Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Volk, Arosa offenbart als Dorf eher einen versteckten Charme als eine unwiderstehliche Schönheit, die Tourismus-Situation gestaltet sich höchst kontrovers. Was hat Sie nach Arosa gezogen und was hält Sie hier?
Steffen Volk: Ich liebe die Berge und habe mich nach Engelberg und Zermatt, sowie einem Abstecher nach Gersau an der Rigi für Arosa entschieden. Aus demselben Grund, wenn auch für eine kürzere Aufenthaltsdauer, entscheiden sich auch unsere Gäste für Arosa: Wir leisten uns keinen Durchgangsverkehr – naturgegeben. Und dies ist symptomatisch: Wer in Arosa Ferien geniesst, will Ruhe und Erholung, gute Luft und eine sehr intakte, überschaubare Infrastruktur. Arosa hat einen unverwechselbaren Charme. Wir bauen zu unseren Gästen eine besondere Beziehung auf. Wir sehen uns im Hotel, treffen uns auf der Dorfstrasse, vergnügen uns im Skigebiet oder sitzen in einem der vielen gemütlichen Restaurants zusammen. Unsere Gäste bleiben durchschnittlich 6 Tage im Winter und 4 Tage im Sommer. Man hat Zeit füreinander, und Zeit ist heute ein sehr kostbares Gut.
« Ich bin mir sicher, dass, falls das Projekt nicht in Arosa realisiert wird, es genügend andere Destinationen gibt, welche gerne eine Investition von 100 Millionen Franken umsetzen wollen.» Steffen Volk, Hoteldirektor Waldhotel National, Arosa
Nach einer intensiven Bauphase im Waldhotel National (Wellnessbereich «Aqua Silva») hegen Sie schon weitere Pläne (eine neue Hofeinfahrt, Vergrösserung der Restauration, Neugestaltung der Gartenterrasse und Ausbau des Beautybereichs und der Konferenzräume). Wie finanzieren Sie diese umfassende Bautätigkeit?
Wir haben durch die Realisation der Résidence Waldhotel in den neuen Wellnessbereich Aqua Silva investieren können. Primär sind wir auf einen guten Geschäftsverlauf angewiesen. Unser Ziel ist, aus dem Cashflow investieren zu können. Alle Mitarbeiter wissen über die Investitionspläne im Waldhotel National Bescheid, somit liegt es an jedem Einzelnen, wie schnell wir weiter investieren, das spornt unsere Mitarbeitenden sehr an. Selbstverständlich bauen wir auch auf unser Hausbank, die Graubündner Kantonalbank, zu der wir ein sehr gutes Verhältnis pflegen.
Der explodierenden Anzahl von Ferienwohnungen steht eine sinkende Zahl von Hotelbetten gegenüber. Mit dem Neubau der exklusiven Résidence Waldhotel mit elf Eigentumswohnungen verstärken Sie diese Entwicklung. Kannibalisieren Sie sich mit diesem Neubau gleich selbst?
Wir investieren in die Zukunft. Mit der Anbindung an das Waldhotel bieten wir den Eigentümern in der Résidence Ferienerlebnis mit Hotelservice. Das Hotelgeschäft wird zusätzlich belebt, natürlich erfahren auch die Restaurationsbetriebe zusätzlichen Support. Ein volles Haus trägt auch zu einer angenehmen Atmosphäre bei. Mit dem Neubau der Résidence werden wir unsere Restaurationen im nächsten Jahr erweitern. Dies, um unseren Hotelgästen und den Gästen der Résidence mehr Platz und einen höheren Komfort zu bieten. In Gesprächen mit den Eigentümern haben diese ihre Wünsche pointiert angebracht. Diesen Vorstellungen wollen wir nachkommen. Wir sehen mit unserer Erweiterung eine Win-Win-Situation für das Hotel und für die Eigentümer der Résidence.
In einem Dorf, in dem die Anzahl Hotelbetten wie Schnee in der Frühlingssonne schmilzt, die Gästeanzahl sinkt und die Wertschöpfung immer geringer wird, macht es Ihnen offenbar noch immer Spass, ein Hotel zu führen. Was motiviert Sie und wie stemmen Sie sich gegen den allgemeinen Trend?
Wir stellen uns dieser Herausforderung jeden Tag. Wir haben im Waldhotel National eine sehr zeitgemässe Teamphilosophie. Jedes Jahr veranstalten wir mit den Abteilungsleitern Workshops, um die vergangene Saison Revue passieren zu lassen und die neue Saison vorzubereiten. Ziel dieser Meetings ist es, Verbesserungen vorzunehmen und vor allem neue Ideen einfliessen zu lassen. Diese Workshops werden zusammen mit externen Referenten durchgeführt. Dabei erhalten wir eine objektive Bewertung unserer Arbeit und unserer Pläne. Auf der anderen Seite erhoffen wir uns jeweils zusätzlichen Input für unsere Vorbereitungen. Ich bin mir sicher, dass man mit dem Wort «Tun» dem Spruch «Tun gleich Erfolg» gerecht wird. Wir haben uns als Ziel gesetzt nicht zu jammern sondern mit Freude nach vorne zu schauen. Wie sagte einmal Konfuzius: «Wenn Du liebst was Du tust, musst Du in Deinem Leben nie mehr arbeiten.» Danach streben wir.
Horst Rahe möchte in Arosa mit dem Projekt «Prosa» ein Wellnessresort und eine Dorfhotelanlage für insgesamt 100 Millionen Franken realisieren. Dagegen laufen WWF, Heimatschutz und andere Umweltorganisationen Sturm. Bedeutet das für Sie eine verhinderte Bereicherung oder ein abgewehrter Konkurrent?
In der heutigen Zeit ist die schweizweite Top-Class-Hotellerie im nationalen und internationalen Wettbewerb auf grosszügige und zukunftsorientierte Investitionen angewiesen. Sich auf dem Bestehenden auszuruhen, ist ein Rückschritt. Wir müssen in unserer Branche dem Kunden und potentiellen Gästen Attraktionen bieten. Die Traditionen müssen gewahrt bleiben, aber Neuem dürfen wir uns nicht verschliessen. Dies zeigt uns deutlich der neue Wellnessbereich Aqua Silva im Waldhotel National. Viele ehemalige Gäste kehren nach längerer Abwesenheit ins Waldhotel zurück, aufgrund der Konkretisierung eines lang gehegten Wunsches: Ein zeitgemässer, moderner Wellnessbereich der Spitzenliga. In den letzten zehn Jahren hat Arosa sehr viele Hotelbetten verloren, hauptsächlich an die Parahotellerie. Mit dem heute aktuellen Projekt «Prosa» (nur Hotel anstelle Hoteldorf) wird die Schar derer, die sich seit Anfang gegen das ursprüngliche Projekt gewehrt hatten, deshalb kleiner werden. Für Arosa und für mich ist es wichtig, dass das Dorf lebt. Arosa lebt vom Tourismus. Wir brauchen unsere Gäste. Wir alle in Arosa können profitieren: Hotels, Restaurants, Bahnen und das Gewerbe. Persönlich befürworte ich das Projekt «Prosa». Ich bin mir sicher, dass, falls das Projekt nicht in Arosa realisiert wird, es genügend andere Destinationen gibt, welche gerne eine Investition von 100 Millionen Franken umsetzen wollen. Eine solche Chance dürfen wir ? der Zukunft von Arosa zuliebe ? nicht entgehen lassen.
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Wenn Sie sich Ihr Traumhotel realisieren könnten, wie würde das aussehen und wo würde es stehen?
Es steht in den Bergen. Es bietet den Gästen ein breites und attraktives Angebot. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind motiviert und machen jeden Tag mit grosser Freude den Gästen die schönsten Tage im Jahr noch schöner. Diese Gäste sind begeistert! Tja, was soll ich weiter sagen, auf das Waldhotel trifft das alles zu, ich weiss dass ich am richtigen Ort bin, in einem Traumhotel.
Im Winter bieten die Pisten um Arosa vielfältige Sportmöglichkeiten. Als Sommerdestination ist Arosa noch nicht allzu bekannt. Was machen Sie in der ruhigeren Sommerzeit?
Wir haben Dank der «Arosacard» und dem gewonnenen Tourismuspreis «Milestone» an Attraktivität gewonnen. Dies spiegelt sich auch in den Logiernächtezahlen wieder. Arosa wird zunehmend im Sommer besucht, nicht nur von unseren Wintergästen, auch von neuen Gästen. Was gibt es Schöneres als an heissen Tagen die frische Luft in Arosa zu geniessen, ein reinigendes Bad im Untersee zu nehmen, die breite Palette an Flora und Fauna in einer einzigartigen Bergwelt zu erleben. Arosa offeriert die wunderschöne Natur in ihrer reinen Form. Aber auch Kulturinteressierte erleben im Sommer verschiedene Aktivitäten: Musikkurswochen in Zusammenarbeit mit dem Kulturkreis Arosa, ein Besuch im Heimatmuseum, Orgelkonzerte im wunderschönen Bergkirchli ? übrigens auch für Traumhochzeiten hervorragend geeignet. Ambitionierten Hobbysportlern eröffnen sich in Arosa neue Horizonte: Ob in Laufschuhen, auf Rädern, am Seil, in der Luft, im Sandbunker oder auf dem Green, überzeugt die Landschaft in und um den ehemaligen Luftkurort auf 1800 Metern über Meer. Ob für Individualtouristen, Seminarteilnehmer oder Mitglieder eines Incentive-Programms, Arosa bietet für alle etwas. Und ganz wichtig: Falls in Arosa mal die Sonne nicht scheint, bieten wir den Gästen vom Waldhotel National mit dem neuen Wellnessbereich Aqua Silva auch im Sommer ein breites Angebot an Erholung und Erlebnis.
Im Kachelofa-Stübli zelebriert Gerd Reber eine lustvolle Küche, die von GaultMillau mit 16 Punkten ausgezeichnet wurde. Wie wichtig ist das Restaurant für den Hotelbetrieb und wie soll sich die Küche in Zukunft entwickeln?
Wir sind stolz auf die Treue von unserem Chefkoch Gerd Reber. Er ist ein wichtiger Faktor im Erfolg des Waldhotels National. Wir leben im Waldhotel National das Motto, dass wir unsere Gäste begeistern. Dies gelingt Chefkoch Gerd Reber und seinem Team jeden Tag, im Halbpensionsrestaurant Thomas Mann, in der Bündner Stube Stivetta und natürlich im Kachelofa-Stübli. Wir wollen begeistern und zelebrieren dies auch. Unsere Gäste wissen das. Wer als Gast einen Abend im 16 Punkte Restaurant Kachelofa-Stübli Zeit verbringt, für den spielt Zeit keine Rolle. Der Genuss steht im Vordergrund. Das Diktat der Zeit verliert zu Gunsten von Lebensfreude. Mit der angesprochenen Restauranterweiterung im nächsten Jahr werden wir auch unser kulinarisches Angebot ausweiten. Wir wollen neue Wege beschreiten ? in bekannter und geschätzter professioneller Manier.
Wie sehen die typischen Gäste im Waldhotel National aus, woher kommen sie und was suchen sie im Waldhotel?
Unsere primären Märkte sind die Schweiz, Deutschland, die Beneluxländer sowie Grossbritannien. Das Waldhotel National erfreut sich einer Quote von 80 Prozent Stammgästen. Wir sind das ideale Urlaubshotel für Sportbegeisterte, Naturliebhaber, Kulinariker, Familien, Einzelreisende oder auch verliebte Paare. Und wir sind das Hotel, für das ein Urlaub zu wenig ist.
Nach einer ausgiebigen Evaluation von verschiedenen Architekten und Ideen für den neuen Wellnessbereich haben Sie sich wieder für Ihren «Hausarchitekten» Walter Kohler entschieden. Was waren die Gründe für diesen Entscheid und wie beurteilen Sie das Resultat?
Walter Kohler ist ein guter und langjähriger Freund des Hauses. Diese Freundschaft hat uns veranlasst, ihm unser Haus anzuvertrauen. Wir sind mit dem Resultat sehr zufrieden. Klare Linien, warme Farben und natürliche Materialien finden sich im neuen Wellnessbereich wieder. Das grösste Kompliment geben Herrn Kohler unsere Gäste, sie fühlen sich sehr wohl und kommen wieder. Wir freuen uns, auch in Zukunft in Walter Kohler einen kompetenten Partner für unser Haus, das Waldhotel National, zu wissen.
Sie haben zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Weiterhin so viel Freude an meiner Aufgabe wie in den letzten 16 Jahren, seit ich in der Hotellerie begann und immer viele begeisterte Gäste.
Der Gesprächspartner
Geboren am 19. Mai 1967
Ausbildung:
– 1988-1991 Hotelfachmann Hotelpark Hohenroda (DE)
– 2000-2002 Unternehmensseminar SHV
Berufliche Tätigkeit:
– 1991-1993 Hotel Regina Titlis Engelberg (Réceptionist, Verkaufsassistent)
– 1995-1997 Seiler Hotel Schweizerhof Zermatt (Empfangschef, Direktionsassistent)
– 1997-1999 Paradieshotel Rotschuo Gersau (Direktionsassistent, Vizedirektor)
– 1999-heute Waldhotel National Arosa (Direktionsassistent, Direktor)