Die Notenbank hat ihre Konjunkturprognose deutlich nach unten korrigiert: Sie rechnet im laufenden Jahr noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,0%, wie SNB-Präsident Jean-Pierre Roth am Donnerstag in Bern sagte. Noch im März hatte die SNB eine Expansionsrate von 1,5% erwartet. Damit zeigt sich die SNB nun pessimistischer als andere Auguren. Die meisten Konjunkturforscher gehen derzeit von einem BIP-Wachstum zwischen 1,3% (Credit Suisse) und 1,8% (UBS) aus.
Erdöl und Dollar
Roth begründete die Korrektur mit den hohen Erdölpreisen und dem schwachen Dollar. Beide Faktoren hätten die europäische Konjunktur- und damit auch die Schweiz – negativ beeinflusst. Die enttäuschende Entwicklung sei vor allem auf die Exporte zurückzuführen, sagte Roth. Die Unternehmen hätten wegen der schwachen Nachfrage weniger investiert. Das habe die Beschäftigung und den privaten Konsum belastet.
Konjunktur zieht an
Roth sagte, dass die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte 2005 anziehen werde. Anzeichen für eine Verbesserung habe es im ersten Quartal gegeben, und in den vergangenen zwei Monaten habe sich auch der Export wieder belebt. Roth kündigte an, dass die SNB die historisch tiefen Zinsen bei einem Anziehen der Konjunktur anheben wird: «Wenn sich die Aussichten verbessern, ist eine Korrektur des seit langem expansiven geldpolitischen Kurses der Nationalbank notwendig.»
Zins bis September belassen
Vorerst will die SNB die Konjunktur aber nicht mit höheren Zinsen abwürgen. Das Zielband für den Drei-Monate-Libor bleibt unverändert bei 0,25 bis 1,25%. Der Libor soll wie bis anhin in der Mitte des Bands bei 0,75% gehalten werden. Letztmals war das Band im September 2004 um 0,25 Punkte angehoben worden. Der «Nullentscheid» der SNB kam nicht überraschend. Im Vorfeld der Lagebeurteilung hatten Ökonomen darauf hingewiesen, dass die gedämpften Konjunkturaussichten gegen eine weitere Zinserhöhung sprächen.
Rekordgewinne der Banken
Trotz schleppender Konjunktur fuhren die Schweizer Banken im letzten Jahr Gewinne von insgesamt 15,6 Mrd CHF ein. Das ist ein Plus von 21,2% gegenüber 2003 und das beste Resultat seit dem Rekordjahr 2000, wie eine SNB-Erhebung zeigt. Im Gegensatz zum Vorjahr stiegen auch die Gewinne aus dem operativen Geschäft. Von den 338 erfassten Banken wiesen 316 einen Gewinn und 22 einen Verlust aus. Die Jahresverluste nahmen um 7,5% auf 116,4 Mio CHF zu.