Seco: Erwartungen der Industrie leicht verschlechtert
«Vielmehr leiden verschiedene Wirtschaftszweige unterschiedlich unter der Frankenstärke», sagte Brunetti gegenüber der «Finanz und Wirtschaft» vom Mittwoch. Erfahrungsgemäss seien der Tourismus und die Maschinenindustrie stark von einer Aufwertung betroffen, so Brunetti weiter. Ein Grossteil der Unternehmen zeige sich aber «nicht allzu besorgt». Einige profitierten auch von der Aufwertung, da sie günstiger einkaufen könnten. «Insgesamt haben sich die Exporte in jüngster Zeit aber doch weniger schwungvoll entwickelt, und die Geschäftserwartungen in der Industrie haben sich leicht verschlechtert», sagt der Ökonom.
Unsicherheitsfaktor Wechselkurse
Kurzfristig sei vor allem die Konjunkturlage in den Exportmärkten bedeutsam – ausser es gebe schockartigen Wechselkursbewegungen. Der Wechselkurs schlage mittelfristig stärker zu Buche, so Brunetti. «Die gegenwärtige Frankenstärke ist daher eine Gefahr für die Wirtschaft», sagt der Ökonom. «Für den Rest des Jahres rechnen wir nicht mit einer abrupten Verschlechterung, sondern mit einer allmählichen Verlangsamung des bisher hohen Wachstums.» Für 2010 geht das Seco nach wie vor von einer Steigerung des Bruttoinlandprodukts um rund 2,7% aus, für 2011 von deutlich schwächeren 1,2%.
US-Wirtschaft bereitet Sorgen
Angesichts der Erholung in Deutschland, sei «die Gefahr einer schleppenden Erholung in den anderen Exportländern nicht zu unterschätzen», sagt Brunetti weiter. «Vor allem bereitet uns auch die Entwicklung der US-Wirtschaft beträchtliche Sorgen.» Die Gefahr einer Deflation sieht der Ökonom nicht. Die klassischen Deflationsvoraussetzungen seien in der Schweiz nicht erfüllt: «Die Konjunktur läuft ordentlich, und der Output-Gap, die Lücke zwischen Potenzial-Output und tatsächlicher Produktion, ist nicht übermässig gross und verkleinert sich noch immer».
Arbeitslosenrate sinkt «nur langsam»
Punkto Arbeitslosigkeit sagte Brunetti, dass der weitere Rückgang der Arbeitslosenrate «nur langsam» vorankommen werde. Die erwartete konjunkturelle Verlangsamung werde mit einer Verzögerung auch die Erholung am Arbeitsmarkt bremsen. Zudem dürfte für einige Zeit der Anstieg des Arbeitsvolumens durch vorhandene Belegschaften und den Abbau der Kurzarbeit gedeckt werden, ehe Unternehmen in grösserem Umfang neues Personal einstellen werden, heisst es weiter. Das Seco erwarte daher auch für das nächste Jahr keine tieferen Jahresdurchschnittswerte und prognostizieren 3,7%. (awp/mc/ps/35)