Schutz vor Passivrauchen: Nationalrat bleibt auf der Linie von Gastrosuisse

Mit 98 zu 75 Stimmen folgte der Nationalrat am Mittwoch nämlich dem Antrag einer Kommissionsminderheit, strengere Vorschriften der Kantone über das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen zu stellen. Den Ausschlag gaben die CVP und einige Vertreter der FDP, die mit der Linken stimmte. Im Lichte der Entwicklung der vergangenen Jahre ist das Gesetz damit Makulatur. Alle Kantone, die bisher ein Rauchverbot in Restaurants kennen, haben nämlich strengere Regeln erlassen, als sie das Parlament auf Bundesebene einführen will.


Differenz zwischen Räten
Die Räte sind sich allerdings noch nicht einig, wie weit sie dabei gehen wollen. Der Ständerat hatte im vergangenen März beschlossen, dass grundsätzlich nur noch in unbedienten Fumoirs geraucht werden darf. Der Nationalrat dagegen hielt am Mittwoch mit 94 zu 86 Stimmen daran fest, dass auch Raucherlokale zulässig sein sollen, wenn das Einrichten von Fumoirs nicht zumutbar ist. In der Diskussion fochten sowohl Verfechter der persönlichen Freiheit wie auch Hüter der öffentlichen Gesundheit teils mit harten Bandagen.


Gastrosuisse der Lüge bezichtigt
Der Genfer Arzt Jean-Charles Rielle (SP) etwa bezichtigte die Tabakindustrie und in ihrem Schlepptau Gastrosuisse der Lüge. Es sei ein Mythos, dass Restaurants mit Umsatzeinbussen zu rechnen hätten, sagte er. Dies bewiesen die Erfahrungen im benachbarten Ausland und in jenen Kantonen, die Rauchverbote bereits umgesetzt hätten. Unterstützung erhielt er von Gesundheitsminister Pascal Couchepin: Es werde etwas verteidigt, was längst verloren sei, sagte er. Die Mehrheit der Bevölkerung teile diese «Raucherromantik» nicht mehr. Es gehe auch nicht an, im Interesse einiger Wirtschaftszweige an alten Gebräuchen feszuhalten.


«Liberale Lösung ohne Hexenjagd»
Es könne doch nicht sein, dass kleine Beizen schliessen müssten, weil es nicht mehr erlaubt sei, «einen Jass zu kopfen und dazu zu rauchen», sagte dagegen Marianne Kleiner (FDP/AR). Beizen seien auch Treffpunkte, von welchen man ein Drittel der Bevölkerung ausschliessen würde. Roland Borer (SVP/SO) setzte sich ein für eine «liberale Lösung ohne Hexenjagd auf Raucherinnen und Raucher». Etwas mehr echauffierte sich sein Parteikollege Christian Miesch (BL), dem nach eigenem Bekunden nicht vom Rauch schlecht wurde, sondern von dem, was Couchepin unter dem Deckmantel der Gesundheitsförderung betreibe.


Einwilligung der Arbeitnehmenden vorausgesetzt
Ungewiss ist, ob sein Einsatz, das Lobbying von Gastrosuisse oder andere Argumente den Ausschlag zu Gunsten von Raucherlokalen gaben. Zusammen mit diesem Entscheid führte der Nationalrat zudem die Bestimmung ein, wonach in Raucherrestaurants Arbeitnehmende nur mit deren Einwilligung im Arbeitsvertrag beschäftigt werden dürfen. Wer wirklich Arbeit brauche, werde in einem Raucherlokal arbeiten, auch wenn dies seiner Gesundheit nicht zuträglich sei, hatte Couchepin gewarnt. Ihm hielt Gewerbeverbands-Präsident Edi Engelberger (FDP/NW) entgegen, dass jeder eine Stelle finde, der in einem Nichtraucherbetrieb arbeiten wolle. (awp/mc/ps)

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