Stephan Bürgin, CEO Elma Electronic

von Christa Spoerle


Herr Bürgin, der Elma-Umsatz lag 2009 9.9% unter dem Vorjahr, doch das vierte Quartal war zugleich das stärkste. Bedeutet das schon die Trendwende?

Das vierte Quartal 2009 war auf tiefem Niveau besser als die letzten vier Quartale. Insbesondere in den USA und Israel konnten wir trotz der weltweiten Rezession die Aufträge wie auch den Umsatz steigern. Es sieht im Moment so aus, als hätten wir nun eine Seitwärtstendenz. Ob diese aber anhält, noch besser wird oder sich noch einmal verschlechtert, kann ich nicht voraussagen. Aus der Wirtschaft hört man viele, kontroverse Meldungen. Eine Einschätzung ist nach wie vor äusserst schwierig. Wir steuern das Geschäft sehr kurzfristig und schauen vor allem auf die Kosten und den Cash.


Das Systemgeschäft konnte sich dank der Akquisition der ACT/Technico dem negativen Trend entziehen. Erwarten Sie hier eine Fortsetzung des positiven Trends 2010?

Das ist richtig, das Systemgeschäft konnte sich dank seiner technologischen Spitzenposition in diesem Jahr gut be-haupten. Der Bestellungseingang stieg in 2009 in den USA – v.a. wegen der Akquisition von ACT/Technico – um 27.1%, was sehr erfreulich ist.


Im Bereich Rotary Switches zeigte sich das Militärgeschäft recht krisenresistent. Welche Bedeutung hat das Militärgeschäft  insgesamt für Elma?

Die Verteidigungsindustrie ist in allen Ländern ein wichtiges Marktsegment und hat sich in der aktuell angespannten Wirtschaftslage als krisensichere Komponente erwiesen. Hiervon profitierten vor allem Elma USA und Elma Israel. Bei den anderen Kunden ? so z.B. in der Telekommunikation, Medizinaltechnik und in weiteren industriellen Zweigen ? ist weiterhin eine deutliche Zurückhaltung zu spüren.


«Ich bin zuversichtlich, dass die im Jahr 2009 umgesetzten Restrukturierungsmassnahmen bei allen Gruppen-Gesellschaften greifen und zur Ergebnisverbesserung beitragen werden.»


In welchen Regionen zeigen sich denn erste Erholungsanzeichen, wo verläuft ihr Geschäft noch harzig?

Insbesondere in den USA und Israel konnten wir im Geschäftsjahr 2009 erfreuliche Bestelleingänge verbuchen. Der Aufwärtstrend in diesen Ländern war bereits Mitte dieses Jahres absehbar; beide Länder konnten nicht nur die Aufträge, sondern auch den Umsatz erhöhen. Aber auch China und unsere jüngste Tochter in Singapur entwickelten sich v.a. in den letzten Monaten des Jahres 2009 sehr positiv.
In Europa hingegen ging der Umsatz konjunkturbedingt in den einzelnen Ländergesellschaften zum Teil deutlich zurück. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass die im Jahr 2009 umgesetzten Restrukturierungsmassnahmen bei allen Gruppen-Gesellschaften greifen und zur Ergebnisverbesserung beitragen werden.


Sie wollten den Transformationsprozess bis Ende 2009 weitgehend abgeschlossen haben, ist das gelungen? Sind also der Stellenabbau in Wetzikon und die Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Rumänien schon abgeschlossen?

Wir befinden uns mitten drin. Der Transformationsprozess ist bereits seit 2 Jahren Bestandteil der Unternehmensstrategie der Elma Gruppe. Durch den heftigen Konjunktureinbruch, speziell am Standort Wetzikon, mussten wir den im Jahr 2007 eingeleiteten Transformationsprozess beschleunigt umsetzen. Die Verlagerung von Produktionsabläufen zu strategischen Partnern oder in das Elma Werk nach Rumänien und die damit verbundene Anpassung der Kapazitäten waren unausweichlich. 
Die Massnahmen werden auf Wochen und Monatsbasis besprochen und verlaufen nach Plan. Wir können bereits heute über erfreuliche Fortschritte berichten, wie z.B. die Bereinigung des Lagerbestandes. Aber auch bei allen anderen Gruppengesellschaften haben wir individuelle Massnahmenpakete geschnürt, um mit einem rigoroses Kos-tenmanagement oder einer verstärkte Marktbearbeitung Ergebnisverbesserungen zu erreichen.


Im Halbjahresbericht verzichteten Sie auf die Aussage, ein ausgeglichenes operatives Ergebnis zu erzielen, liegt das ausserhalb der Erwartungen?

Nein, dass kann nicht so absolut gesagt werden. Erste Anzeichen einer Stabilisierung der Nachfrageentwicklung bei den Kunden deuten darauf hin, dass die wirtschaftliche Talsohle erreicht sein könnte. Die Visibilität in den Märkten ist jedoch weiterhin begrenzt und konkrete Prognosen sind schwierig.


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Welche Bedeutung hat für Sie der Standort Wetzikon?

Der Standort Wetzikon hat eine grosse Bedeutung für die Elma Gruppe. Elma Electronic AG wurde 1960 in Mönchaltorf gegründet und wir feiern somit dieses Jahr unser 50-jähriges Firmen-Jubiläum. Die Kernkompetenz der Elma lag damals bei der Fabrikation von Schaltern und Zählern. Innert weniger als zehn Jahren entwickelte sich aber Elma zu einem der bedeutendsten schweizerischen Hersteller von Bauteilen für die Elektronik-Industrie und erweiterte im Laufe der Zeit das Dienstleistungsangebot kontinuierlich. Heute sind wir in der Lage, auch bei Komplettlösungen als «Solution Partner» unseren Kunden wichtige Unterstützung zu bieten und einen echten Mehrwert zu schaffen. Elma ist damit heute ein weltweit agierender Lösungsanbieter von Electronic Packaging Systemen und Rotary Switches (Drehschalter) für industrielle Lösungen ? mit 5 Produktlinien und 9 Ländergesellschaften in 3 Kontinenten.

Und diese Entwicklung hatte seinen Ursprung in der Schweiz und darauf sind wir stolz. Elma Schweiz entwickelte die Produktlinie Enclosure & Components für Elektronische Verpackungen und die Produktlinie Rotary Switches (Drehschalter) für  Kunden und Tochterfirmen weltweit. Zudem vertreibt Elma in der Schweiz sämtliche Produktli-nien der Elma Gruppe.


Welche Investitionsschwerpunkte setzen Sie 2010?

Wir haben trotz der Sparmassnahmen den technischen Anforderungen Rechnung getragen. Der Erneuerungsbedarf umfasste insbesondere Investitionen in neue und Unterhalt von bestehenden Fertigungsmittel und Prozessoptimierungen. Aber eine der grösseren Investitionen für die Elma Gruppe war die Einführung des gruppenweiten ERP Systems, die uns eine  rationelle Planung und Abrechnung ermöglicht. Im Rahmen der Umsetzung unserer Unternehmensstrategie wird in Zukunft auf die Forschung und Entwicklung einen noch grösseren Fokus gelegt.


Welche wichtigen Neuigkeiten haben Sie 2009 auf den Markt gebracht?

Ich bin sehr stolz darauf, dass wir unsere Produkte laufend den Anforderungen unserer Kunden anpassen. Massge-schneiderte Lösungen sind für uns Standard.
Zum Beispiel haben wir mit der Stylebox 15-emotion ein EMV-Gehäusesystem entwickelt, welches sowohl für 19-Zoll-Applikationen als auch für Tischgehäuse eingesetzt werden kann, also von der Mess- und Regeltechnik, über Telecom-Anwendungen bis hin zu Eisenbahn-Applikationen (siehe auch www.stylebox15.com ). Ausserdem bieten wir seit einigen Wochen eine individuelle und preiswerte Frontplattenbedruckung mit dem neuen Digitaldrucksystem von Elma an. Wir vereinigen somit die kreativen Ideen unserer Kunden mit dem Know-how von Elma (siehe auch www.frontpanelcenter.com ). 


«Durch den engen und ehrlichen Dialog, aber auch durch die transparente Darstellung unserer Situation haben die Banken die Kredite trotz Überschreitungen nicht gekündigt.»


Sie wollten im abgelaufenden Jahr die Nettoverschuldung weiter abbauen, ist das denn gelungen?

Dazu kann ich zu diesem Zeitpunkt keine verlässliche Aussage machen. Die Einzelheiten werden wir jedoch im Rahmen der Berichtserstattung zum Jahresabschluss 2009 im Frühjahr 2010 kommunizieren. 


Wie gestalten sich die Verhandlungen mit den Banken?

Die von den Banken auferlegten Bedingungen für die Gewährung der Kredite (Financial Covenants) wurden 2009 verletzt. Durch den engen und ehrlichen Dialog, aber auch durch die transparente Darstellung unserer Situation haben die Banken die Kredite trotz diesen Überschreitungen nicht gekündigt.


Was erhoffen Sie sich von 2010?

Wir werden unsere verabschiedete Unternehmensstrategie weiterhin zielgerichtet und konsequent weiterverfolgen. Die Stärkung der Markt- und Kostenposition der Elma Schweiz, die Intensivierung der Marktbearbeitung sowie den strategischer Ausbau des Geschäftsfeldes Rotary Switches stehen dabei weiterhin im Vordergrund.
«ELMA. Your Solution Partner» ist der Claim, mit dem wir weltweit auftreten und das gesamte Produktportfolio unserer fünf Produktlinien in den Regionen Americas, Europa und Asien durch unsere Ländergesellschaften vertreiben. Im Rahmen unseres 50. Jubiläumsjahres werden wir das 2010 mit gezielten Aktionen und Kommunikati-onsmassnahmen begehen. Im Mittelpunkt der Aktivitäten stehen dabei der Kunde und die Lösungen für unsere Kunden. Und wie alle Unternehmen hoffen natürlich auch wir, dass sich die krisengeschüttelte Weltwirtschaft im kommenden Jahr etwas entspannt und wir unsere Position im internationalen Marktumfeld weiter stärken können.





Zur Person:
Stephan Bürgin, Jahrgang 1958, leitet seit April 2007 die Elma Gruppe als CEO. Nach einem Studium als Elektro- und Betriebsingenieur an der Ingenieurschule Zürich sowie einem Ergänzungsstudium in «Bau und Energie» an der Ingenieurschule in Winterthur hatte er zunächst verschiedene Funktionen mit Führungsverantwortung bei der Siemens Schweiz inne. 2003 übernahm er die operative Führung der Swisstronic Contract Manufacturing AG und leitet zwischen 2004-2007 die Electronicparc Holding als CEO. 


Zum Unternehmen:
Elma Electronic wurde 1996 aus dem Sulzer Konzern herausgelöst und an die Börse gebracht. Das Unternehmen ist weltweit tätig und stellt vor allem Gehäuse für die Unterbringung und den Schutz von elektronischen Steckbaugruppen her. Zu den Kunden gehören Telecom, Luftfahrt, Transport, Militär/Raumfahrt und Medizinaltechnik.  Im Geschäftsjahr erwirtschafteten 750 Beschäftigte einen Umsatz von 124,9 Mio CHF. Der Umsatz 2009 erreichte 112,5 Mio CHF.

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