Schweizer KMU rüsten sich für neue Globalisierungswelle

Die Globalisierung ? diesjähriges Schwerpunktthema ? wird noch von einer knappen Mehrheit der KMU positiv bewertet. Obwohl die Schweizer KMU zunehmend die globalen Exportchancen zu nutzen wissen, macht ihnen der administrative Aufwand mit den Behörden, ein Mangel an Partnern und fehlende Kenntnisse der Zielmärkte zu schaffen. Hinsichtlich Importdruck geben sich die Unternehmer kämpferisch und beweisen mit strategischen Gegenmassnahmen Weitblick.


Megatrends verändern Wirtschaft und Gesellschaft nachhaltig
Zum vierten Mal publizieren die Ökonomen der Credit Suisse eine Studie, welche dieses Thema gezielt aus dem Blickwinkel der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) betrachtet. Dazu befragten sie knapp 1’800 Unternehmen aus verschiedenen Branchen der ganzen Schweiz zu den sechs Megatrends Demographie, Ressourcenknappheit, Wertewandel, technologischer Fortschritt, Wissensgesellschaft und Globalisierung ? dem diesjährigen Schwerpunktthema. Die Chancen und Risiken der Globalisierung sind im Nachgang zur Krise wieder in den Fokus gerückt. «In der Schweiz sind die Export- und die Binnenwirtschaft eng miteinander verzahnt. Somit sind wir als stark international ausgerichtete Volkswirtschaft von der Entwicklung der globalen Märkte abhängig», sagt Hans Baumgartner, Leiter KMU-Geschäft Schweiz.


Globalisierung als Exportchance
In den fünf Jahren zwischen der Rezession 2003 und dem Höhepunkt des Booms 2008 wuchsen die Schweizer Warenexporte wertmässig um 8.8% pro Jahr. Über einen längeren Zeitraum gesehen hat sich zudem die Exportgeographie deutlich gewandelt. Zwischen 1991 und 2009 stiegen die Exporte in die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) um das Fünffache. Diese Verschiebung dürfte sich angesichts der Schuldenkrise in den Industrieländern mittelfristig noch verstärken und eine neue, von den Schwellenländern angetriebene Globalisierungswelle auslösen. Je länger, je mehr wird das Schweizer Exportwachstum nicht mehr nur von den Grossfirmen getragen, sondern auch von vielen KMU.


KMU profitieren überdurchschnittlich von Marktöffnungen
Auf intransparenten Märkten stossen KMU rasch an ihre Grenzen, da sie die mit administrativem Aufwand und rechtlicher Unsicherheit einhergehenden Kosten weniger gut abfedern können als Grossunternehmen. Demzufolge profitieren exportierende KMU überdurchschnittlich von Marktöffnungen. Dennoch verhindern zahlreiche Hemmnisse eine konsequentere Bearbeitung der Auslandmärkte. Fehlende Partner und mangelnde Kenntnisse des Zielmarktes sowie der administrative Aufwand mit ausländischen und Schweizer Behörden sind die meistgenannten. Die Finanzierung und Sprachkenntnisse spielen dagegen eine untergeordnete Rolle. Stärker als in reifen Märkten fallen die genannten Faktoren in den schnell wachsenden Schwellenländern ins Gewicht, was der Präsenz von Schweizer KMU Grenzen setzt.


KMU halten wachsendem Importdruck stand
In etlichen Branchen macht sich durch stark wachsende Importvolumen oder durch die Präsenz ausländischer Firmen im Binnenmarkt zunehmender Importdruck bemerkbar. Während im Nahrungsmitteldetailhandel oder bei der Beschaffung von Schienenfahrzeugen ausländische Anbieter noch Irritationen hervorrufen mögen, hat man sich im Non-Food-Detailhandel rasch mit der ausländischen Dominanz abgefunden. In vielen anderen Branchen zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Die Schweizer KMU geben sich dennoch zuversichtlich. 70% geben an, in den letzten drei Jahren im Inland keine Marktanteile an ausländische Konkurrenten verloren zu haben.


Gegenmassnahmen der KMU zeugen von Weitsicht
Die Schweizer KMU reagieren hauptsächlich mit langfristigen strategischen Massnahmen auf den Importdruck. Knapp die Hälfte der KMU gibt an, auf Qualitätsverbesserung und Innovation zu setzen. Knapp 30% der Unternehmen vollziehen eine Neuausrichtung von Produkt oder Marke. Halb so viele reagieren mit Kostensenkungsmassnahmen. Eine Minderheit bedient sich anderer Mittel wie der Übernahme von Mitbewerbern oder Outsourcing. Einige wenige Unternehmen gaben an, aufgrund des Importdrucks den Rückzug aus einem angestammten Marktsegment vollzogen zu haben. Ingesamt zeigt die Reaktion der KMU, dass sie angesichts drohender Marktanteilsverluste nicht in Schreckstarre verfallen, sondern auf zukunftsgerichtete Massnahmen setzen.


Forderungen der KMU an die Politik
Gefragt, wo sich die Schweiz verbessern müsse, um mittelfristig im globalen Wettbewerb bestehen zu können, beanstandet mehr als die Hälfte der KMU den administrativen Aufwand im Umgang mit den Schweizer Behörden. Jede dritte KMU fordert eine stärkere internationale Vernetzung der Schweiz. Nur 10% der befragten KMU nennt in diesem Zusammenhang indes einen EU-Beitritt. An dritter Position wird eine konsequentere Bekämpfung der Hochpreisinsel Schweiz verlangt.


Insgesamt pessimistischere Zukunftseinschätzung
Noch 49% (Vorjahr: 54%) der KMU bewerten die Auswirkungen der sechs Megatrends insgesamt als chancenreich. Für gut 26% (Vorjahr: 23%) überwiegen die Risiken. Dies ergibt per Saldo (Chancen minus Risiken) einen Überhang an optimistischen Antworten von 22% (Vorjahr: +31%). Augenscheinlich hat sich der Optimismus der Unternehmer eingetrübt, namentlich dort, wo sie selbst kaum Gestaltungsmöglichkeiten sehen. Nach wie vor vertrauen die Unternehmer auf Wissen und Technologie. Der technologische Fortschritt wird von allen Megatrends mit einem Saldo von +73% am chancenreichsten eingeschätzt. Die Wissensgesellschaft (+55%) wird ebenfalls stark positiv taxiert. Im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger Zuspruch erhalten der Wertewandel (+8% statt +25%) und die Globalisierung (+7% statt +20%). Erstmals negativ fällt die Einschätzung des demographischen Wandels aus (-5% statt +2%). Unverändert negativ ist die Einschätzung der Ressourcenknappheit (-4%). (cs/mc/ps)


Informationen
Die Publikation «Megatrends. Chancen und Risiken für KMU» finden Sie im Internet in Deutsch, Französisch und Italienisch unter:
www.credit-suisse.com/research (Schweizer Wirtschaft / Branchen)

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