SRG: Bundesrat lehnt Gebührenerhöhung ab

Ausserhalb der Hauptsendezeit darf sie das Programm alle 30 Minuten für Werbung unterbrechen. Zwischen 18 und 23 Uhr ist ihr Unterbrecherwerbung weiterhin nur alle 90 Minuten gestattet. Diese Regeln gelten ab 2011. Über die Zulassung von Onlinewerbung hat der Bundesrat noch nicht entschieden. Grund ist die Angst der Printmedien vor neuer Konkurrenz. Medienminister Moritz Leuenberger erwartet nun, dass der neue SRG-Generaldirektor mit den Verlegern eine Einigung erzielt, wie er vor den Bundeshausmedien sagte. Onlinewerbung sei für die SRG aber «strategisch wichtig».


Steigende Zahl der Gebührenzahler
Mit Werbung soll die SRG 6 Mio CHF einnehmen. Einen wesentlich grösseren Betrag, nämlich 64 Mio CHF, erwartet Leuenberger von der steigenden Zahl der Gebührenzahler. Teils soll dieses Wachstums durch Zuwanderung zu Stande kommen, teils durch die konsequente Durchsetzung der Gebührenpflicht. Damit zielt Leuenberger auf die Unternehmen, von welchen nach Schätzungen des Bundesamts für Kommunikation nicht einmal die Hälfte die geschuldeten Gebühren bezahlen. Schon die Ankündigung der strengeren Praxis hatte zu einem Aufschrei geführt. Leuenberger hofft nun, die Gewerbetreibenden mit einer Art Amnestie milde zu stimmen: Wer sich bis September 2010 für das Inkasso anmeldet, dem werden die für die Zeit davor geschuldeten Gebühren erlassen.


Finanzbedarf über Einsparungen decken
Den restlichen Finanzbedarf muss die SRG über Einsparungen decken. Sie muss ihre Ausgaben um 58 Mio CHF pro Jahr reduzieren. Diese Zahl habe die SRG selber als machbar und möglich errechnet, sagte Leueneberger. Wie sie die Einsparungen erreiche, bleibe denn auch ihr selber überlassen. Dazu äusserte sich die SRG am Freitag noch nicht. Sie hält es aber für möglich, dass sich die Annahmen zu den Gebühreneinkünften als zu optimistisch entpuppen, wie sie in einer Stellungnahme schreibt. Sie fasst darum sogar Sparmassnahmen über das vom Bundesrat formulierte Ziel von 58 Mio CHF ins Auge.


TV-Gebühren künftig nur noch jährlich erheben
Einen Teil zur Genesung der SRG-Finanzen soll das Inkasso beitragen: Statt quartalsweise sollen die Radio- und TV-Gebühren künftig nur noch jährlich erhoben werden. Das Inkasso soll dadurch 10 Mio CHF weniger kosten. Leuenberger zeigte sich überzeugt, dass die SRG mit diesen Massnahmen Defizite vermeiden könne. Eine Gebührenerhöhung sei dafür nicht nötig. «Es wäre mir aber nicht eingefallen, wegen der aufgebrachten Stimmung auf eine Erhöhung zu verzichten, wenn dies nötig gewesen wäre», sagte der Bundesrat in Anspielung auf die seit Monaten andauernde Polemik.


Nicht alle Ansprüche der SRG anerkannt
Der Bundesrat hat aber nicht alle Ansprüche der SRG anerkannt. Die SRG hatte in den nächsten vier Jahren einen Mehrbedarf von 168 Mio CHF pro Jahr geltend gemacht. Davon erachtet der Bundesrat 134,5 Mio CHF als gerechtfertigt. Nicht anerkannt hat er die Sanierung der Pensionskasse oder die Eigenkapitalerhöhung.


Verlage und Betriebe gegen Vorschläge für neue Geldquellen
Gegen die Pläne des Bundesrates zur Finanzierung der SRG SSR idée suisse regt sich inzwischen Widerstand: Den Verlegern und dem Gewerbeverband stösst sauer auf, dass die privaten Medien und die Betriebe stärker zur Kasse gebeten werden sollen. Empört zeigte sich der Schweizerische Gewerbeverband (sgv) über die Absicht des Bundes, unter anderem bei den Betrieben bis zu 60 Mio CHF an zusätzlichen Gebührengeldern zu kassieren. «Es ist stossend, dass der Bundesrat das Geld bei den KMU holen will», sagte sgv-Sprecher Patrick Lucca auf Anfrage.


«Ein KMU kann nicht Radio hören»
Der Verband empfiehlt seinen Mitgliedern, die Gebühren nicht zu bezahlen und sich ordnungsgemäss bei der Billag abzumelden. Das Argument: «Ein KMU kann nicht Radio hören», sagte Lucca. Die Konsumenten bezahlten die Gebühren bereits als Privatpersonen. «Wenn der Betrieb auch noch bezahlt, ist das eine doppelte Gebühr.» Der sgv sei aber erfreut, dass die Gebühren nicht erhöht werden.


Verlegerverband wartet auf SRG-Ankündigung
Mit Ablehnung nimmt der Verlegerverband die Offenheit des Bundesrates gegenüber Werbung auf den SRG-Webseiten zur Kenntnis. Die Schweizer Presse sei «grundsätzlich noch immer dagegen», sagte Urs Meyer, der Geschäftsführer des Verbandes. Würde die Online-Werbung für die SRG zugelassen, nehme ein gebührenfinanziertes Unternehmen den Privaten Geld weg, sagte Meyer. Bereits die zusätzliche Werbezeit der SRG könnte dazu führen, dass den Verlagen Werbegeld entgeht. Der Verband warte nun ab, was die SRG im angekündigten Gespräch darlegen wolle.


SRG: «Gemeinsames Vorgehen gegen internationale Konkurrenten»
Die SRG wolle die Verlage davon überzeugen, dass ein gemeinsames Vorgehen «gegen die grossen internationalen Konkurrenten» angezeigt sei, sagte SRG-Sprecher Daniel Steiner dazu auf Anfrage. Die Werbegelder im Online-Markt würden vor allem von ausländischen Portalen wie Google oder Facebook abgezweigt. Für die Mediengewerkschaften ist nicht nachvollziehbar, dass der Bundesrat die Gebühren nicht erhöhen will. Impressum, die Journalistenorganisation, zeigte sich enttäuscht. Der Bundesrat dränge die SRG explizit dazu, die wirtschaftlich unter Druck stehenden Zeitungsverlage zu konkurrenzieren. Damit setze er private wie öffentliche Medien unter Spardruck.


SSM: «Absurder Entscheid»  
Das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) hält den Entscheid für «absurd»: Der Bundesrat anerkenne zwar den zusätzlichen Finanzbedarf der SRG, wolle dafür aber die Gebühren nicht erhöhen. Da somit nicht mal die Teuerung ausgeglichen werde, müsse die SRG künftig die gleiche Leistung mit weniger Geld erbringen. Die SRG habe eine Gebührenerhöhung nicht wirklich erwarten können, weil sie formell auch keine verlangt habe, sagte SRG-Sprecher Steiner zur Haltung der SRG in der Gebührenfrage. (awp/mc/gh/ps)

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