Sinkende Nachfrage, sinkende Preise – Seecontainer-Markt
Barsbüttel – Bereits zu Beginn der Pandemie Anfang 2020 gerieten die Weltmärkte ins Wanken. Gerade als eine leichte Beruhigung eintrat, brachte der Krieg um die Ukraine erneut wirtschaftliche Probleme in vielen Bereichen mit sich. Dennoch gehen nun die Frachtraten zurück, vergleicht man sie mit denen am Pandemiebeginn. Nichtsdestoweniger liegen sie nach wie vor deutlich höher als vor 2020.
Betroffen sind aktuell vor allem die Container-Preise von China ausgehend nach Europa oder den USA. Sie sind am stärksten gefallen, der Grund ist eine nachlassende Nachfrage nach Wirtschaftsgütern und Rohstoffen.
Abschwächung der Wirtschaft – günstige Frachtraten
Es ist ein feststehendes wirtschaftliches Gesetz, dass eine sinkende Nachfrage auch ein Nachlassen der Preise mit sich bringt. Dass es sich hier nicht nur auf die Transportgüter beschränkt, sondern ebenso die Frachtraten betrifft, ist dennoch erstaunlich. Zwar war die allgemeine Flaute abzusehen, bereits im Frühjahr zeichnete sich ab, dass nicht einmal das Weihnachtsgeschäft wieder den gewohnten Aufschwung bringen wird. Diese Vorhersage ist eingetroffen, die chinesischen Exporte haben sich nicht mehr ausreichend erholt.
Der WCI World Container Index ist ein Produkt der Drewry Shipping Consultants Ltd., die entsprechende Daten über die Frachtraten von 40-Fuß-Containern erhoben hat. Dieser Index ist Standard und weithin anerkannt. Der WCI traf die Feststellung, dass vor allem die Fracht für die Strecke Schanghai – Los Angeles eingebrochen war. Waren es bei anderen Linien rund 3 %, sanken die Frachtraten hier um 5 %.
Inflation und Rezession als Preiskiller – die Tendenz
Den Grund für die günstigen Preise sieht die Fachwelt jedoch nicht in der schwächeren Nachfrage allein. Es sind mehrere Faktoren, die zur abwärtsdrehenden Preisspirale führen: Der nachlassenden Nachfrage folgen hohe Lagerbestände, die steigende Inflation führt zur Rezession. Betroffen ist zudem nicht allein der Frachtverkehr von China nach Amerika, sondern ebenso der nach Europa. Hier sind es die politisch unsichere Lage in früher wirtschaftlich starken Ländern wie der Ukraine einerseits und die weltweite Umstrukturierung von Handelswegen andererseits. Was bislang importiert wurde, wird nun nach Möglichkeit im eigenen Land hergestellt – oder ist aufgrund von Rohstoffmangel und fehlenden Produktionsteilen nicht mehr lieferbar.
Andererseits zeichnet sich bei Frachtraten für den umgekehrten Weg ein leichter Silberstreif am Horizont ab. Sie steigen, was Frachten von Amerika und Europa nach China anbelangt. China scheint wieder mehr an Wirtschaftsgütern aus dem Westen interessiert. Auf eine allzu hohe Expansion darf dagegen noch nicht gehofft werden. Insider gehen davon aus, dass der chinesische Export nur um 1,6 % steigen wird. Dies hält das weltweit sinkende Containeraufkommen, das von S&P Global Market Intelligence noch im Juni auf 1,2 % geschätzt wurde, nicht ausreichend auf.
Entspannung auf den Schiffen und den Märkten – nach Corona
Bei all der aktuellen Ungewissheit darf eines nicht vergessen werden: Geht man vom ersten Coronajahr und dem Höhepunkt der Pandemie aus, haben sich seither die Kosten für Versandcontainer nun wieder halbiert, weiß der invidis-Content-Partner Sixteen-Nine zu berichten. Je nach Unternehmen machen der Rückgang zwischen 40 und 60 % aus, verglichen mit dem Höchststand während der Pandemie.
Als besonderes positiv bewerteten Insider bereits zur Jahresmitte 2022, dass der Rückgang zu einer Zeit stattfand, in der normal aufgrund der saisonal steigenden Nachfrage die Kosten stiegen. Darüber freuen sich vor allem auch die Branchen, die im besonderen Maße auf Importe aus China angewiesen sind, wie etwa der Elektronikbereich, und hier besonders Dignital Signage. Langfristige Stabilität dürfte hier allerdings noch nicht erreicht sein. Politische Spannungen, wie etwa der Taiwan-Konflikt und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes, können bestimmte Bereiche auch in naher und ferner Zukunft ins Wanken bringen. Seit Sommer 2022 betrifft dies für Europa besonders wichtige Produkte, wie zum Beispiel Halbleiter, die nach wie vor auf dem Markt mehr als knapp sind.
Gestörtes Gleichgewicht – Nachläufer der Pandemie
Lockdowns auf der einen Seite, fehlende Mitarbeiter auf der anderen führten zu Ausfällen in der Produktion. Dies nicht zuletzt deshalb, weil Produktionsketten unterbrochen wurden, da Zuliefererteile fehlten. Gleichzeitig wurde panisch gekauft, die Nachfrage nach Gütern stieg enorm an. Transportwege, vor allem die Häfen, waren überlastet. Bereits versandfertige Container standen viel zu lange still, was zu einem Fehlen von leeren Containern führte. In dieser Situation wurde der Markt an Containern leergekauft, um weiterhin Ware aus den Lagern zu bekommen. Die Folge war, dass auch die Container-Preise stiegen. Erst im Herbst und Winter 2021 beruhigte sich die Lage wieder, die Preise ließen langsam nach.
Derzeit läuft das Rad jedoch rückwärts. Nachdem sich der Markt wieder grob eingependelt hatte, waren Container im Überangebot vorhanden. Es hängt jedoch von den globalen Lieferketten ab, wie es künftig um Container bestellt ist. Durch Unruhen und Kriege ist der Markt weltweit gesehen weiterhin gefährdet, Störungen sind eher wahrscheinlich als ausgeschlossen. Beruhigt sich die wirtschaftliche Lage wieder, bleibt ein Überangebot an Containern zurück, was gleichzeitig zu einer Knappheit an Depotplätzen führt.
Das Verbraucherverhalten trägt allerdings derzeit noch dazu bei, dass dem nicht so ist. Die Inflation auf der einen Seite, finanzielle Unsicherheit und gefüllte Vorratskeller auf der andren Seite verlangsamen die Nachfrage nach Produkten. Abzuwarten bleibt vor allem, wie sich die beiden großen Brandherde entwickeln, die Pandemie als nicht beinflussbarer wirtschaftlicher Faktor und der Krieg um die Ukraine als eine massive wirtschaftliche Störung mit ungewissem Ausgang und nicht absehbarer Dauer. Ersterer kann nach wie vor zu einer Schwächung der Wirtschaft führen, der zweite Brennpunkt sorgt dafür, dass sich Rohstoffgewinnung, Produktionsstandort und Lieferketten verschieben. Auch Sanktionen erzwingen Umwege im Einkauf und dem Transport. Erst wenn diese Störungen beseitigt sind und schwerwiegende neue nicht auftreten, sind langfristige, tragfähige Prognosen sinnvoll. (SC/mc/hfu)