Stefan Borgas, CEO Lonza: «Vorbehältlich unvorhersehbarer Ereignisse und auf Basis des fortgeführten Geschäftes wird das Ergebnis 2007 die Zielsetzung übertreffen.»
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Moneycab: Welche Ereignisse haben das Jahr 2007 bisher geprägt?
Stefan Borgas: Der erste Höhepunkt im Jahr war sicherlich der erfolgreiche Abschluss der Übernahme der Bereiche Biopharma und Bioproducts der amerikanischen Cambrex Anfang Februar. Für beide Bereiche haben wir in der Zwischenzeit die neue Strategie vorgestellt. Der eine stärkt unser mikrobielles Biotech-Geschäft und hilft die führende Position der Lonza als Custom Manufacturer weiter auszubauen. Der andere bildet bei uns unter der Bezeichnung Lonza Bioscience eine eigenständige Geschäftseinheit. Ziel ist es, Bioscience als führenden Anbieter von Serviceleistungen und Biomaterialien für die Life-Sciences-Industrie zu positionieren. Mit diesem Zukauf machen nun die Life Sciences in diesem Jahr erstmals über 90% des Umsatzes aus.
«Visp ist nach wie vor der grösste Einzelstandort der Lonza und es eröffnen sich dort für uns viele weitere Möglichkeiten.» Stefan Borgas, CEO Lonza
2007 konnten wir überdies die Grundsteinlegung für zwei Grossproduktionsanlagen in Singapur und Portsmouth feiern und in Visp die Investitionen in neue Anlagen und Technologien wie Anitkörper-Wirkstoff-Konjugate und hochwirksame Pharma-Wirkstoffe bekannt geben. Und zu guter Letzt konnten wir uns auch über ein äusserst erfolgreiches erstes Halbjahr freuen. Die wichtigen strategischen Projekte für langfristiges, nachhaltiges und überdurchschnittlich profitables Wachstum werden erfolgreich umgesetzt.
Vielleicht aber am wichtigsten ist die stetige Verbesserung der Stimmung innerhalb der Lonza: trotz enorm viel Arbeit bei allen Mitarbeitenden, trotz vieler neuer Kollegen und dem Ausscheiden von langjährigen Partnern sind in allen Funktionen und auf allen Ebenen die Menschen mit Konzentration, Spass und auch Erfolg bei der Arbeit. Das ist wirklich ein Highlight.
Wie verläuft der jüngst angekündigte Ausbau der Produktionsanlage in Visp und können dort allenfalls weitere Ausbaustufen initiiert werden?
In Visp sind wir mit dem Ausbau gut unterwegs, neben den bereits oben erwähnten Projekten konnten wir in diesem Jahr auch termingerecht unsere Anlagen für die Produktion im Grossmassstab von mikrobiellen Biopharmazeutika in Betrieb nehmen. Visp ist nach wie vor der grösste Einzelstandort der Lonza und es eröffnen sich dort für uns viele weitere Möglichkeiten. Zum einen verfügen wir noch über Landreserven, zum anderen lassen sich auch durch intelligentes Planen oder gezielte Umnutzung bestehender Anlagen neue Projekte und Ausbaustufen realisieren. Zum Beispiel wird das neue Gebäude für die Produktion von Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten so gebaut, dass es später problemlos um weitere Etagen aufgestockt werden kann, um die Produktionskapazitäten zu erweitern.
«Die grössten Potentiale liegen derzeit aber in den Bereichen Biopharmazeutika und Bioscience mit deutlich über 10% Wachstum»
Es gibt weitere Pläne, über die wir aber noch nicht so konkret sprechen möchten. Wir erhalten viel Unterstützung von den Gemeinden rund um Visp und vom Kanton. Es gibt natürlich immer auch ein paar dunklere Wolken am Horizont: zum ersten zeichnen sich immer weiter steigende Energiekosten ab, zum zweiten gibt es Umweltschutzgesetzte in der Diskussion, die die Industrie klar benachteiligen und uns international gegen Wettbewerber zurück werfen und zum dritten bereitet uns der Mangel an naturwissenschaftlichen und technischen Fachkräften aus den Hochschulen aber auch in den Lehrberufen Sorgen.
Wo liegen innerhalb ihres jetzigen Tätigkeitsportfolios besondere Wachstumspotenziale ?
Alle Bereiche der Lonza tragen zum kontinuierlichen Wachstum bei. Die grössten Potentiale liegen derzeit aber in den Bereichen Biopharmazeutika und Bioscience mit deutlich über 10% Wachstum p.a.. Auch die Exklusivsynthese wächst annähernd zweistellig, wohingegen das Geschäft mit Ernährungszusatzstoffen und dasjenige mit Hygiene- und Konservierungsprodukten eher im mittleren einstelligen Bereich wachsen wird, ausgehend allerdings von einer höheren Basis.
Bei der synthetischen Herstellung von Medikamentenwirkstoffen hat sich die weltweite Konkurrenz in letzter Zeit gelichtet. Wie ist die Position von Lonza und spüren Sie vermehrtes Kundeninteresse?
Die schrittweise Restrukturierung der grossen pharmazeutischen Unternehmen, verbunden mit der Schliessung und Devestition von Anlagen, könnte ein verstärktes Outsourcing zur Folge haben. Der von Kundenseite eingeleitete Trend, nach Produktionskapazitäten für längerfristige Verpflichtungen zu fragen, hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres akzentuiert und dauert fort. Dabei diskutieren wir vermehrt echte und tiefgehende strategische Partnerschaften. Es ist aber noch viel zu früh, um von einer echten Trendwende zu sprechen.
Die voll ausgelasteten Anlagen der Lonza, die signifikante Kapazitätserweiterung und das grosse Interesse von Seiten Kunden für die neuen Anlagen zeigen, dass Lonza in diesem Wettbewerb gut aufgestellt ist und viel Vertrauen in die langfristige Zukunft hat.
«Bis 2012 erwarten wir ein Umsatzwachstum von 8 bis 12% pro Jahr und eine Steigerung des EBIT im mittleren bis hohen Zehnerbereich.»
Welche betrieblichen Ziele stehen für Lonza im laufenden Geschäftsjahr oben auf der Agenda?
Unsere Prioritäten liegen natürlich auf der Integration der neuen Standorte und der neuen Geschäftseinheit Bioscience. Darüber hinaus fokussieren wir uns auf die termin- und budgetgerechte Umsetzung der zahlreichen Investitionsprojekte oder auf Prozessverbesserungen in bestehenden Anlagen. Zudem steht auch eine routinemässige Strategieüberprüfung für den Bereich Organische Feinchemikalien & Performance Chemicals an.
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Was wollen Sie mit Blick auf die Finanzen, Umsatz und Profit, in den kommenden Jahren erreichen?
Lonza gibt einen Ausblick bis ins Jahr 2012. Bis dahin erwarten wir ein Umsatzwachstum von 8 bis 12% pro Jahr und eine Steigerung des EBIT im mittleren bis hohen Zehnerbereich. Diese Wachstumserwartungen werden von einer robusten Produktpipeline unterstützt. Dieses Wachstum können wir komplett aus eigenen finanziellen Mitteln bestreiten.
Wo wird das Jahr 2007 innerhalb dieser Spannen Position beziehen?
Vorbehaltlich unvorhersehbarer Ereignisse und auf Basis des fortgeführten Geschäftes wird das Ergebnis 2007 die Zielsetzung übertreffen.
Welche Rolle spielen Akquisitionen in der künftigen Entwicklung von Lonza?
Derzeit geht es noch darum die Integration der jüngsten Akquisitionen voranzutreiben und abzuschliessen. Grössere Akquisitionen fassen wir daher erst nach 2008 wieder ins Auge. Nicht auszuschliessen sind allerdings kleinere Akquisitionen zur Abrundung des Portfolios zum Beispiel im Bereich Ernährung oder auch Bioscience.
Investmentgesellschaften halten rund 15 Prozent an Lonza. Spüren Sie diese Grossaktionäre oder sind sie eher stille Teilhaber?
Die Lonza gehört zum überwiegenden Teil so genannten institutionellen Aktionären oder Fonds. Zu weit mehr als 50% residieren diese Institutionellen im Ausland und in unserem Fall zum großen Teil in den USA. Gerade hier denkt man sehr langfristig, oft sogar über 2012 hinaus. Wir sind klar gegenüber unseren Investoren, dass sich ein Engagement bei Lonza nur langfristig lohnt. Das wird gut verstanden, auch von unseren Grossaktionären, und darum unterstützen sie unsere Strategie, weil sie ja auch in der Umsetzung Jahr für Jahr ordentliche Erträge generiert.
«Bis 2011 investieren wir weit über 1,5 Milliarden Schweizerfranken.»
Was spricht derzeit für eine Investition in die Lonza-Aktie?
Lonza verfügt über ein einzigartiges Geschäftsmodell, indem wir uns auf spezifisch definierte Life Science-Märkte und hier auf die Produktions-Wertschöpfungsstufe, die Entwicklung von Verfahren und Produktion von Substanzen konzentrieren. Unser Produktportfolio ist dabei gut ausbalanciert zwischen einem eher riskanten CMO Modell und einem signifikanten Produktgeschäft mit weniger Volatilität, vielleicht etwas weniger Aufregung und mit sehr attraktiven Renditen und kontinuierlich starkem Cash-Flow.
Ein transparenter Investitionsplan zeigt zudem auf, wie Lonza ihre Wachstumspläne in den nächsten Jahren umsetzen will. Bis 2011 investieren wir weit über 1,5 Milliarden Schweizerfranken. Dieses Geschäftsmodell ermöglicht uns langfristiges, nachhaltiges und überdurchschnittlich profitables Wachstum bis 2012 und darüber hinaus. Die Entwicklung des Aktienkurses sollte dieses Wachstum widerspiegeln.
Was gefällt ihnen bei Ihrer Arbeit als CEO am besten?
Als CEO der Lonza Gruppe habe ich eine Gestaltungsfreiheit, die mich nicht nur motiviert sondern jeden Tag antreibt. Das liegt daran, dass wir innerhalb der Lonza direkt, freundlich, kooperativ und durchaus streitbar zusammen arbeiten. Das gilt für das obere Management, für die Zusammenarbeit zwischen Experten und über die Hierarchiestufen bis hin zum Austausch mit dem Verwaltungsrat. Wir können schonungslos offen miteinander umgehen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. So kann ich meine gesamte Zeit produktiv einsetzen. Das macht Freude.
Als zweites kommt hinzu, dass die Menschen in der Lonza ein riesiges KnowHow besitzen, dass sie bereitwillig miteinander teilen und so echten Kundennutzen schaffen. Also haben wir im Kontakt mit unseren Kunden die Möglichkeit echtes, nachhaltiges, profitables Wachstum zu schaffen. Daraus ergeben sich viele tolle Optionen, die Zukunft der Lonza zu gestalten.
Der Gesprächspartner:
Stefan Borgas studierte Betriebswirtschaft an der Universität Saarbrücken und hält einen lic. oec. HSG (MBA) der Universität St. Gallen. Seit Juni 2004 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung Lonza Group AG. Vorher war er seit 1990 in verschiedenen Funktionen bei der Ludwigshafener BASF-Gruppe tätig, zuletzt als Group Vice President, Regional Business Unit Fine Chemicals North America, BASF Corp., NJ (USA) (2003 – Mai 2004). (1995 -1998)
Das Unternehmen:
Die Basler Lonza zählt zu den weltweit führenden Anbietern von Produkten und Dienstleistungen für die Pharma-, Gesundheits- und Life-Sciences-Industrien und ist in der Lage, ihre Kunden vom Forschungsstadium bis hin zur Endproduktion mit ihren Lösungen zu begleiten. Lonza ist Weltmarktführer in der Produktion und Prozessbegleitung von pharmazeutischen Wirkstoffen, sowohl im chemischen als auch im biotechnologischen Bereich. 2006 wurde ein Jahresumsatz von 2,91 Milliarden Franken erzielt. Lonza ist führend in zellbasierter Forschung, in endotoxinen Nachweissystemen sowie in der Zelltherapieproduktion. Lonza ist ebenfalls eine führende Anbieterin hochwertiger chemischer und biotechnologischer Zwischenprodukte für die Märkte Ernährung, Hygiene, Wasser- und Holzbehandlung, Agro und Körperpflege. Die Aktien sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.