Im laufenden Jahr werden die exportorientierten Unternehmen mit etwas schwierigeren Marktverhältnissen konfrontiert werden. Die starke globale Investitionstätigkeit der letzten Quartale wird nachlassen. Sie ist aber keineswegs abgeschlossen. Die für die schweizerische Konsumgüterindustrie wichtigen Märkte mit aufstrebender Mittelschicht und steigender Kaufkraft werden verlangsamt wachsen. Da wir im Zwölfmonatshorizont eine Aufwertung des Frankens gegenüber Euro und US-Dollar erwarten, wird die wechselkursseitige Unterstützung der Exporttätigkeit fehlen. Aus diesen Gründen prognostizieren wir eine Zunahme der realen Exporte von Gütern und Dienstleistungen um 4,3 Prozent für das Jahr 2004 und von 3,0 Prozent im laufenden Jahr.
Weniger Investitionen im 2005
Die Ausrüstungsinvestitionen der Wirtschaft waren während der konjunkturellen Durststrecke 2001 bis 2003 mit einem realen Rückgang um insgesamt 6,0 Prozent die schwächste Komponente des BIP. Rückläufige Gewinne, getrübte Ertragsaussichten, Überkapazitäten und Vertrauensdefizite waren die wichtigsten Gründe dafür. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Zahlreiche Unternehmen erwirtschaften nun höhere Gewinne. Die Nachfragebelegung erleichtert die Überwälzung von Kostensteigerungen auf die Preise der Zwischen- und Endprodukte, und im Aussenhandel steigen die Ausfuhrpreise seit einem Jahr stärker als die Importpreise. Damit verbessern sich die Ertragsmargen der exportorientierten Firmen. Kostensteigerungen werden im Jahr 2005 jedoch auf die Gewinne drücken, vorhandener Investitionsstau sollte sich auflösen, und die schwächere Weltkonjunktur wird auch bei uns die Investitionsneigung dämpfen. Wir gehen deshalb von einer Verlangsamung der unternehmerischen Investitionstätigkeit aus und rechnen mit einem realen Zuwachs um rund 6,0 Prozent 2004 und um rund 2,0 Prozent 2005.
Bauindustrie überrascht
Ein ähnliches Verlaufsmuster sehen wir bei den Bauinvestitionen, die im letzen Jahr auf das Ganze gesehen positiv überraschten. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Sparten der Bautätigkeit sind allerdings erheblich. Die reale Zunahme sollte sich von 4,2 Prozent im letzten auf 1,4 Prozent in diesem Jahr verlangsamen. Diese Erwartung resultiert aus dem Zusammenspiel folgender Kräfte: Der Wohnungsbau expandiert kräftig, wobei regional erste Überhitzungserscheinungen sichtbar werden. 2005 dürften die Wachstumsraten im Wohnungsbau niedriger ausfallen als 2004, aber immer noch deutlich positiv sein. Völlig anders präsentieren sich die Rahmenbedingungen im kommerziellen Bau. Die Überkapazitäten im Büroflächenmarkt werden in den kommenden Jahren nur geringfügig abgebaut werden. Der öffentliche Hochbau wird im laufenden Jahr die knappen öffentlichen Finanzen und Sparprogramme verstärkt zu spüren bekommen. Der öffentliche Tiefbau leistet mit seinen grossen Infrastrukturprojekten einen stetigen, aber nicht dynamisierenden Beitrag zur Baukonjunktur.
Konsum und Arbeitsmarkt bewegen sich
Der Konsum der privaten Haushalte und der öffentlichen Hand hat in den vorangegangenen vier Jahren einen stabilisierenden Einfluss auf die Konjunktur ausgeübt und dürfte diese Rolle auch 2005 spielen. Trotz Arbeitsplatzsorgen und turbulenter Finanzmärkte verhielten sich die Konsumenten nüchtern und weiteten ihre Verbrauchsausgaben ? wenn auch langsamer ? aus. Allerdings schränkt die Kaufkraftabschöpfung durch höhere öffentliche Tarife und steigende Krankenkassenprämien die Wahlmöglichkeiten der Konsumenten zunehmend ein. 2005 sollte die Wachstumsrate mit 1,4 Prozent geringfügig darunter liegen. Im Schweizer Arbeitsmarkt finden sich grosse regionale, branchenmässige und qualifikatorische Unterschiede. Der Mangel an Fachkräften ist in verschiedenen Branchen ausgeprägt. Dazu zählen Informatik und Kommunikation, das Ingenieurwesen, Maschinenbau und Biotechnologie, aber auch die Finanzdienstleistungen und der Beratungsbereich. Im Jahresdurchschnitt rechnen wir mit einer Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent; 2005 dürfte sie dann im Schnitt 3,6 Prozent betragen.
Keine Gefahr für Preisstabilität
Spiegelbildlich zur Erstarkung der Binnennachfrage gewinnen die schweizerischen Importe an Dynamik. Sie haben 2003 um nur 1,4 Prozent zugenommen und 2004 um 4,2 Prozent zugelegt. Im laufenden Jahr werden sie den niedrigeren Wachstumsraten bei Konsum und Investitionen Tribut zollen und unseren Schätzungen zufolge real um 2,6 Prozent wachsen. Der Verlauf des Purchasing Managers Index (PMI) stützt die geschilderte Sicht der Dinge. Er zeigte im Jahr 2003 das Ende der Stagnation an und signalisiert jetzt nach einem kräftigen Anstieg eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik in der Industrie. Im Lichte dieser Tendenzen und angesichts von Lohnzuwächsen, die die Produktivitätsgewinne nicht übersteigen sollten, besteht trotz höherer Energiepreise keine Gefahr für die Preisstabilität.