Kommentar zur AHV-Steuervorlage (Staf): Ein gefährlicher Sieg, falls das Modell Schule macht
Die klare Annahme der Staf-Vorlage lässt das Parlament durchatmen. Eine schon als «verlorene Session» abgebuchte Parlamentszeit konnte dank dem Volks-Ja doch noch ein wenig aufgehübscht werden. Als Modell für die Zukunft ist das Vorgehen der Politiker jedoch untauglich und demokratiegefährdend.
Kommentar von Helmuth Fuchs
Eigentlich war das Vorgehen der Parlamentariern nach den Absagen der Stimmbürger zur Unternehmenssteuerreform III (2017, 59% Nein) und zur Sanierung der AHV (Altersvorsorge 2020 im 2017, 52% Nein) eine Bankrotterklärung. Da sie sich auf keinen Kompromiss bei den einzelnen Themen durchringen konnten, griffen sie methodisch zu einem Kuhhandel, bei welchem die beiden voneinander völlig unabhängigen Themen zu einem gebündelt wurden und dem Stimmbürger seine Wahlfreiheit genommen wurde.
Der Parlamentarier als oberster Souverän?
Das eigentlich Stossende am Vorgehen der Parlamentarier ist ihr Rollenverständnis. Scheinbar ist es wichtiger, das störrische Volk, das nicht so abstimmt, wie es sich die Parlamentarier wünschen, mit einer Themenbündelung, bei welcher der Stimmende zu zwei völlig unterschiedlichen Themen seine Meinung nicht mehr unabhängig äussern kann, zu knebeln, als den Willen des Stimmvolkes zu akzeptieren und politisch mehrheitsfähige Lösungen zu erarbeiten. Im Verständnis der Parlamentarier ist der Stimmbürger nur der «oberste Souverän», wenn er so stimmt, wie es dem Parlamentarier genehm ist. In diesem Sinne schädigen die Parlamentarier die Schweizer Demokratie aktuell mehr, als dies europäische oder andere ausserparlamentarische Kräfte könnten.
Wer soll die nun fehlenden vier Milliarden berappen?
Im Kern blieb es bei der Unternehmenssteuerreform jedoch bei einer weiterhin grosszügigen Behandlung der Grossunternehmen bei gleichzeitiger Entlastung einheimischer Firmen, was zu einem Steuerausfall bei Bund, Kantonen und Gemeinden von rund 2 Milliarden Franken führen dürfte.
Durch die Bündelung mit einer AHV-Zahlung in der Höhe des erwarteten Steuerausfalles, also 2 Milliarden Franken, fehlen in den Kassen letztlich 4 Milliarden Franken. Finanziert wird die Kompensation des Fehlbetrags durch einige Steueranpassungen bei Unternehmen und Aktionären und durch höhere AHV-Beiträge. Vor allem aber dürften auf Kantons- und Gemeindeebene Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen anfallen. Da weder das untere Viertel noch die obersten 10 Prozent davon wirklich betroffen sein werden, wird der ohnehin im Schwinden begriffene Mittelstand die Rechnung begleichen.
Alles in allem bleibt nach der Staf-Annahme ein mehr als schaler Nachgeschmack. Die demokratische Wahlfreiheit wurde weitgehend ausgehebelt, die AHV ist so wenig saniert wie zuvor und der Mittelstand hat eine 4-Milliarden-Rechnung zu begleichen. Feiern können hier nur diejenigen Parlamentarier, die für ihre faktische Arbeitsverweigerung belohnt wurden.