Schäuble: Steuerdaten werden gekauft – Bundesrat berät am Mittwoch
Der Fall sei rechtlich ähnlich gelagert wie die Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten vor zwei Jahren, bekräftigte er seine Position vom Montag. «Wir konnten deshalb gar nicht anders entscheiden.»
Merz will noch am Dienstag mit Schäuble telefonieren
Bundesrat Hans-Rudolf Merz werde noch am Dienstag mit Schäuble telefonieren, sagte Roland Meier, Sprecher des Eidgenössischen Finanzdepartements, auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Einzelheiten nannte er nicht. Die Angelegenheit werde an der Bundesratssitzung vom Mittwoch sicher ein Thema sein.
Burkhalter: DBA Schlüssel zu Beilegung des Konflikts
Bundesrat Didier Burkhalter äusserte sich zur Sache am Dienstag am Rande einer Medienkonferenz zu seinen drei ersten Monaten im Amt. Der Konflikt mit Deutschland – dem wichtigsten Wirtschaftspartner der Schweiz – müsse so rasch als möglich beigelegt werden. Schlüssel dazu sei das neue Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), in dem die Schweiz sich verpflichtet, bei Steuerhinterziehung Amtshilfe zu leisten, sagte Burkhalter. Wegen der Steueraffäre dürften die Verhandlungen über ein neues DBA mit Deutschland nicht abgebrochen werden.
Keine Amtshilfe
Der Bundesrat hat bereits angekündigt, den deutschen Behörden im konkreten Fall keine Amtshilfe zu leisten. Das deutsche Finanzministerium betonte, die Gespräche mit der Schweiz liefen im Rahmen des DBA weiter.
Parlamentsdelegation will Aussprache
Die Absicht Deutschlands, die gestohlenen Bankkundendaten für die Suche nach Steuersündern zu kaufen, hat die Parlamentsdelegation für die Beziehungen zum Bundestag auf den Plan gerufen. Ihr Präsident, Ständerat Maximilian Reimann (SVP/AG), will eine Aussprache führen. Ein Treffen mit Vertretern des deutschen Parlaments solle möglichst bald, noch in der ersten Jahreshälfte und in Deutschland stattfinden, sagte Reimann am Dienstag gegenüber Schweizer Radio DRS. «Diese Hehlerei von Seiten Deutschlands beschäftigt uns.» Der Bundestagsabgeordnete Thomas Dörflinger aus Baden-Württemberg erklärte auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA, die deutsch-schweizerische Parlamentariergruppe des Bundestags sei zu einem Treffen bereit. Sie sei allerdings erst im Aufbau begriffen.
Besorgte Privatkunden
Wie die Deutsche Presse-Agentur dpa aus Frankfurter Bankenkreisen erfuhr, gehen bei den deutschen Niederlassungen von Schweizer Grossbanken seit dem Wochenende viele Anrufe beunruhigter Privatkunden ein. Sie wollten sich absichern, dass ihre Geschäfte in der Schweiz steuerlich einwandfrei seien.
CS und UBS haben keine Hinweise auf Datenleck
Die Herkunft der Daten liegt weiterhin im Dunklen. Die Grossbank Credit Suisse hat nach Angaben eines Sprechers keine Hinweise auf ein Datenleck. Es lägen keine Informationen über einen Datendiebstahl vor, erklärte auch ein Sprecher der UBS.
Gegen neuesten Datendieb läuft noch kein Strafverfahren
Ob der neueste Fall von Datenklau möglicherweise etwas mit der Bank HSBC in Genf zu tun hat, bleibt unklar. Der Bundesanwaltschaft (BA) lagen am Dienstag keine entsprechenden Anhaltspunkte vor, wie BA-Sprecherin Jeannette Balmer auf Anfrage sagte. Die BA habe aus den Medien von den gestohlenen Bankdaten deutscher Kunden erfahren, hielt Balmer fest. Über einen mutmasslichen Täter konnte sie keine Auskunft geben. Klar war am Dienstag einzig, dass aus Mangel an Anhaltspunkten noch kein Strafverfahren eröffnet wurde.
Rechtsexperte hat keine Bedenken
Der deutsche Strafrechtsprofessor Kai Ambos hat keine Bedenken gegen den Ankauf der gestohlenen Steuersünder-Daten. «Der Staat hat den Diebstahl nicht in Auftrag gegeben und der Täter ist kein Amtsträger – damit ist die Erhebung der Daten aus staatlicher Sicht völlig unproblematisch», sagte Ambos zur dpa.
Mehrheit der Deutschen für Datenkauf
Eine Mehrheit der Deutschen unterstützt den Ankauf der Bankdaten. 57 Prozent von 1000 Befragten sprachen sich in einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Magazins «Stern» dafür aus. (mc/awp/pg/10)