Für die Zukunft hat der Konzern die Margenziele angehoben, obgleich wichtige Bereiche nicht einmal die alten Ziele erfüllten. Der Überschuss kletterte durch den Verkaufserlös des Autozulieferers VDO von 788 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum auf 6,475 Milliarden Euro, wie das Unternehmen am Donnerstag in München bekannt gab. Die elf von der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX befragten Analysten hatten mit lediglich 5,489 Milliarden Euro gerechnet. 5,4 Milliarden Euro stammten aus dem VDO-Verkauf statt angekündigter 4,5 Milliarden Euro. Im fortgeführten Geschäft konnte Siemens von 621 Millionen auf 1,078 Milliarden Euro zulegen (Prognose 1,055 Mrd Euro).
Umsatz leicht unter Erwartungen
Das Ergebnis der Bereiche legte von 1,485 auf 1,719 Milliarden Euro zu (Prognose 1,614). Der Umsatz stieg von 16,729 auf 18,400 Milliarden Euro, was jedoch leicht unter der Erwartung von 18,680 Milliarden Euro lag. Im Gleichschritt erhöhte sich der Auftragseingang von 22,244 auf 24,242 Milliarden Euro (Prognose 22,865 Mrd Euro). Die Vorjahreszahlen sind um die verkaufte VDO bereinigt; in den neuen Zahlen stecken dafür die milliardenschweren Zukäufe UGS, Bayer Diagnostics und Dade Behring. Siemens hatte VDO für 11,4 Milliarden Euro an Continental verkauft.
Höhere Margenziele
Den neu geschaffenen Sektoren und den darunter liegenden Divisionen hat Siemens im Vergleich zu den alten Bereichen höhere Margenziele vorgegeben. Der mit Abstand grösste Sektor Industrie soll 9 bis 13 Prozent Rendite vom operativen Ergebnis abwerfen statt vergleichbarer 9 bis 11 Prozent zuvor, der Sektor Energie 11 bis 15 Prozent statt 9 bis 13 Prozent. Dem dritten Sektor Medizintechnik hatte Konzernchef Peter Löscher bereits Ende 2008 eine Vorgabe von 14 bis 17 Prozent gemacht.
Kraftwerksbau schwächelt
Die höheren Ziele hat Siemens etabliert, obgleich im abgelaufenen ersten Quartal vier der alten Bereiche unter den Vorgaben lagen, darunter die Medizintechnik mit 12,5 Prozent, was Siemens mit den Integrationskosten der jüngsten Zukäufe begründete. Auch der wichtige Bereich Kraftwerksbau schwächelte mit einer Marge von lediglich 4,5 Prozent bei vorgegebenen 10 bis 14 Prozent; als Grund nannte Siemens Projektbelastungen von mehr als 200 Millionen Euro. Dafür konnte der grösste Bereich Automatisierungstechnik das Ziel von 12 bis 15 Prozent mit 16 Prozent übertreffen. Ingesamt gab es drei Bereiche, die über den Vorgaben lagen, vier haben sie getroffen. Beim Gemeinschaftsunternehmen Nokia Siemens Networks fielen Restrukturierungskosten von 120 Millionen Euro an; das Ergebnis der «Strategischen Beteiligungen» halbierte sich damit auf 26 Millionen Euro.
Ermittler stossen erneut auf dubioses Finanzsystem
In der Siemens-Schmiergeldaffäre sind nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» vom Konzern eingeschaltete Ermittler in einem weiteren Geschäftsfeld auf ein rätselhaftes Finanzsystem gestossen. Hinweisen an den Aufsichtsrat zufolge könnten im Unternehmensbereich Medizintechnik gut 140 Millionen Euro in dunkle Kanäle geflossen sein, berichtet die «SZ» (Donnerstag). Aufsichtsräte sprächen von möglicherweise ernsten Problemen im profitabelsten Geschäftsfeld, dessen Jahresumsatz etwa zehn Milliarden Euro betrage. Die US-Kanzlei Debevoise untersuche, ob es in dieser Sparte ähnliche Strukturen wie im Bereich Telekommunikation (Com) gegeben habe, heisst es in dem Bericht. Bei Com hatte der Korruptionsskandal seinen Anfang genommen. (awp/mc/ps)