigung macht zugleich den Weg frei zu einem Runden Tisch, der den Konflikt deeskalieren soll.
Positives Zeichen
Die Gewerkschaften reagierten in einer ersten Stellungnahme positiv auf das Angebot der SBB. Unia-Sekretär Matteo Pronzini sprach von einem positiven Zeichen, allerdings gelte es zuerst das Angebot in all seinen Facetten zu analysieren. Ob der Streik in Bellinzona beendet wird, entscheiden die 430 Angestellten der SBB-Industriewerke am Donnerstagmorgen. Auch der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonal-Verband (SEV) reagierte positiv auf die Ergebnisse des Gesprächs von Bundesrat Moritz Leuenberger mit Tessiner und Bündner Regierungsvertretern sowie der SBB-Spitze. SEV-Mediensprecher Peter Moor sprach von einem «ersten Schritt in die richtige Richtung». Wichtig für den SEV ist indes, dass die Restrukturierungspläne nicht nur in Bellinzona aufgegeben werden, sondern an allen betroffenen Standorten.
Weg für Runden Tisch soll geebnet werden
Die Einigung zwischen Arbeitnehmern und der SBB-Spitze soll den Weg frei machen für einen Runden Tisch, an dem sich der Bund, das Tessin, die SBB-Spitze und die Arbeitnehmenden der SBB Cargo beteiligen sollen. Dort will SBB-Chef Meyer die Zahlen, die zum Entschluss geführt haben, offen darlegen. Leuenberger möchte mit dieser Massnahme eine Deeskalation erreichen – zu einem Zeitpunkt, in dem die Stimmung «sehr, sehr angeheizt» sei. Gehe es so weiter, stünden am Ende alle als Verlierer da.
«Ein kühler Kopf und ein warmes Herz»
Auch SBB-Chef Meyer möchte zurück auf den Weg des Dialogs. «Ein kühler Kopf und ein warmes Herz» sei nötig bei den Verhandlungen. Für ihn sei klar, dass Verhandlungen nur dann stattfinden könnten, wenn auch die Arbeitnehmenden involviert seien. Die SBB stünden allerdings infolge des Streiks unter Druck. Sie seien den Kunden verpflichtet, Ersatzteile und Revisionen weiterhin durchführen zu können. Halte der Streik an, sei die SBB gezwungen «sich nach Alternativen umzusehen». Darum sei es so wichtig, dass der Streik ende. Was die Länge der Suspendierung der Abbaumassnahmen angeht, sprach Meyer von etwa zwei Monaten – unter Voraussetzung, dass der Streik zu Ende geht.
In Bellinzona Investitionen von 50 Mio. Franken nötig
Wie angespannt die Lage ist, zeigte sich bei Meyers Begründung, wieso die SBB Cargo Arbeitsplätze von Bellinzona nach Yverdon VD verlege. Meyer sprach von nötigen Investionen in der Höhe von 50 Millionen, um das Werk langfristig zu modernisieren. Ein Betrag der weit über demjenigen von Yverdon liege. Staatsrat Marco Borradori zweifelte an dieser Zahl und sprach von weniger als 10 Millionen die nötig seien. Die Tessiner Regierungspräsidentin Patrizia Pesenti begrüsste vor den Medien in Bern den geplanten Runden Tisch. Sie unterstrich allerdings auch, dass sie weiterhin die Aufhebung der Umstrukturierung in Bellinzona fordere. Vom Runden Tisch erwarte sie Ergebnisse, welche dem Tessin etwas brächten. «Wir müssen der Tessiner Bevölkerung etwas anbieten. Worte sind zu wenig», sagte sie.
Solidaritätsaktion in Call Center in Freiburg
Während die Belegschaft in Bellinzona noch immer streikt, haben am Mittwoch die Arbeitnehmenden des Call Centers in Freiburg für eine Stunde die Arbeit niedergelegt. Sie protestierten damit gegen die geplante Streichung von 165 Arbeitsstellen. An der Niederlegung beteiligten sich laut SEV 90 Prozent der Belegschaft. Die Abbaupläne der SBB Cargo gibt auch im Nationalrat zu reden. Nächste Woche wird eine von SVP und CVP Dringlichkeitsdebatte stattfinden. (awp/mc/pg)