Zürich – Das Marktumfeld für Büroimmobilien präsentiert sich positiv. Der Wirtschaftsaufschwung hat das Beschäftigungswachstum angekurbelt und dadurch die während langer Zeit flaue Flächennachfrage belebt. Die Erholung ist in den einzelnen grossen Büromärkten als Folge der individuellen Branchenzusammensetzung jedoch unterschiedlich weit fortgeschritten. Der Büromarkt in Lausanne beispielsweise präsentiert sich in einer weit besseren Verfassung als der nur wenige Kilometer entfernte Markt in Genf. Allen Märkten gemeinsam ist hingegen, dass die Erholung von den zentralen Lagen ausgeht und die Märkte von innen heraus gesunden. Zu diesem Schluss kommt die neueste Studie der Credit Suisse-Ökonomen zum Schweizer Immobilienmarkt.
Gemäss der Studie «Büroflächenmarkt Schweiz 2019» hat sich das Marktumfeld für Büroimmobilien im Schatten der wachsenden Mietwohnungsleerstände beinahe unbemerkt aufgehellt. Dank dem kräftigen Konjunkturaufschwung stellen die Unternehmen zusätzliches Personal ein, was in einem robusten Beschäftigungswachstum zum Ausdruck kommt und die Nachfrage nach Büroflächen belebt. Getragen wird dieses Wachstum vom Tertiärsektor, insbesondere von den Unternehmensdienstleistungen, dem IT-Sektor und der öffentlichen Hand, aber auch vom wiedererstarkten Industriesektor, der immer mehr auch Büroarbeitsplätze nachfragt. Die Digitalisierung sorgt zudem für eine solide Zusatznachfrage, da der Anteil der Schreibtischtätigkeiten in allen Branchen zunimmt. Auf das für 2018 prognostizierte robuste Nachfrageplus von 600’000 m2 Büroflächen dürfte im Jahr 2019 ein weiteres, wenn auch etwas weniger kräftiges Wachstum folgen.
Büromarkt gesundet vom Kern aus
In den inneren Büromärkten der Grosszentren (Central Business Districts, CBD) haben die zur Vermietung ausgeschriebenen Büroflächen bereits um ein knappes Fünftel abgenommen. In Genf und Zürich hat die Erholung auch schon den mittleren Büromarkt erfasst. Insbesondere Innenstadtlagen sowie gut erschlossene Standorte in den mittleren Büromärkten erfreuen sich eines wachsenden Zuspruchs von Firmen, die sich als interessante Arbeitgeber für Fachkräfte positionieren wollen. Diese Strategie kann durchaus als Antwort der Firmen auf die tiefe Arbeitslosigkeit und das Risiko einer künftigen Verschärfung des Fachkräftemangels interpretiert werden.
Dennoch sind die Angebotsquoten unter dem Strich zumeist weiter gestiegen, weil in den äusseren Büromärkten – mit Ausnahme von Lausanne – von der Erholung noch kaum etwas zu spüren ist. Die tiefen Zinsen haben die Entwicklung neuer Flächen in der Agglomeration begünstigt. Je nach Grosszentrum entfallen daher 50 % bis 80 % des aktuellen Flächenangebots auf die äusseren Büromärkte. Dies verursacht Leerstände und führt auch dazu, dass bis zu einem Sechstel des zur Miete stehenden Flächenvolumens nicht mehr kontinuierlich auf den grossen Immobilienplattformen ausgeschrieben wird.
Nachfrage im Wandel
Wichtige Nutzer von Büroflächen – darunter die Finanzdienstleister (Banken und Versicherungen), der Grosshandel und die Telekombranche – durchlaufen strukturelle Umwälzungen und fehlen als Nachfragetreiber. Daher ist die verbleibende Nachfrage hybrider, kleinteiliger und weniger stabil. Entsprechend hat die Flexibilität der Büroflächenlayouts an Bedeutung gewonnen. Das Bedürfnis, Büroflächen «as a Service» schnell, flexibel und mit möglichst wenig bindenden Vereinbarungen zu nutzen, nimmt rasch zu, was sich am Trend zu Coworking Spaces ablesen lässt. Die Büroflächenanbieter müssen sich daher auf eine Nachfrage einstellen, die neue Anforderungen an den Raum, an die Flexibilität und die Vertragsmodalitäten stellt.
Branchenstruktur bestimmt das Erholungstempo mit
Je nach Standort wird die Erholung mittelfristig durch eine eher zurückhaltende Flächenzunahme (Zürich, Bern) begünstigt oder durch eine eher expansive verzögert (Basel, Genf, Lausanne). Generell lagen die in Bürobauten investierten Mittel seit der starken Projektwelle der Jahre 2011/2012 nie substanziell unter dem Langfristmittel. Der Bestand an Büroflächen ist folglich in den letzten Jahren kontinuierlich weitergewachsen. Für eine umfassende Erholung, die auch bis an die Ränder der Büromärkte reicht, ist die weitere Entwicklung der Nachfrage ausschlaggebend – in erster Linie die Dauer und die Zusammensetzung des Beschäftigungswachstums. In diesem Zusammenhang spielt der Branchenmix eines Wirtschaftszentrums eine nicht zu unterschätzende Rolle. Er definiert, wie stark ein regionaler Büromarkt vom Aufschwung profitieren kann. Die lokale Branchenstruktur erklärt beispielsweise die frappanten Unterschiede unter den Westschweizer Grosszentren: Während der Genfer Branchenmix, der von Privatbanken, Rohstofffirmen und internationalen Organisationen geprägt ist, mit strukturellen Umwälzungen kämpft, profitiert das breiter aufgestellte Lausanne überdurchschnittlich vom allgemeinen Konjunkturaufschwung und hat in Teilen des Büroflächenmarktes bereits zu Knappheiten geführt.
Mittelzentren bieten Investitionsalternativen
In den Grosszentren liegen die Anteile der ausgeschriebenen Büroflächen zwischen 4,8 % und 9,5 %. Im Gegensatz dazu überzeugen die Mittelzentren – mit wenigen Ausnahmen (Schaffhausen, Lugano) – durch tiefere Angebotsquoten und eine eher zurückhaltende Flächenexpansion. Die Mittelzentren dürften vom Beschäftigungswachstum und vom Trend zu Büroarbeitsplätzen aber ebenfalls profitieren. Erfolgreiche Investitionen erfordern jedoch spezifisch in den Mittelzentren lokale Expertise, weil die Nachfrage nach Büroflächen in den Mittelzentren nur eine schmale Basis hat und stärker durch Schwankungen geprägt ist.
Büros derzeit eine interessante Investitionsalternative
Im Vergleich zu Wohnimmobilien sind Büroflächen im Zyklus weiter fortgeschritten. Sie befinden sich bereits wieder in der Erholungsphase. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind die Immobilieninvestoren allerdings gut beraten, in den Mittel- und Grosszentren bezüglich Lagequalität keine zu grossen Kompromisse einzugehen. Denn es ist noch unklar, ob der Konjunkturaufschwung ausreichen wird, um auch die Absorption der Flächen in den äusseren Büromärkten zu gewährleisten. Dagegen dürfte es an guten Lagen zu Verknappungserscheinungen und wieder steigenden Mieten kommen, sodass das Mietpreisgefälle zwischen Zentrum und Peripherie klar zunehmen sollte. (CS/mc/pg)
Situation der Büromärkte in den Mittel- und Grosszentren / Erwartete Ausweitung und Angebotsquote in % des Bestandes