Seco: Verlauf der Arbeitslosigkeit bestätigt Befürchtungen
Besonders spürbar sei diese in der Industrie und bei den Banken. Üblicherweise bringt der April eher eine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt, wenn vorab auf dem Bau wieder mehr gearbeitet wird. Dies ist auch dieses Jahr der Fall, statt sinkender Arbeitslosenzahlen vermochte dieser saisonale Effekt aber lediglich den weiteren Anstieg etwas zu dämpfen. Um saisonale Effekte bereinigt stieg die Zahl der Arbeitslosen um 5’570 auf 134’790. Das sei nun bereits der dritte Monat in Folge, in dem saisonbereinigt die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 5’000 stieg, sagte Gaillard.
Starker Anstieg im H2 erwartet
Das lasse erwarten, dass die Arbeitslosigkeit bis im Sommer nur wenig, im zweiten Halbjahr aber stark ansteigen werde. Im Durchschnitt erwartet das SECO eine Arbeitslosenquote von 3,8% für dieses Jahr und für 2010 mit einer Quote von 5,2%. Der bisherige Verlauf «bestätigt unsere Befürchtungen und Prognosen», so Gaillard. Daher sei es wichtig, dass der Aufruf von Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard und der Sozialpartner, Lehrlinge weiter zu beschäftigen und Praktikumsplätze für arbeitslose Jugendliche bereitzustellen, gehört werde.
Grosses Lehrstelleanangebot
Erfreulich sei die Situation bei den jungen Arbeitslosen zwischen 15- bis 19-Jahren, sagte Gaillard. Im letzten Jahr seien sehr viele Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt worden. Und alles deute daraufhin, dass dieses Jahr «mit einer unvermindert hohen Zahl an Lehrstellen» gerechnet werden dürfe.
Mehr Arbeitslose im Kt Zürich – Finanzkrise macht sich bemerkbar
Auch im Kanton Zürich ist die Arbeitslosigkeit erneut leicht gestiegen. Im April waren 24’514 Personen ohne Arbeit, 387 mehr als im Vormonat. Die Arbeitslosenquote stieg von 3,3 auf 3,4% und lag damit unter dem schweizerischen Durchschnitt von 3,5%. In der Stadt Zürich betrug die Arbeitslosenquote 3,6%, in der Stadt Winterthur 4,1%. Gesamthaft waren Ende April bei den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) 31’514 Personen zur Stellensuche gemeldet. Das sind 657 Personen mehr als im Vormonat. Die Quote betrug 4,3 Prozent.
Bundesrat prüft Beschränkung der Zuwanderung aus der EU
Angesichts der steigenden Arbeitslosenzahlen wird der Bundesrat nächstens entscheiden, ob er die Zuwanderung aus der EU beschränken will. Dies wäre aufgrund der Ventilklausel der bilateralen Verträge möglich. Einen Entscheid zur Beschränkung könne der Bundesrat auf Antrag von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf fällen, sagte Serge Gaillard, Direktor für Arbeit im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), in einem Interview mit «Le Matin Dimanche». Zuständig für das Dossier ist Widmer-Schlumpfs Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).
Ventilklausel
EJPD-Sprecher Philippe Piatti bestätigte auf Anfrage eine Meldung von «tagesanzeiger.ch/Newsnetz», dass der Bundesrat bald über die mögliche Anrufung der Ventilklausel befinden wird – «gestützt auf die neuesten Arbeitsmarkt- und Migrationsstatistiken». Nicht bestätigen wollte Piatti Angaben, wonach das Geschäft bereits nächsten Mittwoch traktandiert sei. Die Ventilklausel in den bilateralen Verträgen erlaubt es der Schweiz, bei starker Zuwanderung die Aufenthaltsbewilligungen für Arbeitskräfte aus den 15 alten EU-Staaten sowie Zypern und Malta zahlenmässig zu beschränken. Mit diesen Staaten besteht seit dem 1. Juni 2007 der freie Personenverkehr.
Bedingung zur Reaktivierung der Kontingente erfüllt
Die Reaktivierung der Kontingente ist mit der Bedingung verknüpft, dass die Zahl der ausgestellten Bewilligungen in einem Jahr mindestens 10% über dem Durchschnitt der vorherigen drei Jahre liegt. Diese Bedingung ist offenbar erfüllt. Laut Gaillard vom SECO ist die Zuwanderungsrate der ausländischen Arbeitskräfte gegenwärtig hoch genug, um die Ventilklausel anzurufen und Kontigente einzuführen. Allerdings geht er davon aus, dass in den nächsten Monaten weniger Ausländer zuwandern werden.
Vor Jahresfrist auf Beschränkung verzichtet
Bis heute machte der Bundesrat nicht von der Reaktivierung der Kontingente Gebrauch, obwohl die Bedingungen bereits vor einem Jahr erfüllt waren. Damals hatte die Landesregierung auf eine Beschränkung verzichtet mit der Begründung, dass die Nachfrage der Schweizer Wirtschaft nach Arbeitskräften aus der EU stark sei. Die Schweiz kann Kontingente für EU-Ausländer jährlich mit einer Befristung von maximal zwei Jahre anordnen. In der Regel befindet der Bundesrat im Mai über die Kontingente, weil sie jeweils vom 1. Juni bis Ende Mai des nächsten Jahres gelten. (awp/mc/ps/16)