Stephan Feige, Partner und Geschäftsführer htp St. Gallen Managementberatung

von Patrick Gunti


Herr Feige, die htp St. Gallen Managementberatung hat zusammen mit McCann Erickson und dem Institut für Marketing und Handel der Universität St. Gallen eine weltweite Studie zur Swissness durchgeführt. Demnach haben 73 % aller Befragten ein positives Bild von Schweizer Produkten und Dienstleistungen. Was macht diese im Ausland so beliebt?

Die Schweiz steht für Präzision, Zuverlässigkeit und Exklusivität. Diesen Ruf hat sie sich über Jahrzehnte erarbeitet. Verantwortlich im positiven Sinn sind hierfür vor allem die Unternehmen, die mit Ihren Produkten und Dienstleistungen diesen Attributen nachgelebt haben.


Was bedeutet Swissness und wann gilt ein Produkt oder eine Dienstleistung überhaupt als schweizerisch?

Swissness hat sich heute offensichtlich als einfaches Wort für eine komplexe Sache durchgesetzt, von der die Herkunft eines Produktes oder einer Dienstleistung eine wesentliche Facette ist. Mehrheitlich versteht man unter Swissness wohl die Vermarktung von Unternehmen, Produkten und Dienstleistungen mit Verweis auf die Schweizerische Herkunft.
Die rechtliche Lage, ab wann ein Produkt als Schweizerisch gilt und auch beworben werden darf, ist gesetzlich nicht abschliessend geregelt. Die «St.Galler Praxis» geht von einem erforderlichen Anteil an der Wertschöpfung in der Schweiz von 50% aus. Allerdings wird dieses aktuell von niemandem systematisch überprüft.


Wie unterscheidet sich die Wahrnehmung von Schweizer Produkten und Dienstleistungen im Ausland nach geographischen Gesichtspunkten?

In den verschiedenen Teilen der Welt geht es nur um Nuancen. Die Europäer und insbesondere Franzosen und Italiener sehen die Schweiz noch am kritischsten, wie gesagt, auf sehr hohem Niveau. Mit steigender Entfernung wird das Image klischeehafter und noch besser.


Welche Assoziationen rufen Schweizer Produkte und Dienstleistungen im Ausland hauptsächlich hervor?

Schweizer Produkte werden ähnlich gesehen wie die Schweiz selbst, grundsätzlich sehr positiv und im speziellen als hochwertig und damit teurer, werden mit Spitzenqualität in Verbindung gebracht, allerdings auch als weniger innovativ und trendig als beispielsweise Produkte aus Japan wahrgenommen.


«Bezüglich «nicht im Trend» und der relativ geringen Innovativität liegt sicher auch ein Kommunikationsproblem vor. Den Kunden auch die «innovative Schweiz» stärker zu vermitteln ist sicher noch eine wichtige Aufgabe.» (Stephan Feige, Partner und Geschäftsführer htp St. Gallen Managementberatung)


Welche Stärken lassen sich daraus ableiten, welche Möglichkeiten bietet das Image als Anbieter von Premium-Produkten und Dienstleistungen?

Wenn man Produkte mit diesen Attributen anbieten will, spielt einem der Schweizer Absender sicher in die Karten. Grundsätzlich bekommt man im Ausland einen Vorschuss an Glaubwürdigkeit. Dieser zahlt sich dann richtig umgesetzt auch in einer höheren Zahlungsbereitschaft der Kunden aus.


Von zwölf den Befragten vorgelegten Assoziationen treffen zwei am wenigsten zu: Demnach liegen Schweizer Produkte nicht im Trend und sie werden als teuer wahrgenommen. Liegt das von Ihnen angesprochene Hochpreisimage einzig an der Wahrnehmung von Exklusivität und Hochwertigkeit?

Die Wahrnehmung von teuer entspricht natürlich im Ansatz der Realität. Qualität hat nun einmal seinen Preis. Kunden, die nur billig suchen sind – holzschnittartig formuliert – in der Tat in China besser dran. Auf der anderen Seite darf man sich nicht zu stark auf diesen Ansatz zurückziehen: Je nach Industrie sind die Preisspielräume natürlich begrenzt, so dass für Spitzenqualität schon mehr bezahlt wird, aber natürlich im Rahmen.

Bezüglich «nicht im Trend» und der relativ geringen Innovativität liegt sicher auch ein Kommunikationsproblem vor. Den Kunden auch die «innovative Schweiz» stärker zu vermitteln ist sicher noch eine wichtige Aufgabe.


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Am ehesten wird die Schweiz mit der Finanz- und der Uhrenbranche sowie mit der Schokoladenindustrie in Verbindung gebracht. Welches Potenzial bietet die Beliebtheit denjenigen Branchen, die bisher im Ausland noch nicht so stark mit «Swissness» in Verbindung gebracht wurden?

Auch diese Branchen profitieren zunächst einmal vom Schweizer Absender. Sie konnten ihre Branche allerdings noch nicht so stark für die Schweiz «monopolisieren» wie die Branchen der Luxusuhren, der Schokolade oder die Finanzindustrie. Im Sinne der Erweiterung der Schweizer Kompetenzfelder ist es sicher sinnvoll den Kunden schrittweise zu erklären, dass die Schweiz auch in anderen Branchen Spitzenleistungen erbringt.


In den als typisch schweizerisch wahrgenommenen Branchen wie Finanzen, Uhren oder Schokolade gilt die Herkunftsbezeichnung als wichtig und sinnvoll. In welchen Branchen spielt die Herkunftsbezeichnung eine geringere Rolle?

Es geht etwa um den Maschinen- und Anlagenbau oder an andere High Tech Branchen wie Software oder IT, aber auch um Mode und Design. Dass die Schweiz mit bestimmten Branchen heute nicht so stark in Verbindung gebracht wird heisst zunächst einmal, dass man solche Produkte nicht zuallererst in der Schweiz sucht. Wenn der Kunde bei seiner Suche dann aber auf Schweizer Anbieter gestossen ist, profitiert dieser Anbieter genauso vom positiven Schweizer Image. Keine Rolle würde der Absender nur dort spielen, wo die Schweizer Tugenden und Images nicht gefragt oder sogar kontraproduktiv sind.


Welches sind die Gründe für die erstaunlich tiefe Verbindung zur Schweiz bei der Maschinen- und Anlagebau-Industrie?

Das Image der Schweiz wurde – wie gesagt – vor allem vom den Unternehmen geprägt. Da vor allem die Schweizer Maschinen und Anlagenbauer nicht als speziell Schweizerisch auftreten, hatten die Kunden auch keine Veranlassung die Verbindung zwischen dieser Branche und der Schweiz abzuspeichern.


Sind es letztlich mehr die Produkte und Dienstleistungen oder die Unternehmen und ihr Auftreten, die das Image von Swissness im Ausland prägen?

Ich denke, dies lässt sich nicht trennen. Ein Unternehmen steht immer sehr stark für seine Produkte.


Welchen Einfluss auf die Wahrnehmung der Swissness im Ausland hat die Politik?

Die Politik ist zumindest einmal ein kommunikativer Risikofaktor. Kritische Aspekte in der Wahrnehmung der Schweiz im Ausland kommen vor allem aus diesem Bereich. Andererseits gibt es auch hier Chancen. Thomas Borer konnte in seiner Zeit als Botschafter in Berlin das Image der etwas weniger weltoffenen und eher langweiligen Schweiz sicher ein Stück weit korrigieren.


Wo Erfolg ist, sind Gefahren meist nicht fern: Welche bringt der grosse Erfolg der Herkunftsbezeichnung Schweiz mit sich?

Zunächst einmal überwiegen die Chancen die Gefahren deutlich. Wie bereits gesagt ist eine Positionierung entgegen dem Image des Landes weniger Erfolg versprechend. Wenn die Hochpreisigkeit zu stark die Gesamtwahrnehmung prägt besteht sicher die Gefahr bei preissensiblen Kunden aus dem «evoked set» gestrichen und damit nicht mehr angefragt zu werden. Und schliesslich  ist es ebenfalls eine Herausforderung dem Image und den damit verbundenen hohen Erwartungen immer gerecht zu werden.


Der Markenschutz ist ein wichtiges Thema – wird ihm in der Schweiz genüge getan?

Immerhin sind die ersten Schritte aufgegleist um die Hausaufgaben in Form von klaren Regelungen in der Schweiz zu machen. Auf dieser Basis kann dann dem Missbrauch im Ausland besser entgegengetreten werden. Aber es gibt sicher noch einiges zu tun.


Herr Feige, wir bedanken uns für das Interview.





Zum Unternehmen:
htp St.Gallen ist ein auf strategische Marketingberatung spezialisierter Spin-Off der Universität St.Gallen und der «Beratungsarm» des Instituts für Marketing und Handel. Durch die enge Verbindung zur Universität und die über 10-jährige Beratungserfahrung verbindet die htp St.Gallen neueste wissenschaftliche Erkenntnisse mit professionellen Beratungstools zu «Marketing Know-How aus St.Gallen». Zu den Kunden zählen mittlere und grosse Konsumgüter- und Industriegüterhersteller sowie Dienstleistungs- und Handelsunternehmen.


Die Studie
«Swissness Worldwide – Internationale Studie zur Wahrnehmung der Marke Schweiz» kann bestellt werden beim Verlag Thexis, Institut für Marketing und Handel an der Universität St.Gallen, Dufourstrasse 40a, CH-9000 St.Gallen, Fax +41 (0)71 224 28 57, www.thexis.ch


Zur Person:


Dr. Stephan Feige – Partner und Geschäftsführer


Werdegang
Dr. Stephan Feige ist geschäftsführender Partner der Managementberatung htp St.Gallen. Seit 1999 arbeitete er in gut 200 Marketingprojekten für namhafte Kunden im deutschsprachigen Raum. Seine Arbeitsschwerpunkte sind hierbei Markenstrategien und marktgetriebene Wachstumsstrategien. Industrieerfahrung sammelte er zuvor im Detailhandel, der Konsumgüterindustrie sowie im Bereich Sanitärkeramik. Daneben ist er Autor zahlreicher Fachbeiträge zur Markenstrategie sowie Referent für diese Themen. Für sein Buch «Handelsorientierte Markenführung» erhielt er 1996 den ersten Preis des deutschen Markenverbandes. Mit der htp St.Gallen treibt er die Diskussion neuer Marketingthemen wie die Rolle der Swissness im Marketing Schweizer Unternehmen oder Marketing für die Generation 50 Plus voran.

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