Simon Lehmann, CEO Interhome: «Wir müssen mehr Mut haben, die verschiedensten Vertriebskanäle noch weiter zu entwickeln»
von Patrick Gunti
Herr Lehmann, Interhome bietet in Europa und den USA 20’000 Ferienhäuser und Ferienwohnungen an. Wie war die Auslastung in diesem Sommer?
Insgesamt liegen wir auf Budgetkurs. Vor allem in den Quellmärkten, wo wir ein neues Management etabliert haben, wie etwa Deutschland, Italien oder Russland, läuft das Geschäft sehr gut. Dagegen liegen die traditionellen Quellmärkte wie die Schweiz oder Frankreich unter den Erwartungen. Wenn wir sehen, was bei unseren Mitbewerbern abgeht, so kann ein Frankreich-Markt mit einem Interhome-Umsatz von CHF 40 Mio. nicht gesättigt sein. Das trifft auch auf die Schweiz mit CHF 30 Mio. zu. Unsere Marktdurchdringung ist noch nicht optimal, der Bekanntheitsgrad kann noch gesteigert werden. Wir müssen mehr Mut haben, die verschiedensten Vertriebskanäle noch weiter zu entwickeln. Nur so werden wir unser Ziel, im Jahr 2010 Marktführer in Europa zu sein, erreichen.
Im vergangenen Jahr hat Interhome über eine halbe Million Feriengäste vermittelt und einen Umsatz von 194 Mio. Franken (+ 4,8 %) erreicht. Welche Schlüsse auf den Jahresabschluss lässt der Buchungsstand heute zu?
Aufgrund dem Buchungsstand bis dato sowie der derzeitigen Entwicklung sind wir überzeugt, dass wir im laufenden Geschäftsjahr die 200-Mio.-Grenze knacken werden. Bei den Gästezahlen rechnen wir mit zirka 515’000 Personen.
Durch verschiedene Kooperationen und Akquisitionen hat Interhome in den letzten Monaten den Expansionskurs fortgesetzt. Teil davon ist die Stärkung der Position im Norden Europas. Was sieht die Kooperation mit dem dänischen Anbieter «Sonne und Strand» vor?
Mit Sonne und Strand, dem führenden Ferienhausspezialisten in Dänemark mit rund 5000 Objekten und einem Umsatz von CHF 70 Mio., wurde eine langjährige Kooperation zur gegenseitigen exklusiven Vermarktung vereinbart. Ab 1. Dezember dieses Jahres werden die Produkte über eine Host-to-Host-Anbindung online buchbar sein. Im Weiteren wollen wir durch die gegenseitige Vermittlung internationaler Kundschaft und die Nutzung von Synergien in der Produktbeschaffung und Vermarktung die Auslastung der Ferienobjekte optimieren. Vor Ort werden die Gäste zudem in eigenen lokalen Servicebüros empfangen und betreut.
Mit einem Partnerschaftsvertrag öffnen Sie Ihren Gästen den 20. Zielmarkt: Finnland. Was beinhaltet der Partnerschaftsvertrag mit Lomarengas und was erwarten Sie sich von der Feriendestination Finnland?
In Finnland – das war bis jetzt ein weisser Fleck auf der Interhome-Landkarte – haben wir einen Partnerschaftsvertrag mit Lomarengas OY Ltd. abgeschlossen. Damit erhält Interhome Zugriff auf rund 1500 Objekte. Durch die im Frühling 2007 erfolgte Übernahme von FinFun OY durch Lomarengas werden in Lappland bald zusätzlich 1500 weitere Objekte dazustossen. Wichtig zu erwähnen ist, dass wir exklusiver Vertriebspartner der Lomarengas für Quellmärkte wie Zentraleuropa, Russland oder Deutschland sind.
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Welches Geschäftsmodell verfolgt die VillaXL b.v. in Belgien und den Niederlanden, mit der Interhome ebenfalls kooperiert?
VillaXL setzt ausschliesslich auf den Online-Vertrieb. Das Unternehmen wurde 2003 gegründet und ist ein Spezialistenanbieter für den belgischen Markt. Die rund 100 Villen werden online distribuiert und sind dank dieser Partnerschaft seit 1. Juli 2007 auf der Webseite von Interhome buchbar. Ab 2008 erweitert VillaXL sein Angebot im Auftrag von Interhome um rund 150 weitere Objekte der Luxusklasse und wird somit auch als Einkaufspartner tätig sein. Ebenfalls seit 1. Juli 2007 sind auch die 400 Ferienhäuser und -wohnungen des VillaXL-Partners Aan Zee via Interhome buchbar. Diese Domizile liegen grösstenteils an der holländischen Küste.
Mit der Partnerschaft haben wir uns den Zugang zu einem hochstehenden Unterkunftsportfolio in Belgien und Holland gesichert.
Im Juli hat Interhome das gesamte Portfolio der kroatischen ABC H-Turizam übernommen. Was sprach für diese Akquisition?
ABC gehört in Kroatien zu den Marktführern im Ferienhaus-Segment. Mit dieser perfekt in unsere Strategie passenden Portfolio-Übernahme können wir unsere starke Stellung rund ums Mittelmeer weiter ausbauen. Wir wissen, dass der Markt der Ferienhausvermittlung aufgrund der touristischen Entwicklung in Kroatien über riesiges Potenzial verfügt. Kroatien gehört zu den wichtigsten Zielmärkten der Interhome-Gruppe und verzeichnete 2006 bei den Gästezahlen ein Wachstum von 13 Prozent. Das aktuelle Kroatien-Angebot von Interhome umfasst damit rund 800 Objekte und wird über die nächsten drei Jahre verdoppelt. Dabei liegt der Fokus weiterhin auf qualitativ hochwertigen Ferienunterkünften am Meer und im touristisch aufstrebenden Inland sowie dem Ausbau des Kundenservices vor Ort.
«Destinationsmärkte prüfen wir derzeit keine neuen – umso mehr aber punktuelle Akquisitionen im Premium-Segment in existierenden Destinationsmärkten.» (Simon Lehmann, CEO Interhome)
Im April Aufnahme des Geschäftsbetriebs in Russland, mittlerweile wie angesprochen Dänemark, Belgien, Kroatien u.a. – was sind die nächsten Schritte der Expansionsstrategie?
Wir prüfen stetig neue Märkte – im Moment handelt es sich dabei in erster Linie um neue Quellmärkte wie China, Osteuropa, Israel und Indien. Zudem überarbeiten wir die Quellmarktstrategien in Nordamerika und UK. Bis Ende Oktober ist zudem eine eigene Niederlassung in Schweden angestrebt.
Weiter wollen wir existierende Quellmärkte ausbauen – davon betroffen sind vor allem die Märkte Frankreich, Schweiz, Deutschland und Italien. Destinationsmärkte prüfen wir derzeit keine neuen – umso mehr aber punktuelle Akquisitionen im Premium-Segment in existierenden Destinationsmärkten. Grundsätzlich gilt: Interhome konzentriert sich auf Zentral- und Südeuropa mit eigenem Produkt – andere Märkte wie Skandinavien, UK & Irland, USA, Asien, Südafrika decken wir mit Partnerschaften ab. In Kürze lancieren wir für solche Märkte zudem ein Franchise-System, das in der Pipeline, allerdings noch nicht spruchreich ist.
Interhome ist in 20 Ländern aktiv, davon mit den USA nur eines ausserhalb von Europa. Was spricht beispielsweise gegen eine Expansion nach Asien?
95 Prozent unserer Kunden sind Selbstfahrer. Und unser Kerngeschäft ist und bleibt das Vermitteln und Verwalten unserer Objekte – wir haben keine Absicht, selber zum Touroperator zu werden und legen entsprechend auch keine Produkte aus anderen Bereichen wie etwa Flug auf. Darum macht es in unserem Geschäftsmodell wenig Sinn, beispielsweise nach Asien zu expandieren. Franchise-Lösungen sind in solchen Regionen eher denkbar. USA ist ein Sonderfall – hier ist auch kein Ausbau vorgesehen.
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Per 12. Februar hat Interhome die Mehrheit am Marketing-Dienstleister com.on AG übernommen. Daraus hat sich für Interhome eine neue Marketingstruktur ergeben. Welches sind die Neuerungen und wo machen Sie sich heute bemerkbar?
Die com.on war sechs Jahre ein wichtiger Dienstleistungspartner für Interhome in den Bereichen Customer Relationship Management, Database Marketing, Direct Marketing und Web-Programmierung. Mit der Integration der com.on haben wir eine neue Marketingstruktur eingeführt und wertvolles Web-Know-how «gekauft». Mit der Akquisition sind wir nun in der Lage, unsere Kernaufgaben im Marketing unabhängig zu steuern. Das Know-how von com.on, zusammen mit unserer ausgezeichneten technologischen Basis, betrachten wir als Schlüssel zum Erfolg, die zentralen Unternehmensziele zu erreichen. Mit der com.on ist es uns gelungen, die Offensive im Bereich des One-to-one-Marketing weiter voranzutreiben: heute verfügt Interhome als erster und bisher einziger Anbieter über einen individuellen und personalisierten Reisekatalog – zugeschnitten auf die Bedürfnisse des Kunden. Als weitere wichtige Meilensteine in diesem Zusammenhang möchte ich den Relaunch der Webseite hervorheben. Als wertvolle Ergänzung zur hochwertigen Webseite haben wir zudem kürzlich die erste Ausgabe unseres digitalen Kundenmagazins publiziert, eine Neuheit im deutschsprachigen Reisemarkt.
«Die Firma ist auf Kurs und bereit für neue strategische Herausforderungen, um das Ziel, europäischer Marktführer im Jahr 2010, zu erreichen.» (Simon Lehmann, CEO Interhome)
Das Internet nimmt im Touristikbereich eine immer wichtigere Position ein. Wie hoch ist der Anteil der Kunden, die bei Interhome ihren Urlaub online buchen und welche Entwicklung erwarten Sie hier in den kommenden Jahren?
Die elektronische Distribution steht bei Interhome im Zentrum. Der Internetanteil am Gesamtumsatz stieg 2005/2006 im Vergleich zur identischen Vorjahresperiode von 29 auf 44 Prozent. Wir gehen davon aus, dass dieser Anteil weiter wächst – per Geschäftsjahresabschluss 06/07 dürften es schon 50 Prozent sein.
Bereits 1980 arbeitete Interhome mit voll vernetzten Online-Abläufen und verfügte als eine der ersten Firmen in Europa über E-Mail. Interhome lebt den digitalen Aufbruch und geht diesen Weg konsequent. Dabei sind wir bestrebt, auch in Zukunft technologische Meilensteine zu setzen und den elektronischen Vertrieb zu stärken. In ein neues Reservationssystem werden derzeit rund fünf Millionen Franken investiert und ein neues Internetportal für Ferienwohnungsbesitzer ist in der Pipeline.
Sie sind seit knapp zwei Jahren im Amt, in dieser Zeit hat sich bei Interhome viel getan. Was waren aus Ihrer Sicht bei Ihrem Amtsantritt die wichtigsten Herausforderungen und wie sind Sie diese angegangen?
Die wichtigste Herausforderung war, das Unternehmen zurück auf den Wachstumspfad zu führen. Bei meinem Amtsantritt fand ich eine Firma vor, bei der Veränderungen dringend nötig waren. Eine kurze, intensive Vorbereitungsphase, zu der auch ein Kultur-Check gehörte, ermöglichte es, die Vergangenheit zu bewältigen und eine gewissen Offenheit und Sensibilität für Neues zu schaffen. Danach wurden 27 Teilprojekte aus den Bereichen Einkauf, Produkt, Marketing, Vertrieb, Finanzen, Kultur und Human Resources sowie IT. identifiziert, die mit aller Konsequenz umgesetzt wurden, wobei immer viel Wert auf Respekt und Einbindung der Mitarbeiter geachtet wurde. Meine Rolle sah ich in diesem Veränderungsprozess vor allem in der direkten Führung und im Coaching. Heute ist ein grosser Teil dieser Teilprojekte abgeschlossen, das Management und die Firmenkultur wurden erneuert, die Mitarbeiter auf allen Stufen sind mit Hingabe bei der Sache. Die Firma ist auf Kurs und bereit für neue strategische Herausforderungen, um das Ziel, europäischer Marktführer im Jahr 2010, zu erreichen.
Herr Lehmann, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
Simon Lehmann legte die Basis für seine berufliche Laufbahn mit dem Studium der Betriebsökonomie an der GSBA Zurich (Graduate School of Business Administration), diversen Management-Kursen im In- und Ausland sowie seiner Arbeit für verschiedene Logistik-Unternehmen. 2001 wechselte er zu Swissport International, wo er diverse Führungspositionen in Griechenland, Deutschland und der Schweiz bekleidete. Zuletzt leitete er als Executive Vice President Commercial & Sales sowie Mitglied der Geschäftsleitung und diverser Gremien die weltweiten Verkaufsaktivitäten der Swissport International mit einem Umsatzvolumen von rund 1’100 Mio. Schweizer Franken.
Seit 1. Oktober 2005 ist Simon Lehmann CEO der Interhome AG mit Sitz in Glattbrugg/Zürich. Er hat dem Unternehmen mit 20 Niederlassungen in verschiedenen europäischen Ländern und den USA eine schlankere Organisation verschrieben und das Strategieprojekt «Diamond» entwickelt, welches die Stärkung der Marketing-Aktivitäten in den Mittelpunkt stellt. Simon Lehmann ist 1970 in Hedingen/Zürich geboren, wo er auch heute wieder lebt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Zum Unternehmen:
Interhome bietet 20.000 qualitätsgeprüfte Ferienhäuser und Ferienwohnungen und gilt als der führende Anbieter von Ferienwohnungen und Ferienhäusern in Europa. Die Anzahl Ferienwohnungen verteilt sich auf rund 20 Länder. Interhome vermittelt ausschliesslich Ferienunterkünfte, die im Privatbesitz sind und unterhält mit den Eigentümern Exklusivverträge. Die Dachgesellschaft Interhome AG, domiziliert in Zürich, wird zu 100% von der Hotelplan-Gruppe gehalten. Hotelplan ist der grösste Reiseveranstalter der Schweiz und einer der zehn grössten in Europa. Hotelplan wiederum ist zu 100% im Besitz der Migros Genossenschaft, der grössten Detailhandelsorganisation der Schweiz mit Sitz in Zürich.