SNB-Präsident Roth: BIP-Prognosen zu optimistisch
Dies gelte für die involvierten Finanzinstitute wie auch die Weltwirtschaft, betonte SNB-Direktoriumspräsident Jean-Pierre Roth in seiner Rede «Schweizer Wirtschaft und Finanzplatz – Erfolg und neue Herausforderungen» vor der Handelskammer Schweiz-Österreich und Liechtenstein in Wien.
Schweiz kaum unberührt
Die Schwäche der amerikanischen Konjunktur und die damit vermutlich verbundene Abflachung des globalen Wirtschaftswachstums würden die europäische Wirtschaft und damit die Schweiz kaum unberührt lassen, so Roth. Aus heutiger Sicht sei die Dezember-Prognose der SNB zum Wirtschaftswachstum in der Schweiz wohl eher auf der optimistischen Seite anzusiedeln, bekräftigte er frühere Aussagen der SNB. An der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung vom Dezember 2007 rechnete die SNB-Spitze mit einer Zunahme des realen BIP von rund 2% für 2008, nach einem Zuwachs von rund 2,7% im Jahre 2007.
Exportindustrie dürfte stärker an Dynamik verlieren
Es sei insbesondere davon ausgehen, dass die Exportindustrie stärker an Dynamik verlieren werde, als die Notenbank damals angenommen hatte, sagte Roth. Auch der Schweizer Finanzsektor, der in der Schweiz rund 15% der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung erbringt, werde das Wirtschaftswachstum kaum mehr in gleichem Ausmass stützen, wie dies in den letzten Jahren der Fall gewesen sei.
Robuste Entwicklung der Binnennachfrage
Die SNB rechne aber nicht mit einer Stagnation oder gar einem Rückgang des BIP, wiegelte Roth ab. Der Grund dafür liege in der robusten Entwicklung der Binnennachfrage, die nach wie vor von der guten Beschäftigungslage und den steigenden Einkommen profitiere.
Verstärkter Teuerungsdruck
Nach vier Jahren kräftigen Wirtschaftswachstums und tiefer Inflation sehe sich die Schweiz aber wieder schwierigeren Zeiten gegenüber. Neben den unsichereren Konjunkturaussichten habe sich gleichzeitig der Teuerungsdruck in den letzten Monaten deutlich verstärkt, sagte Roth. Der SNB-Chef sprach von einer «wenig komfortablen Situation» für eine Zentralbank.
Längerfristig höheres Trendwachstum
Roth zeigte sich jedoch überzeugt, dass die letzten vier Jahre nicht bloss eine vergängliche Konjunkturblüte gewesen seien. Globalisierung, Öffnung und Deregulierung hätten in der Schweiz die Voraussetzungen für ein längerfristig höheres Trendwachstum geschaffen. Der Erfolg sei aber nicht ein für alle Mal gesichert, warnte er. Namentlich die Wirtschaftspolitik müsse weiterhin darauf hinzielen, den Wettbewerb zu fördern und Rahmenbedingungen zu setzen, welche die Schweiz als vitalen Wirtschaftsstandort erhalten.
Keine Aussagen machte Roth zu den jüngsten Entwicklungen in der deutsch-liechtensteinischen Steueraffäre. (awp/mc/pg)