Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Julen, nach dem Neubau des Boutique Hotels «Alpine Residence Wellness & Spa» im Jahre 2004 haben Sie diesen Sommer die Zimmer des Stammhauses vollständig neu gestaltet. Was hat das gesamthaft gekostet, wie haben Sie diese Projekte finanziert und in welcher Zeit wollen Sie die Investitionen amortisieren?
Sepp Julen: Wir haben in neuneinhalb Wochen 44 Zimmer mit den dazu gehörenden Bädern vollständig renoviert. Gekostet hat das ca. 2.8 Millionen Franken. Die Finanzierung setzte sich aus Eigenkapital und einem SGH-Darlehen sowie einem Bankkredit zusammen.
Während heute viele Hotels mit bekannten Designern und Architekten zusammenarbeiten, sind Sie bewusst einen anderen Weg gegangen. Wer hat bei Ihnen die Gestaltung übernommen und wie kam es zu diesem Entscheid?
Wir haben uns sehr viele Hotels im Alpenraum angesehen und kamen zum Schluss, das es etwas Neues geben musste- ganz sicher weg vom Alpenkitsch, aber nicht als «Einmal muss man es gesehen haben»- Design-Hotel. So entstand ein von uns entwickeltes Gesamt-Konzept von authentischem «alpinen Lifestyle» ohne jeden Kitsch, als Erneuerungsort, Ruhepol mit Freiraum für das fast übervolle Innenleben, das jeder Gast als Last mit sich trägt. Mit Hilfe der Architekten Lauber und Jaggi wurde dann die Realisierung der Gestaltung von uns selbst übernommen. Der positive Feedback der Gäste der alpinen residence hat uns dazu bewogen, die neue Gestaltung des Hotel Mirabeaus diesem Grundkonzept anzupassen.
Für Zermatt leisten Sie sich einen geradezu verschwenderischen Umgang mit dem knappen Gut «Platz». Zwischen den Häusern befindet sich ein weitläufiger Garten mit freier Sicht auf das Matterhorn. Wie lange werden Sie der Versuchung widerstehen, die Anlage dichter zu überbauen?
Das ist nicht geplant! der Reiz unseres «Resorts» liegt in genau dieser Konstellation!
Im «Corbeau d’or» pflegen Sie eine aufwändige, von GaultMillau mit 15 Punkten ausgezeichnete, Gourmetküche. Dazu kommt das ebenfalls mit grossem Angebot geführte Restaurant der Hotelgäste und «Josef’s wine lounge». Wie lässt sich ein so vielfältiges kulinarisches Angebot auf die Dauer aufrechterhalten und finanzieren?
Jeder Gast, der gut gegessen hat, wird gerne wiederkommen. Unser Werbe Budget ist dafür sehr bescheiden.
Mit 62 Zimmern ist das Mirabeau im Viersterne-Superior-Bereich von der Grösse her eher an der unteren Grenze für die gängige Berechnung der Wirtschaftlichkeit in der Hotellerie. Was ist Ihr Geheimnis, dass ihr Unternehmen trotzdem gedeiht, und haben Sie für die Zukunft Ausbaupläne bezüglich der Anzahl der Zimmer?
Im Verhältnis zu den vorher nur 44 Zimmern ist die Wirtschaftlichkeit heute bedeutend besser. Pläne zur Veränderung der Zimmer sind keine vorhanden, wir werden aber kontinuirlich das Wellness -Angebot und die Serviceleistung erweitern.
«Der Sommer macht immer noch keine wirkliche Freude; die Nachfrage nach Herbstangeboten mit Wellness aber steigt und bringt eine gute Auslastung in den bisher «toten» Monaten vom Oktober bis Ende November» Sepp Julen, Hotel Mirabeau alpine residence Zermatt
Zermatt unternimmt grosse Anstrengungen, die Gäste auch im Sommer vermehrt an den Fusse des Matterhorns zu locken. Wie sieht in Ihrem Haus die Auslastung im Sommer und im Winter aus und wie sehen Sie die künftige Entwicklung der beiden Saisons?
Der Sommer macht immer noch keine wirkliche Freude; die Nachfrage nach Herbstangeboten mit Wellness aber steigt und bringt eine gute Auslastung in den bisher «toten» Monaten vom Oktober bis Ende November- darum werden wir das Hotel nur noch im Frühling für einige Wochen schliessen und den Herbst aktivieren.
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Zermatt hat gerade dieses Jahr wieder einen veritablen Bauboom erlebt. Die Anzahl der Baukräne erreicht Grossstadtniveau. Wie sehen Sie diese Entwicklung für eine Destination, die eigentlich von den Naturschönheiten lebt?
Das «schnelle» Geld durch Bodenverbauungen mit Appartements und anschliessendem Verkauf liegt nicht in unserem Interesse. Als Familienunternehmen mit zwei Töchtern, die beide eine Ausbildung in der EHL Lausanne abschliessen, sehen wir den Erhalt und Ausbau der vorhandenen Geschäfte als sichere Chance auch für die nächste Generation..
Eines Ihrer Erfolgsgeheimnisse war die frühe Ausrichtung Ihrer Küche auf die französische Gastronomie und die bauliche Anlehnung an den Landhausstil. In der Um- und Neubauphase haben Sie konsequent auf einen modernen, luftigen Stil mit einer klaren Reduktion auf Wesentliches gesetzt. Wohin soll sich das Mirabeau in der nächsten Phase entwickeln?
Eine weitere sanfte Renovation des Hauptgebäudes und des Innenpools, auch sind in diesem Jahr ein Neuzuwachs im Wellness -Bereich bereits geplant.
In jedem Familienunternehmen gehört die Nachfolgeregelung zu den schwierigsten Aufgaben. Wie gehen Sie mit dieser Frage um und welche Lösung zeichnet sich für das Mirabeau ab?
Für uns steht die Nachfolge durch das gezeigte Interesse unserer Töchter sicherlich fest. Wie, wann und in welcher Form wird sich in absehbarer Zeit zeigen.
Wenn Sie heute die Chance auf einen völligen Neubeginn hätten, würden Sie wiederum in die Hotellerie einsteigen und wo würden Sie heute ein Hotel eröffnen?
Wir sind zufrieden mit den Möglichkeiten, die uns geboten wurden, aber ein Hotel an der Côte d› azur als Sommeralternative wäre auch nicht zu verachten..
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
An erster Stelle natürlich Gesundheit und, wenn möglich; weiterhin das Verwirklichen zu können, was nötig und gut ist?
Der Gesprächspartner
Andre «Sepp» Julen (57) entstammt der Hoteliers-Familie Julen, die in Zermatt heute insgesamt sieben gastronomische Betriebe führt. Er hat nach der Kochlehre und Wanderjahren in der Welsch-Schweiz die EHL Lausanne abgeschlossen und ist 1974 in den Familienbetrieb eingetreten. Heute führt er mit seiner Frau Rose (56) das Hotel Mirabeau mit (dem Neubau 2004) der «alpinen residence wellness & spa. Sie haben zwei Töchter. Sepp Julen war lange im Hotelierverein Zermatt aktiv, dem er mehr als 10 Jahre als Präsident vorstand sowie auch im Vorstand von Zermatt Tourismus.