Die wirtschaftliche Erholung sei zwar in Gang gekommen, doch der Aufschwung bleibe fragil. Die Währungshüter sind der Ansicht, dass die Unsicherheit über die künftige Entwicklung noch immer gross ist. So sei die Inflationsprognose nach wie vor mit grossen Unsicherheiten behaftet – die Deflationsgefahr könnten wieder aufflammen. Ferner könnte sich die Weltwirtschaft schlechter entwickeln als erwartet und auch ein Wiederaufflackern der Finanzkrise schliesst die SNB nicht aus.
Prognosen bleiben Risiko-behaftet
Die Schweizer Wirtschaft befindet sich laut Einschätzung der SNB «auf dem Weg zur Besserung». Für 2010 gehe die SNB von einem «moderaten Aufschwung» aus, sagte der abtretende SNB-Präsident Jean-Pierre Roth am Donnerstag. Für das nächste Jahr geht die Nationalbank von einer realen BIP-Zunahme von 0,5% bis 1% aus, nach einem Rückgang von etwa 1,5% im Jahr 2009.
Teuerung von 0,5 % im kommenden Jahr
Die Inflationsprognose der SNB geht im laufenden Jahr noch von einer Jahresteuerung von -0,5%, für das Jahr 2010 gehen die Währungshüter bei unveränderter Geldpolitik von einer Teuerung in der Höhe von 0,5% aus. Die Entwicklung der Inflation werde auch in nächster Zeit weitgehend durch die jüngsten Schwankungen der Erdölpreise und die damit verbundenen Basiseffekte bestimmt sein.
Inflation im ersten Halbjahr 2012 bei 2 % erwartet
Die Inflationsschätzung für 2011 wird von der SNB zwar unverändert mit 0,9% angegeben, Anfang 2011 dürfte die Inflation jedoch wieder anziehen und im ersten Halbjahr 2012 bereits den Wert von 2% erreichen. Jede Marke also, den die SNB als maximal zulässig im Sinne von «preisstabil» erachtet. Der expansive Kurs der Geldpolitik könne daher «nicht endlos weitergeführt werden, ohne Inflationsrisiken einzugehen».
Nur Deviseninterventionen werden fortgesetzt
Im März entschloss sich die SNB angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise zu Spezialinterventionen auf den Finanzmärkten. Dazu zählten die Intervention auf dem Devisenmarkt, um eine Aufwertung des Franken zu verhindern und der Erwerb von Unternehmensobligationen, um die Risikoprämien auf dem Schweizer Kapitalmarkt zu senken. Der übermässigen Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro will die Nationalbank auch in Zukunft «entschieden» entgegenwirken. Das Wort «übermässig» wurde dabei heute erstmals verwendet. Hingegen hat die SNB den Kauf von Schweizerfranken-Obligationen privater Schuldner jetzt eingestellt. Die Notenbank habe aber ohnehin schon seit längerem keine solchen Käufe mehr getätigt, sagten Beobachter.
Kraftakt hinterlässt Spuren in der Bilanz
Der Kraftakt der SNB zur Abwendung der von der Finanzkrise ausgehenden Gefahren hat ihre Spuren in der SNB-Bilanz hinterlassen. Die im Zuge der unkonventionellen Massnahmen gekauften Devisen und Obligationen dürften noch eine längere Zeit in der Bilanz der Notenbank bleiben; diese dauerhaft verlängerte Bilanz habe aber die Risiken steigen lassen.
Ohne die hohe Ausschüttungsreserve, die für die Gewinnausschüttung an Bund und Kantone gebildet wurde, wäre die finanzielle Stressresistenz der Nationalbank nur noch bedingt gewährleistet, mahnten die Währungshüter. Denn die Reserve helfe kurzfristig, allfällige Verluste zu absorbieren. Um ihre Handlungsfähigkeit auch längerfristig zu gewährleisten, wird die SNB nun ihre Rückstellungen in den Jahren 2009 bis 2013 verdoppeln. Dies schmälert die künftige Gewinnausschüttung an Bund und Kantone. Bis 2017 noch könnten aber die vereinbarten jährlichen 2,5 Mrd CHF voraussichtlich an die öffentliche Hand weitergegeben werden.
Wenig Überraschungen
In der Summe betrachtet, habe die heutige geldpolitische Lagebeurteilung ohnehin kaum Überraschungen an den Tag gebracht. Weniger einig sind sich die Analysten allerdings im Hinblick auf den Zeitpunkt, zu welchem die SNB ihre sehr expansive Geldpolitik beenden wird. Während einige Ökonomen davon ausgehen, dass die SNB bereits zur Jahresmitte 2010 an der Zinsschraube drehen wird, erwarten andere noch gar keine Zinserhöhung im ganzen nächsten Jahr. ( awp/mc/pg/10)