Steinbrück wettert erneut – Schweiz wie Ouagadougou
Nach einem Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel, sagte Steinbrück, die Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Luxemburg seien zu einer Nachfolgekonferenz des Pariser OECD-Treffens eingeladen. Oder wörtlich: «Selbstverständlich werde ich sie zur Nachfolgekonferenz im Juni in Berlin einladen – Luxemburg, Liechtenstein, Schweiz, Österreich, Ougadougou», sagte Steinbrück.
Liste der Steueroasen «widerspruchbehaftet»
Steinbrück räumte ein, dass die vom G-20-Gipfel erstellten Listen von Steueroasen «widerspruchsbehaftet» seien. Entsprechende Kritik des Luxemburger Premiers Jean-Claude Juncker könne er nachvollziehen. Trotz ihrer Unvollständigkeit empfinde er die Liste als richtig, sagte Steinbrück. «Wir haben uns für nichts zu entschuldigen, sondern wir pushen dieses Thema aus grosser Berechtigung.» Man dürfe nicht Ursache und Wirkung verwechseln.
Anonyme Hinweise
«Ich bekomme inzwischen ganz merkwürdige anonyme Hinweise aus manchen Ländern südlich von Deutschland aus dem Bankenbereich, die mir schildern, was dort alles passiert», sagte der deutsche Finanzminister. Es gebe Hinweise, dass das Bankgeheimnis «eine Schutzbehauptung» sei, um den Status quo aus einem ökonomischen Interesse zu halten.
Keine Einwände gegen Verhandlungen über Steuerbetrugsabkommen
Steinbrück sagte, er habe nichts einzuwenden gegen den Plan von EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs, mit Drittstaaten Verhandlungen über Steuerbetrugsabkommen aufzunehmen, solange dabei die EU-Staaten in ihren Interessen und Kompetenzen in den Aussenbeziehungen nicht eingeschränkt seien. Die Schweiz strebt – im Gegensatz zu Brüssel – Einzelabkommen mit EU-Mitgliedsländern an.
Erst im März hatte Steinbrück heftige Kritik aus der Schweiz auf sich gezogen, nachdem er die schwarze Liste der Steueroasen mit einer Kavallerie verglichen hatte, die gegen Indianer ausrücken könne.
EU-Ratsvorsitzender fordert Entschuldigung
Der scheidende tschechische Finanzminister und EU-Ratsvorsitzende Miroslav Kalousek liess mit einer «persönlichen Bemerkung» zum Streit um die «graue Liste» und Steuerparadiese aufhorchen. Er forderte am Dienstag in Brüssel eine Entschuldigung gegenüber Luxemburg, Österreich und Belgien, die – wie die Schweiz – vom G-20-Gipfel auf eine «graue Liste» gesetzt wurden. «Wir sollten uns entschuldigen bei Luxemburg, Österreich und Belgien», sagte Kalousek. Man könne nicht sagen, dass diese Länder «nicht kooperativ» oder Steuerparadiese seien. «Die Veröffentlichung auf diesen Listen war nicht fair», sagte der tschechische Minister. (awp/mc/pg34)