Stell Dir vor, es ist Krise und die Schweizer ignorieren sie einfach

Von Helmuth Fuchs

Das lässt verschiedene Schlüsse zu. Die Solidarität mit den Grossbanken, welche als Schuldige für die weltweite Krise ausgemacht wurden, ist relativ gering. Die «Masters of the Universe», welche vermehrt die Kultur der Schweizer Grossbanken prägten und für Schweizer Kleinsparer höchstens ein müdes Lächeln übrig hatten, taugen nicht als Sympathieträger. Während frühere Bankdirektoren gesellschaftlich tief verwurzelt waren und für ihre Leistungen zumindest Ehrfurcht ernteten, hat sich die heutige Führungsriege ins soziale Abseits manövriert. Statt Bewunderung wird ihnen Neid im Erfolgsfall und Hohn bei Misserfolg zuteil. Die Finanzkrise ist im Empfinden der meisten Schweizer das Problem einiger Begüterter. Verständlich, aber zu kurz gedacht.

Gestärkt aus der Krise?
Eine weitere Erkenntnis ist die, dass die Schweizer sich auf hohem Niveau komfortabel eingerichtet haben. Die Mittelschicht hat zurzeit noch genügend Sparpotenzial, ohne dass der Lebensstandard fundamental gefährdet ist. In den Ferien geht’s statt auf die Malediven ins Wallis, oder man erkundet sie nächste Umgebung. Der Kauf des Zweitwagens wird ausgesetzt, mit dem Ersatz für den ersten wartet man noch ein Jahr zu. Viele dieser Investitionsverschiebungen machen sich zuerst im Ausland negativ bemerkbar, während die Schweiz in einer ersten Phase sogar profitieren kann. Zudem sind die sozialen Auffangnetze dicht gestrickt und erlauben auch im schlimmsten Fall ein von aussen betrachtetet luxuriöses Dasein. Kurzfristig und mit der Innenschau kommt so das Gefühl auf, dass Alles gar nicht so schlimm ist und wir sogar gestärkt aus der Krise heraus kommen werden.

Hoffen auf die USA
Damit dieses Szenario eintrifft, ist die Schweiz aber, wie so oft, von der internationalen Entwicklung, in diesem Fall fast vollständig von den USA, abhängig. Wenn es den USA in der ihr eigenen Art mit harten Schnitten und dem Willen zur Weiterentwicklung gelingt, in absehbarer Zeit die Krise zu bewältigen, wird die exportorientierte Schweiz in der Tat geringen Schaden nehmen. Wächst sich die Krise weiter aus zur Kredit-, Pensionskassen- und Nationalbankenkrise, was durchaus denkbar ist, wird die Schweiz mit ihrer Finanz-, Export- und Tourismusorientierung härter betroffen sein als andere. Die Giesskannen-Aktionen aus Bundesbern mit Fokus auf den Strassenbau lassen noch nicht viel Kreativität im Umgang mit der schwierigen Situation erkennen. Mit dieser Perspektive erstaunt die auch von den führenden Politikern zur Schau getragene Gelassenheit. Zumindest der Entwurf eines Plans B, mit der Neudefinition des Finanzplatzes Schweiz, einer überarbeiteten Liste der Handelspartnerschaften und der politischen Koalitionen sollte vermehrt ein Thema sein.

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