Schweiz liefert Berlusconi-Papiere

Mehr als 150 Millionen Franken auf Bankkonten in der Schweiz bleiben gesperrt. Bei den veröffentlichten Urteilen des Bundesgerichtshandelt es sich nach Mitteilung der Bundesanwaltschaft um die letzten Beschwerden gegen eine Schlussverfügung in einem umfangreichen Rechtshilfeverfahren. Konkret geht es um die Unterlagen von Konti, die seit Oktober 2005 auf Begehren der Mailänder Staatsanwaltschaft vorsorglich gesperrt worden waren. Das Bundesgericht wies nun Beschwerden gegen die Herausgabe der Bankakten an die Mailänder Staatsanwaltschaft ab und bestätigte zugleich die Kontensperre.


Fiktive oder überbezahlte Film- und Fernsehrechte
Es geht um den Verdacht der Mailänder Justiz auf einen Handel mit fiktiven beziehungsweise überbezahlten Film- und Fernsehrechten des Mediaset/Fininvest-Konglomerats, bei dem riesige Summen über Schweizer Bankkonten geflossen sein sollen. Die Mediengruppe des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten soll ein komplexes Netzwerk von Off-shore-Gesellschaften gegründet haben, um die Transaktionen zu verschleiern. Der Verdacht lautet auf Veruntreuung, Steuerbetrug, Bilanzfälschung, Hehlerei und Geldwäscherei. Seit 2002 ist die Bundesanwaltschaft in dieser Affäre auf mehr als 20 Rechtshilfegesuche eingetreten. Die Anwälte des Berlusconi-Konzerns versuchten, die Rechtshilfeleistung mit einem Rekurs-Feuerwerk zu verhindern, sind aber beim Bundesgericht stets abgeblitzt.


Viele Verfahren wegen Verjährung eingestellt
Die Beschwerdeführer machten im jüngsten Fall in Lausanne vergeblich geltend, dass eine Reihe von Strafverfahren gegen Berlusconi in Mailand eingestellt worden sei, unter anderem wegen Verjährung. So lange der ersuchende Staat das Rechtshilfegesuch nicht explizit zurückziehe, spiele das keine Rolle, erklärte das Bundesgericht. Für andere Tatbestände und Zeiträume seien die Ermittlungen zudem noch nicht abgeschlossen. Ins Leere stiess auch das Argument der Beschwerdeführer, Hongkong, die USA und Irland hätten die Rechtshilfeleistung wegen Mängeln im italienischen Verfahren eingestellt. Im Falle der Kontensperre befand das Bundesgericht, dass die Dauer der Sperre nicht gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit verstosse. Die italienischen Behörden müssten aber nach Verfahrensabschluss umgehend darlegen, bei welchem Teil der Vermögenswerte es sich um deliktisch erworbene Gelder handle, damit andere Gelder allenfalls freigegeben werden könnten.


Neues Rechtshilfegesuch
Für eine Aushändigung der blockierten Vermögenswerte muss Italien ein neues Rechtshilfegesuch stellen; in der Regel ist die Rückführung nur auf Grund eines rechtskräftigen Einziehungsentscheids im ersuchenden Staat möglich. Die Bundesanwaltschaft hat in dieser Angelegenheit aber auch ein eigenes Verfahren wegen Verdachts auf Geldwäscherei eingeleitet. Es ist nach Auskunft von BA-Sprecherin Jeannette Balmer nach wie vor im Gang.


Schweiz seit einem Jahrzehnt involviert
Die Schweiz war auch neben dem jetzt abgeschlossenen Komplex seit mehr als einem Jahrzehnt mit den Problemen Berlusconis mit der italienischen Justiz konfrontiert. Es ging um Rechtshilfegesuche der Mailänder Staatsanwaltschaft in zahlreichen Verfahren wegen Korruption, Bilanzfälschung, ungetreuer Geschäftsführung, Steuerbetrug, Hehlerei und Geldwäscherei. Auskunft wollten die Mailänder Ermittler stets über Finanztransaktionen, die über die Schweiz abgewickelt wurden. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch eine Fininvest-Niederlassung in Massagno (TI). Berlusconi bestreitet die Vorwürfe und wurde bisher nie rechtskräftigt verurteilt.

(SF/mc/hfu)

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