Die Versammlung habe sich für den Vorschlag des SGB-Vorstandes mit zwei Eckwerten ausgesprochen: Erstens soll die Initiative Gesamtarbeitsverträge (GAV) mit Mindestlöhnen fördern. Gleichzeitig strebe der SGB-Vorstand einen allgemeinen Mindestlohn an. Dieser soll zur Anwendung kommen, wenn sich die Sozialpartner auf keinen GAV einigen können, wie es in einem Communiqué des SGB hiess.
«Kombi-Initiative nötig»
Die Kombi-Initiative sei nötig, um die Tieflöhne zu bekämpfen und die Löhne aller Arbeitnehmenden besser abzusichern, argumentiert der SGB. Rund 400’000 aller Beschäftigten verdienen nach seinen Angaben immer noch weniger als 13 Mal 3’500 CHF pro Jahr. Von diesen Schlechtverdienern unterstehe nur die Hälfte einem GAV. Gründe für diese Lücke gebe es viele: Die Arbeitgeber seien teilweise gar nicht oder schlecht organisiert, schreibt der SGB. Andere Arbeitgeber leisteten Widerstand gegen bessere Löhne. Und die Tieflöhne in den allgemein verbindlichen GAV können gemäss SGB «wahrscheinlich nur mit öffentlichem Druck deutlich angehoben werden».
Absage an «Pseudo-GAV»
Druck ausüben will der SGB deshalb nun mit einer Volksinitiative, welche im Notfall, das heisst subsidiär, einen gesetzlichen Mindestlohn vorschreibt. Es sei jedoch wichtig, dass der Schutz eines Mindestlohns nicht durch einen «Pseudo-GAV» mit noch schlechteren Bedingungen umgangen werden könne. Ebenfalls für einen gesetzlichen Mindestlohn setzen sich die Gewerkschaft Unia und die Sozialdemokraten ein. Die Unia-Delegierten werden am 21. November einen Grundsatzentscheid fällen. Seit über einem Jahr entwerfe die Unia einen entsprechenden Vorstoss, sagte Unia-Sprecher Hans Hartmann auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
SP schneller als Gewerkschaften
Parallel zur Unia-internen Expertengruppe arbeite die Gewerkschaft auch eng mit dem SGB zusammen. «Die unterschiedlichen Verhältnisse in den verschiedenen Branchen mussten abgestimmt werden», erklärte Hartmann das Vorgehen. Die meisten SGB-Gewerkschaften seien mit dem Problem der Tiefstlöhne konfrontiert und die Initiative werde sicher gemeinsam lanciert. Bedeutend schneller als die Gewerkschaften ging die SP vor. Mitte Oktober hatten sich die Sozialdemokraten an einem Parteitag für eine Mindestlohn-Initiative entschieden. «Die SP und die Gewerkschaften haben dasselbe Ziel», hielt SP-Sprecher Jean-Yves Gentil fest. Deshalb sei davon auszugehen, dass alle zusammenarbeiten würden.
SGB kritisiert Vorgehen der SP
Das Vorgehen der SP löste nicht nur Begeisterung aus bei den Gewerkschaften: «Die SP ist ohne Absprache mit der Initiativ-Idee vorgeprescht», kritisierte Hartmann. Schlussendlich gehe er aber von einer gemeinsamen Initiative aus. Im Moment liefen informelle Gespräche mit den Sozialdemokraten, sagte SGB-Sprecher Ewald Ackermann. Bald seien offizielle Verhandlungen geplant. Er sei sicher, dass die Gewerkschaften und die SP die Initiative zusammen angehen würden. Der Lead sei jedoch bei den Gewerkschaften. (awp/mc/ps/23)