Zwischen Zürich und Bern führte der «Neubaustrecken-Effekt» gar zu einem Anstieg um elf Prozent. Stabilität und Pünktlichkeit des neuen Fahrplans sind hoch. Auch das Problem einzelner übervoller Züge zur Stosszeit konnte in der Mehrzahl der Fälle gelöst werden. Bei ein paar Zügen allerdings ist eine Lösung nicht möglich. Neu offeriert die SBB Reisenden im Fernverkehr bei erheblichen Verspätungen einen RailCheck «Sorry».
Reisende schätzen Angebot
Am 12. Dezember 2004 nahm die Schweiz den neuen Fahrplan für Bahn 2000 in Betrieb. Mit zwölf Prozent mehr Zügen und 14 Prozent mehr Zugkilometern baute die SBB das Bahnangebot deutlich aus. Auf über der Hälfte der Verbindungen im SBB-Fernverkehr verkürzten sich die Reisezeiten um mindestens fünf Minuten, knapp dreissig Prozent der Fernverkehrsverbindungen wurden dank der Neubaustrecke zwischen Mattstetten und Rothrist gar um mindestens eine Viertelstunde schneller. Gleichzeitig brachte der neue Fahrplan eine Ausweitung des Halbstundentaktes und eine Verdichtung und Optimierung des Angebotes auch im Regionalverkehr. Was sich bereits kurz nach dem Start im Dezember abzeichnete, bestätigt sich auch nach einem halben Jahr: Die Reisenden schätzen das neue Angebot und nutzen es auch. Der Aufwärtstrend bei den Frequenzen im Fernverkehr hat sich in den letzten Monaten weiter gefestigt. Die SBB verzeichnet eine Zunahme der Zahl der Reisenden im Fernverkehr um 7,5 Prozent. Vor dem Fahrplanwechsel lagen die Wachstumsraten zwischen zwei und vier Prozent.
«Neubaustrecken- Effekt»
Noch deutlicher stieg die Zahl der Bahnreisenden zwischen Zürich und Bern. Hier beobachtete die SBB eine Zunahme um elf Prozent. Paul Blumenthal, Leiter des Personenverkehrs SBB, sprach heute in Bern vor den Medien vom «Neubaustrecken- Effekt», der hier zu Ausdruck komme. Generell stellte die SBB fest, dass die Zahl der Reisenden auf jenen Linien, die von den Fahrplanverbesserungen mehr profitierten, überdurchschnittlich anstieg. Dort hingegen, wo der neue Fahrplan keine Angebotsverbesserungen brachte, bewegten sich die Frequenzen deutlich weniger. Damit ist klar: Wer vom neuen Fahrplan profitiert, fährt mehr Zug.
Die Kundenzufriedenheit nahm zu
Der Erfolg des verbesserten Fahrplanangebotes zeigt sich auch in der Zufriedenheit der Kundinnen und Kunden. Die SBB erhebt die Kundenzufriedenheit im Rahmen einer repräsentativen Befragung kontinuierlich. Laut Blumenthal nahm die allgemeine Kundenzufriedenheit im ersten Quartal 2005 sowohl bei den Berufspendlern wie auch bei den Freizeitreisenden zu. Weniger zufrieden waren die Kundinnen und Kunden allerdings mit dem Sitzplatzangebot sowie mit der Kundeninformation bei Betriebsstörungen. Namentlich in den ersten Tagen und Wochen des neuen Fahrplans beklagten die Reisenden zu den Stosszeiten auf einzelnen Strecken überfüllte Züge und das Fehlen von genügend Sitzplätzen. Die SBB analysierte jeden einzelnen der betreffenden Züge. Wo es möglich war, wurden die stark belegten Züge verstärkt, indem etwa leistungsfähigeres Rollmaterial oder Zusatzwagen eingesetzt wurden. In 24 von 36 Fällen im Fernverkehr und in 20 von 35 Fällen im Regionalverkehr konnten Lösungen gefunden werden.
Rasch auf Veränderungen reagieren
Gleichzeitig entspannte sich die Lage dadurch, dass sich viele Pendlerinnen und Pendler nach einer ersten Orientierungszeit auf den neuen Fahrplan einstellten und sich für «ihren» geeigneten Zug entschieden, wodurch sich die ungleiche Auslastung einzelner Züge teilweise korrigierte. «Das Verhalten der Kundinnen und Kunden war vor dem Fahrplanwechsel die grosse Unbekannte», sagte Blumenthal: «Wir wussten nicht, wer sich für welchen Zug entscheiden würde.» Das habe sich inzwischen geklärt. Die SBB will aber – so Blumenthal – «weiterhin alle Züge genau beobachten, damit wir auf Veränderungen rasch reagieren können».
Hohe Pünktlichkeit
Trotz Angebotsausbau und dichterem Zugverkehr erwies sich der neue Fahrplan in den ersten sechs Monaten als stabil. Die Pünktlichkeit der Züge ist in der Regel hoch und liegt über den Vorjahreswerten. Die SBB misst die Pünktlichkeit der Züge gemäss internationalem Standard: Ziel der SBB ist es, dass mindestens 95 Prozent der Züge mit einer Fahrplanabweichung von weniger als fünf Minuten verkehren. Wie Felix Loeffel, Leiter Trassenmanagement der SBB, vor den Medien ausführte, lagen die entsprechenden Pünktlichkeitswerte in den ersten fünf Monaten 2005 immer über dieser Zielvorgabe. Im April erreichte die Pünktlichkeit den international rekordverdächtigen Wert von 96,99 Prozent. Im Mai lag die Pünktlichkeit bei 96,84 Prozent. Neben der Pünktlichkeit ist laut Loeffel auch die Zahl der Zugsausfälle ein wichtiger Indikator für die Qualität des Bahnangebotes. Im Januar 2005 registrierte die SBB insgesamt rund 800 ausgefallene Züge. Das entspricht einem Anteil von 0,3 Prozent aller Züge. Seither verbesserte sich der Wert deutlich: Im Mai lag die Zahl der ausgefallenen Züge noch bei rund 400 Zügen.
Reaktion bei Ausfällen
Bei Zugsausfällen setzt die SBB nach Möglichkeit sogenannte «Dispozüge» ein. Diese Ersatzeinsatzzüge stehen in Lausanne, Bern, Olten und Zürich auf Pikett bereit. In diesem Jahr wurden jeden Monat zwischen 100 und 200 Dispozüge eingesetzt, um die von Zugsausfällen betroffenen Reisenden möglichst rasch ans Ziel zu bringen. «Der Fahrplan für Bahn 2000 läuft stabil», sagte Loeffel vor den Medien. «Jetzt werden Verbesserungen in vielen kleinen, unspektakulären Schritten umgesetzt, um das Fahrplangefüge weiter zu verbessern und noch weiter zu stabilisieren.»
Neuer Railcheck «Sorry» bei Verspätungen
Nachdem sich die SBB bereits heute mit einem gut funktionierenden Kundenbetreuungs- und Kulanzsystem darum bemühte, die Auswirkungen von Verspätungen für die Kundinnen und Kunden möglichst zu minimieren, geht sie jetzt noch einen Schritt weiter. Ab sofort bietet die SBB für ihre Kundinnen und Kunden im Fernverkehr eine «Geld-Zurück-Lösung» an: Verspätet sich ein Fernverkehrszug um eine Stunde und mehr, erhalten die Reisenden vom Zugpersonal einen RailCheck «Sorry». Für ein Billett der 1. Klasse wird ein 15-Franken-Gutschein, für ein Billett der 2. Klasse ein 10- Franken-Gutschein ausgestellt. Die RailChecks «Sorry» können am SBB-Schalter und beim Bahncatering-Unternehmen «elvetino» an Zahlung gegeben werden. Ein Umtausch in Bargeld ist nicht möglich. (mc/as)