Fachleute betonen die Vorteile betrieblicher Präventionsprogramme. Diese erhöhen die Sicherheit, verbessern das Arbeitsklima und senken Kosten. Sie helfen Betroffenen, ihre Situation zu erkennen und zu handeln.
850 Unternehmen und Staatsbetriebe befragt
Im 2009 kennen 65% der Betriebe in der Schweiz explizite Regeln zum Alkoholkonsum am Arbeitsplatz. Nicht ganz 2% wollen sie einführen. Die übrigen haben keine Vorkehrungen getroffen. Dies zeigt eine repräsentative Befragung von rund 850 Unternehmen und Staatsbetrieben in der deutschen Schweiz, der Romandie und im Tessin. Im Rahmen des Nationalen Programms Alkohol unterstützte das Bundesamt für Gesundheit die aktuelle Umfrage der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA).
Schriftlich festgehaltene Regeln vor allem in der Deutschschweiz
Die Untersuchung der SFA verdeutlicht, dass vor allem in der Deutschschweiz schriftlich festgehaltene Regeln bestehen, seien dies generelle Alkoholverbote während der Arbeit im Betrieb oder im Aussendienst, für Personen mit Kundenkontakt oder für Arbeiten mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko. 67,1% der Betriebe in der Deutschschweiz gaben an, solche Regeln zu haben; im Tessin waren dies 59,3% und in der Romandie 58,6% der Unternehmen.
Sicherheit im Sekundärsektor von grosser Bedeutung
«Im Sekundärsektor spielt die Sicherheit beim Bedienen von Maschinen oder dem Fahrzeuglenken eine wichtige Rolle», erklärt Dwight Rodrick, bei der SFA für betriebliche Suchtprävention zuständig. Erwartungsgemäss verfügen denn industrielle und gewerbliche Betriebe über mehr Bestimmungen zum Alkoholkonsum. Vor allem diese Unternehmen haben spezifische Massnahmen, was bei einem Alkoholproblem von Mitarbeitenden zu tun sei. Insgesamt kennen aber nur 30% der Betriebe solche Massnahmen. Gut ein Viertel aller Betriebe verfügt sowohl über Regeln zum Alkoholkonsum als auch über spezifische Bestimmungen, was in einem konkreten Fall zu unternehmen ist. Zudem haben 23% der Unternehmen ihre Vorgesetzten zum Umgang mit Alkoholproblemen weitergebildet; tendenziell sind dies eher grössere Organisationen mit mindestens 500 Mitarbeitenden.
Alkohol – ein Tabuthema
Gemäss aktueller Befragung haben nur 36% der Betriebe in den letzten beiden Jahren das Thema Alkohol am Arbeitsplatz intern angesprochen, sei dies an einer Informationsveranstaltung, in der Personalzeitung oder auf Plakaten. Häufiger war dies bei Unternehmen des Sekundärsektors der Fall. «Dabei wäre es wichtig und Ausdruck sozialer Verantwortung der Betriebe, den problematischen Alkoholkonsum zu thematisieren. Hilfe anzubieten und zu beanspruchen, wird so erleichtert», erklärt Michel Graf, Direktor der SFA.
Weiterhin Handlungsbedarf
Arbeitgebende können interne Vorschriften aufstellen und das Alkoholtrinken einschränken oder verbieten. «Die aktuelle Umfrage zeigt, dass Alkoholprävention in der Arbeitswelt nicht selbstverständlich ist», sagt Michel Graf. Drei bis fünf Prozent der Berufstätigen sind laut Schätzungen alkoholabhängig. 15 bis 25 Prozent der Arbeitsunfälle sind auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Es besteht also weiterhin Handlungsbedarf. Wie der Präventionsexperte ausführt, gibt es mindestens fünf Gründe für die Einführung eines betrieblichen Alkoholpräventionsprogramms: die Sicherheit am Arbeitsplatz steigt, das Arbeitsklima wird besser, Unfälle werden vermieden, Kosten wegen häufiger Absenzen sinken und Betroffene entscheiden sich eher, etwas zu unternehmen.
Beratung und Online-Infos
Die SFA berät Betriebe bei der Einführung von Präventionsprogrammen, sie antwortet auf spezifische Anfragen und stellt auf der neuen Website www.alkoholamarbeitsplatz.ch umfangreiche Informationen, Tipps und Leitfäden zur Verfügung. Angesprochen sind hier vor allem Personen mit Führungsaufgaben sowie Personalverantwortliche. Die SFA bereitet eine Publikation zu den Handlungsmöglichkeiten besorgter Mitarbeitender vor. Sie richtet sich in erster Linie an Personen, die sich um eine Arbeitskollegin oder einen -kollegen Sorgen machen. Die SFA wird weiterhin für die Notwendigkeit betrieblicher Präventionsprogramme sensibilisieren. (sfa/mc/ps)
Die SFA in Kürze
Für die Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) steht der Schutz der Gesundheit im Zentrum. Die SFA will Probleme verhüten oder vermindern, die aus dem Konsum von Alkohol und anderen psychoaktiven Substanzen hervorgehen. Die SFA konzipiert und realisiert Präventionsprojekte, engagiert sich in der Gesundheitspolitik und der psychosozialen Forschung. Die SFA ist eine private, parteipolitisch unabhängige Organisation mit gemeinnützigem Zweck.