Dies betrifft laut provisorischer Agenda sowohl die Schweiz als Liechtenstein. In den vorbereitenden Gruppen für den Ecofin auf Experten- und Botschafterebene herrschte deshalb in den letzten Wochen emsiges Treiben. Denn das weitere Vorgehen zur Schweiz ist eng mit jenem zu Liechtenstein verknüpft. In EU-Kreisen ist klar, dass ein mögliches Mandat der Kommission für Neuverhandlungen des Betrugsbekämpfungsabkommens mit der Schweiz erst abgesegnet wird, wenn das Betrugsbekämpfungsabkommen mit Liechtenstein unter Dach und Fach ist. Aus Diplomatenkreisen in Brüssel verlautete nun, dass die letzten Korrekturen und Anpassungen im Abkommen noch diese Woche erfolgen sollen.
«Musterabkommen»
Das Abkommen soll als Vorbild für die Verhandlungen mit der Schweiz, aber auch mit San Marino, Monaco und Andorra dienen. Das «Musterabkommen» sieht gegenseitige «Amts- und Rechtshilfe bei direkten und indirekten Steuern vor». Im bisherigen Betrugsbekämpfungsabkommen zwischen der Schweiz und der EU ist bisher die Amtshilfe einzig für indirekte Steuern wie Mehrwertsteuerbetrug oder Zollbetrug geregelt. Nun sollen dort auch direkte Steuern (Einkommens- und Vermögenssteuern) sowie die Amtshilfe bei Steuerhinterziehung Erwähnung finden.
«Gute Regierungsführung in Steuerfragen»
Noch ist allerdings offen, ob die EU-Finanzminister auch die nötige Einstimmigkeit finden werden, um erst einmal das Abkommen mit Liechtenstein zu verabschieden. Diese ist bei Entscheiden in Steuerfragen vorgeschrieben. Wie aus Kreisen rund um die vorbereitenden Gruppen in Brüssel verlautete, stellt sich vor allem noch Luxemburg quer, teils unterstützt von Österreich. Luxemburg möchte ein Paket schnüren, in dem alle Themen der «Guten Regierungsführung in Steuerfragen» enthalten sind.
Zinsbesteuerung wieder auf dem Tapet
Das Paket soll für Liechtenstein, aber auch die Schweiz und die weiteren Drittländer gelten. Darin würde nicht nur der Informationsaustausch nach OECD-Standard Eingang finden, sondern auch weitere Steuerthemen wie die Zinsbesteuerung. Die Verzögerungstaktik hat einen guten Grund. Schwenken besagte Länder auf einen Informationsaustausch nach OECD-Standards ein, müssten Luxemburg und Österreich nachziehen. Sie profitieren bisher von einer Übergangsregelung mit Quellensteuer. Wird diese hinfällig, müssten sie zum automatischen Informationsaustausch wechseln.
Belgien plädiert für bilaterale Abkommen
Ein weiteres Argument gegen die Erteilung eines Verhandlungsmandats an die Kommission brachte nach Angaben aus Sitzungskreisen auf Ebene der 27 EU-Botschafter Belgien ins Spiel: Im gegenwärtigen «Klima der Unsicherheiten» im wirtschaftlichen Umfeld seien bilaterale Abkommen zwischen den Staaten sinnvoller. Diese Ansicht vertritt seit Beginn der Diskussionen um Neuverhandlungen des Betrugsbekämpfungsabkommens auch die Schweiz. Inzwischen wurden zwölf Doppelbesteuerungsabkommen – unter anderem mit den EU-Ländern Österreich, Luxemburg und Grossbritannien – unterzeichnet, die den Informationsaustausch auf Anfrage enthalten. Damit steht die Schweiz nicht mehr auf der Grauen Liste der OECD. (awp/mc/ps/06)