«Springer würde zu mächtig»
Dienstag eine solche Ausnahmegenehmigung durch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) ablehnten, sprachen sich Unionsvertreter für eine Prüfung aus. Springer hatte am Montag erklärt, das Medienhaus werde alle rechtlichen Mittel und Optionen prüfen. Das Medienhaus könnte binnen vier Wochen Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf einreichen.
Zu grosse Medien- und Werbemacht Springers
Das Kartellamt begründete am Dienstag seine Untersagung mit einer dann zu grossen Medien- und Werbemacht Springers. Die Übernahme von ProSiebenSat.1 habe Springer, dem grössten deutschen Zeitungshaus mit dem Flaggschiff «Bild»-Zeitung, untersagt werden müssen, sagte Kartellamtspräsident Ulf Böge in Bonn. Eine Fusion mit dem grössten privaten deutschen Fernsehkonzern hätte auf dem TV-Werbemarkt, dem Lesermarkt für Boulevardzeitungen sowie dem Zeitungs-Anzeigenmarkt zu einer «nicht genehmigungsfähigen Marktmacht» geführt.
Zugeständnisse kartellrechtlich nicht ausreichend
Springers Vorschläge und Zugeständnisse seien kartellrechtlich nicht ausreichend oder nicht akzeptabel gewesen, sagte Böge. Ein Verkauf des Senders ProSieben, wie ihn Springer angeboten hatte, hätte vor Vollzug der Übernahme erfolgen müssen. Wäre der Verkauf von ProSieben gescheitert, hätte sich eine aufwendige Entflechtung anschliessen müssen, begründete Böge die Ablehnung.
Sondererlaubnis beantragen
Ein Rechtsstreit könnte bis zum Bundesgerichtshof gehen. Daneben kann Springer beim Bundeswirtschaftsminister eine Sondererlaubnis beantragen, mit der der Beschluss des Kartellamts ausser Kraft gesetzt werden könnte. Dazu müsste Glos ein «überragendes Interesse der Allgemeinheit» oder «gesamtwirtschaftliche Vorteile» geltend machen, die über das reine Kartellrecht hinausgingen
«Gemeinsame marktbeherrschende Position»
Laut Kartellamt verfügen ProSiebenSat.1 und die zu Bertelsmann gehörende RTL-Sendergruppe mit einem Marktanteil von jeweils etwa 40 Prozent über eine «gemeinsame marktbeherrschende Position» auf dem privaten TV-Markt, ein so genanntes wettbewerbsloses Duopol. Durch die Fusion käme es zu einer weiteren Angleichung beider Gruppen auf den benachbarten Zeitungs- und Zeitschriftenmärkten sowie zu einer Reihe von Verflechtungen zwischen Springer/ProSiebenSat.1 und Bertelsmann. «Dies würde zu einer weiteren Absicherung und damit zur Verstärkung des Duopols führen», sagte Böge. Die Verflechtungen beträfen gemeinsame Minderheitsbeteiligungen von Springer und Bertelsmann an mehreren privaten Hörfunksende rn wie Radio Hamburg und Antenne Bayern und dem Pressevertrieb wie etwa in Leipzig, Dresden, der Pfalz und in Berlin sowie die gemeinsame Beherrschung des Tiefdruckunternehmens Prinovis.
Kein Fernsehmarkt, der ähnlich wettbewerbsintensiv ist wie der deutsche
RTL-Chef Gerhard Zeiler bezog Position für den Konkurrenten. «Die These, Senderfamilien würden sich im Fernsehmarkt aufeinander abstimmen, ist ebenso Unsinn wie die Behauptung, es gebe ein einheitliches Vorgehen der Fernsehvermarkter». Es gebe in Europa «keinen Fernsehmarkt, der ähnlich wettbewerbsintensiv ist wie der deutsche» sagte der Vorstandsvorsitzende des grössten privaten Fernsehanbieters in Europa, der RTL-Group.
SPD-Bundestagsfraktion begrüsst Kartellamt-Entscheidung
Die SPD-Bundestagsfraktion begrüsste die Entscheidung des Kartellamts. Für eine Ministerentscheidung gebe es keine Notwendigkeit, erklärten die Fraktionssprecherin für Kultur und Medien, Monika Griefahn, und der medienpolitische Sprecher der SPD- Fraktion, Jörg Tauss. Bündnis 90/Die Grünen und Linkspartei begrüssten das Kartellamtsvotum, die FDP forderte eine Sondererlaubnis. CSU- Landesgruppenchef Peter Ramsauer erklärte, Glos werde nicht ohne Abstimmung mit den Koalitionsparteien entscheiden.
Furcht vor dem Einstieg eines ausländischen Investors
Als politisches Argument wies der Medienforscher Horst Röper die Furcht vor dem Einstieg eines ausländischen Investors bei ProSiebenSat.1 zurück, sollte Springer nicht zum Zuge kommen. Eine «Ministererlaubnis» zu Gunsten von Springer hiesse nichts anderes, «als dass sich die Exekutive, also ein Mitglied der Bundesregierung letztlich die Medienbesitzer aussuchen kann», sagte der Leiter des Dortmunder Formatt-Instituts dem Radiosender NDR Info.
KEK hat Übernahme ebenfalls abgelehnt
Vor dem Kartellamt hatte bereits die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) die Übernahme abgelehnt, weil sie zu einer «vorherrschenden Meinungsmacht» Springers führen würde. Über diesen Beschluss können sich die Landesmedienanstalten mit einer Dreiviertel-Mehrheit hinwegsetzen. Mehrere Medienanstalten haben bereits eine solche Entscheidung in Aussicht gestellt. Die nächste Direktorensitzung der Medienanstalten ist für den kommenden Dienstag (31. Januar) in Erfurt geplant. (awp/mc/gh)