seco: Schweizer Wirtschaftsmotor kommt ins Stottern

Noch vor zwei Monaten hat die Expertengruppe des Bundes eine Expansionsrate von 1,5% vorhergesagt. Schuld an der weiteren Eintrübung ist nicht zuletzt die schleppende Konjunktur in Europa, dem wichtigsten Schweizer Exportmarkt, wie es in einer Mitteilung des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco) vom Freitag heisst.


Hoffnung auf Ende Jahr
Eine Belebung im Euro-Raum dürfte kaum vor dem Herbst einsetzen, schreibt das seco. Insbesondere in den grossen Ländern wie Deutschland und Italien präsentiere sich die Lage wenig erfreulich. Dennoch erwarten die Experten des Bundes gegen Ende Jahr eine vom Export getragene konjunkturelle Besserung in der Schweiz. Somit kann erst im kommenden Jahr mit einer Belebung gerechnet werden. Die Experten gehen für 2006 neu von einem BIP-Wachstum von 1,5% aus, nachdem sie im April noch 1,8% vorhergesagt haben. Dennoch bleiben Risiken, insbesondere die anhaltend hohen Erdölpreise, wie das seco einräumt.


Düsterer Ausblick
Angesichts des düsteren Ausblicks dürfte auch eine grundlegende Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt noch länger auf sich warten lassen. Für 2005 wird deshalb mit einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 3,8 (April-Prognose: 3,7)% gerechnet. Nächstes Jahr dürfte die Quote leicht auf 3,6 (3,4)% sinken. Den geringfügigen Rückgang der um saisonale Effekte bereinigten Arbeitslosenzahl seit Anfang Jahr erklärt sich das seco vor allem mit einem verstärkten Rückzug vom Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung nehme im laufenden Jahr weiter ab und dürfte erst 2006 wieder leicht steigen.


Hohe Arbeitslosigkeit
Die hohe Arbeitslosigkeit bremst auch den Konsum – eine wichtige Stütze der Konjunktur. Die privaten Konsumausgaben steigen nur um 0,8% im laufenden und um 1,2% im kommenden Jahr. Und auch von der öffentlichen Hand sind keine Impulse zu erwarten. Die Staatsausgaben steigen 2005 um 0,7% und stagnieren 2006.


Erholung bei Bau- und Ausrüstungsinvestitionen
Bei den Bau- und Ausrüstungsinvestitionen dürfte die Erholung anhalten. Die nach wie vor sehr tiefen Zinsen in der Schweiz werden die Investitionstätigkeit weiter unterstützen. Das seco geht nicht davon aus, dass die Zinsen in nächster Zeit stark erhöht werden.


Lichtblick Franken-Kurs
Einen Lichtblick erkennen die Konjunturexperten immerhin beim Franken-Kurs. Mit der Erholung des Dollar an den Devisenmärkten habe auch der Franken an Wert verloren – bei annähernd stabilem Kurs zum Euro. Das dürfte die Exportwirtschaft stützen.


seco nicht allein mit düsterer Prognose
Mit seiner düsteren Wirtschaftsbeurteilung steht das seco nicht allein da. Vor den Experten des Bundes haben bereits zahlreiche andere Banken und Forschungsinstitute ihre Erwartungen nach unten revidiert. Zuletzt hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihre BIP-Prognose für 2005 von 1,5 auf 1,0% zurückgenommen.


Grossbanken geben sich optimistischer
Am optimistischsten geben sich derzeit die Grossbank UBS und die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, die für 2005 ein Wachstum von 1,6% prognostizieren. Die Experten von BAK Basel Economics sagen ein BIP-Wachstum von 1,4% voraus, und die Credit Suisse erwartet 1,2%. (awp/mc/gh)

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