Die Ökonomen der Credit Suisse rechnen für 2009 mit einem Rückgang des Schweizer Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 0.6%. Die Inflationsrate veranschlagen sie auf 0.7%, wie die Grossbank am Freitag mitteilte.
Konsum- und Investitionsklima auf neuem Tiefpunkt
Das wirtschaftliche Umfeld hat sich im Herbst 2008 massiv verschlechtert. Die von der Credit Suisse im September 2008 prognostizierten Risiken sind wider Erwarten rasch Realität geworden. Die Finanz- und Kreditmarktkrise hat sich weiter ausgebreitet und auf die Realwirtschaft übergegriffen. Das derzeitige Wirtschaftsumfeld ist geprägt durch grosse Unsicherheiten, die von einem allgemeinen Vertrauensverlust in die Wirtschaft und ausgesprochen volatilen, richtungslosen Finanzmärkten herrühren. Dies widerspiegelt sich unter anderem darin, dass Konsumentenstimmung und Investitionsklima einen neuen Tiefpunkt erreicht haben. Die Ökonomen der Credit Suisse senken deshalb ihre Prognosen für das Jahr 2009.
Nur schwaches Weltwirtschaftswachstum
Die USA, Japan und eine Reihe europäischer Staaten befinden sich seit mehreren Quartalen in einer Rezession. In den Industrieländern dürfte die Rezession 2009 noch andauern, während die Schwellen- und Entwicklungsländer weiterhin wachsen und somit als einzige zum Weltwirtschaftswachstum beitragen werden. Nach einer drastischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Aktivität im vierten Quartal zeigen die jüngsten vorlaufenden Indikatoren wie beispielsweise die meisten Einkaufsmanagerindizes (PMI) zumindest Anzeichen einer Stabilisierung. Die Ökonomen der Credit Suisse gehen dennoch davon aus, dass das globale Wirtschaftswachstum insgesamt noch einige Quartale schwach sein wird.
Geringes Deflationsrisiko
Die Erdöl- und Rohstoffpreise sind seit Sommer 2008 erheblich gefallen, was zu einem spürbaren Rückgang der Inflationsraten geführt hat. In einigen Märkten ? insbesondere in den USA ? dürften die Inflationsraten in den kommenden Monaten sogar unter null Prozent fallen. Die Ökonomen der Credit Suisse rechnen aber nicht mit breiten oder sogar nachhaltigen Preisrückgängen. Die drastischen Zinssenkungen und das künftige Ausnutzen noch bestehender Spielräume sowie darüber hinaus gehende geldpolitische Massnahmen einiger Zentralbanken, wie der Amerikanischen Notenbank (Fed) und der Bank of Japan (BoJ), dürften das Risiko einer Deflation abwenden. Mittelfristig dürften das über längere Zeit tief bleibende Zinsniveau, umfangreiche Fiskalpakete und Bankenrekapitalisierungen zu einer graduellen Erholung der Weltwirtschaft beitragen.
Schweiz: Aussenhandel und Ausrüstungsinvestitionen gehen zurück
Die Schweizer Wirtschaft hatte sich noch bis Ende Oktober 2008 robust gezeigt. Im November brachen die Aufträge in der Industrie jedoch faktisch über Nacht weg. Seitdem kann sich die Schweizer Wirtschaft dem signifikanten globalen Abwärtstrend nicht mehr entziehen. Die gesamtwirtschaftliche Kontraktion dürfte mit Ausnahme des Konsums alle Nachfragekomponenten betreffen. Insgesamt erwarten die Ökonomen der Credit Suisse 2009 einen Rückgang des BIP um 0.6%.
Teurer Franken macht Tourismus zu schaffen
Die Exportwirtschaft ist von der negativen Entwicklung am unmittelbarsten betroffen. Während die Ausfuhren von Waren infolge der Rezession in den Abnehmerländern zurückgehen, zieht die Finanzkrise die Exporte von Finanzdienstleistungen in Mitleidenschaft. Dem Tourismus dürfte 2009 zusätzlich die Verteuerung des Frankens zu schaffen machen. Die Exporte in weiterhin wachsende Länder wie beispielsweise China bilden zwar ein gewisses konjunkturelles Auffangnetz. Deren Exportanteile sind aber noch zu gering, um die Rückgänge der Ausfuhren in die USA und nach Europa zu kompensieren. Das Exportvolumen der Schweiz dürfte daher insgesamt um 2.3% abnehmen.
Unsicherheit bremst Investitionen
Angesichts der grossen Unsicherheit wird bereits seit längerem weniger investiert. Die Ausrüstungsinvestitionen verlieren schon seit April 2008 an Schubkraft. Ihr Rückgang dürfte sich angesichts der unerfreulichen Ertragsaussichten 2009 akzentuieren. Gemäss der revidierten Prognose der Credit Suisse sind die Ausrüstungsinvestitionen diejenige Nachfragekomponente, welche am stärksten zurückgehen wird. Für das gesamte Jahr 2009 gehen die Ökonomen der Credit Suisse von einem Rückgang um 5.3% aus. Auch die Bauinvestitionen werden eine negative Entwicklung aufweisen, wobei sich insbesondere der Wirtschaftsbau (Büro-, Gewerbe- und Industriebauten) abschwächen dürfte.
Privater Konsum stützt
Weiterhin stützen wird hingegen der private Konsum. Die Ökonomen der Credit Suisse prognostizieren für 2009 ein Wachstum des privaten Konsums von 1.2%. Dieser hat sich auch in vergangenen Abschwüngen jeweils weitgehend stabil gezeigt. Zahlreiche Faktoren sprechen dafür, dass dies auch in der laufenden Konjunkturabschwächung der Fall sein wird. Einerseits können viele Haushalte mit höheren Löhnen rechnen. Andererseits erhält der private Konsum eine willkommene Unterstützung durch die Einwanderung, welche auch 2009 hoch bleiben wird. Darüber hinaus entlastet die abklingende Inflation die Haushaltsbudgets. Die Arbeitslosenquote wird 2009 allerdings ansteigen und im Jahresmittel 3.4% betragen. Dies dürfte dem Konsumwachstum Grenzen setzen.
Inflationsgefahr gebannt
Durch den massiven Rückgang der Erdöl- und Rohstoffpreise ist die Inflationsgefahr gebannt. Zudem lässt auch der nachfrageseitige Teuerungsdruck infolge der konjunkturellen Abschwächung nach. Vor diesem Hintergrund erwarten die Ökonomen der Credit Suisse für 2009 eine Teuerungsrate von 0.7%. Die Nationalbank hat den entsprechenden Handlungsspielraum bereits genutzt und die Zinsen stark und ungewohnt rasch gesenkt. Auch 2009 werden die Währungshüter die Zinsen tief halten und mit allen Mitteln versuchen, die Funktionsfähigkeit der Kreditmärkte aufrecht zu halten. (cs/mc/ps)