Jean-Daniel Gerber, Direktor des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO), hatte Anfang April mit einer symbolischen Geste der OECD die Gelder verweigert, welche die Organisation der wichtigsten Industriestaaten für die Förderung der Zusammenarbeit mit der G-20 beantragt hat. Der Betrag bleibe blockiert, bis die OECD zusichere, dass die Schweiz als zahlendes Mitglied der Organisation bei wichtigen Entscheiden vorab informiert werde, sagte SECO-Sprecherin Rita Baldegger am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Der Schock sass tief
Stein des Anstosses war, dass die OECD im Frühjahr eine «graue Liste» mit jenen Ländern publiziert hatte, die bei der Verfolgung von Steuerhinterziehung als unkooperativ gebrandmarkt wurden. Die Schweiz war darüber nicht vorgängig informiert worden. Der Schock sass tief. Das Vertrauen war dahin und ist bis heute nicht wieder hergestellt. Die Schweiz schaut der OECD seither genau auf die Finger. Bundesrätin Doris Leuthard hatte ihrerseits von der OECD eine Liste säumiger Zahler verlangt, die dem Vernehmen nach bis heute in der gewünschten Form nicht vorliegt.
Aufs Gaspedal getreten
Kräftig aufs Gaspedal tritt die Schweiz derweil bei der Anpassung von Doppelbesteuerungsakommen (DBA) mit insgesamt 23 Ländern. Der Bundesrat will bis Ende Jahr zwölf revidierte DBA unterzeichnen. Die Schweiz verpflichtet sich darin, Amtshilfe nicht nur bei Steuerbetrug, sondern auch bei Steuerhinterziehung zu leisten. Das ist eine Bedingung der wichtigsten Industriestaaten, um die Schweiz von der «grauen Liste» zu streichen. Bereits paraphiert hat die Schweiz den Steuervertrag mit Dänemark sowie einem weiteren Land. Dem Vernehmen nach handelt es sich dabei um Luxemburg.
Aktuelle Verhandlungen
Aktuell verhandelt die Schweiz DBA-Anpassungen mit den USA, Japan und Polen. Im Gespräch ist sie ferner mit Argentinien, Belgien, Brasilien, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien, wie Beat Furrer, Sprecher der Eidg. Steuerverwaltung, sagte. Hinzu kommen Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate, zwei Länder, die Bundespräsident Merz in den letzten Tagen besucht hat. Macht total 13 Länder. Furrer schliesst nicht aus, dass Gespräche mit weiteren Ländern allenfalls rasch vorankommen.
Lediglich eine Schwelle
Die OECD macht derweil klar, dass die Industrieländer sich nicht mit der Unterzeichnung von zwölf Steuerabkommen zufrieden geben. Dies sei lediglich eine Schwelle, die zeige, dass es den Staaten ernst sei mit der Umsetzung der international vereinbarten Standards, sagte OECD-Sprecher Nicholas Bray auf Anfrage. Bundespräsident Merz wird am 23. Juni am informellen OECD-Treffen zum Thema Steueroasen in Berlin teilnehmen. Dabei gehe es dem Finanzminister vor allem darum, den Puls zu fühlen und die Position der Schweiz am Verhandlungstisch zu verteidigen, sagte Delphine Jaccard, Sprecherin des Eidg. Finanzdepartements. (awp/mc/gh/34)