Schäuble weitet Verbot riskanter Börsenwetten aus
Hoch spekulativen Wetten von Investoren auf fallende Kurse wird damit ein weiterer Riegel vorgeschoben. Übertreibungen und ein Missbrauch sollen verhindert werden, verteidigte Schäuble die Pläne. Berlin prescht erneut mit einer nationalen Regelung vor. Ziel ist dabei auch, die Debatte in Europa zu beschleunigen. Die EU-Kommission will ihre Vorschläge zu Leerverkäufen erst im Oktober vorlegen.
Frankreich will ebenfalls schnelle Regelung
Auch Frankreich drängt Brüssel zu einer raschen Regelung. «Bei diesem Thema wünsche ich mir, dass die EU-Kommission schneller vorgeht, weil wir unsere Haltungen auf europäischer Ebene abstimmen müssen», sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde in Paris.
Nationale Regelung sinnlos?
Kritiker monieren, dass nationale Regeln angesichts weltweiter Geldströme sinnlos seien. Am Ende könnte der Finanzplatz Deutschland geschwächt werden, weil Investoren wegen der Verbote noch mehr Geschäfte in Grossbritannien, USA, Asien und der Schweiz abwickeln. Schäuble begründete den Vorstoss damit, dass «ungedeckte Leerverkäufe» in der Krise «in einem nicht mehr beherrschbaren Masse» von Investoren genutzt worden, um Marktentwicklungen zu beeinflussen. Dies sei wie im Fussball ein Wettskandal: «Deshalb verbieten wir sie.»
Krise verschärft
Bei «Leerverkäufen» verkaufen Profi-Anleger wie Hedge-Fonds Aktien – in der Hoffnung, sie später zu einem niedrigeren Kurs zurückzukaufen und so Gewinne einzustreichen. Bei «gedeckten Leerverkäufen» leihen sich Investoren die zu verkaufenden Aktien. Bei «ungedeckten Leerverkäufen» spekulieren sie mit Aktien, ohne sie ausgeliehen zu haben. Solche Geschäfte hatten auf dem Höhepunkt der Krise die Turbulenzen noch verschärft.
Verbot von ungedeckten Leerverkäufen für grösste deutsche Finanzkonzerne
Mitte Mai hatte die Aufsicht BaFin «ungedeckte Leerverkäufe» mit Aktien der zehn grössten deutschen Finanzkonzerne verboten. Betroffen waren auch Kreditausfallversicherungen auf Euro-Staatsanleihen. Der Alleingang belastete zeitweise weltweit die Aktienmärkte. Zur Kritik sagte Schäuble: «Den Vorwurf, wir würden hier Alleingänge machen, würde ich doch aus meiner Sicht als unbegründet widerlegen.» Nationale Initiativen trieben europäische Regeln voran.
Ziel sei, das deutsche Gesetz noch vor der Sommerpause endgültig zu verabschieden. Das Ministerium hat damit auch Spielraum, per Rechtsverordnung flexibel zu reagieren und Ausnahmen zuzulassen.
Ratingagenturen sollen beaufsichtigt werden
Rating-Agenturen, die die Kreditwürdigkeit von wie Staaten und Unternehmen bewerten, sollen künftig auf EU-Ebene beaufsichtigt und reguliert werden. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier plädiert in einem Gesetzesvorschlag dafür, die Zuständigkeiten bei der neuen EU- Aufsichtsbehörde für den Wertpapiersektor zu bündeln.
Frankreich bringt Kreditversicherer ins Gespräch
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) begrüsste die Vorschläge. Sie gingen in die richtige Richtung. Es müsse echter Wettbewerb zwischen den Agenturen entstehen. Wichtig sei, dass es künftig ein unabhängiges europäisches Rating gibt, forderte Brüderle. Auf der Suche nach einer europäischen Alternative zu den umstrittenen Ratingagenturen brachte Frankreichs Zentralbankchef Christian Noyer Kreditversicherer ins Gespräch. Firmen wie Euler- Hermes und Coface hätten entsprechendes Wissen und Erfahrung.
Im Europäischen Parlament zeichnet sich Zustimmung für schärfere Regeln für den Derivatemarkt ab. Barnier will im Juli einen Gesetzesvorschlag für Derivate auf den Tisch legen. (awp/mc/ps/14)